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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1248/98 OLG Hamm

Leitsatz: Entspricht die allein erhobene Verfahrensrüge nicht den Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, so ist die Rechtsbeschwerde insgesamt als unzulässig zu verwerfen (für allein gerügten Verstoß gegen § 261 StPO).

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Aktenwidrigkeit der Feststellungen, freie Beweiswürdigung, Möglichkeit eines Verfahrensverstoßes, Rechtsbeschwerde, Unzulässigkeit, Verfahrensrüge, ausreichende Begründung

Normen: 261 StPO, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO

Beschluss: Bußgeldsache gegen E.A.,
wegen Verstoßes gegen die Gewerbeordnung.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 03.08.1998 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 12.11.1998 durch den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Essen hat den Beschwerdeführer am 03.08.1998 .wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 34 c, 144 Abs. 1 Nr. 12 (richtig: Nr. 1 h) GewO, 1 OWiG zu einer Geldbuße in Höhe von 1.500,- DM verurteilt.

Nach den dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Feststellungen übte der Betroffene trotz des Entzuges der entsprechenden Erlaubnis gemäß § 34 c Abs. 1 Nr. 1 der GewO eine Tätigkeit als Grundstücksmakler aus und gab in diesem Rahmen am 09.01.1997 bzw. am 10.04.1997 bei der WAZ in Essen Anzeigen auf, in denen unter dem Namen D. Immobilien und den Telefonnummern Essen 792532 bzw. 771349 und der Faxnummer 771447 Häuser zum An- bzw. Verkauf gesucht wurden bzw. eine Wohnung oder ein Haus zur Miete gesucht wurde.

Seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen hat das Amtsgericht vor allem auf die Aussage des Zeugen R. gestützt, der bekundet hatte, im Jahre 1997 freiberuflich für den Betroffenen, der unter dem Namen D. Immobilien Geschäfte betrieben habe, als Makler tätiggewesen sei. Darüber hinaus hätten die Zeugen P. und K., beide gegenwärtige oder ehemalige Bewohner des Hauses Dürerstraße 3, in dem die Wohnung des Betroffenen mit den genannten Telefon- bzw. Faxanschlüssen lag, bekundet, dass sich im Jahre 1997 neben der Klingel des Betroffenen ein Schild mit dem Namen D. befunden habe. Zudem habe der Zeuge K. bekundet, dass er auch wiederholt Post, die an die Firma Immobilien D. gerichtet gewesen sei, im Hausflur gefunden habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der form- und fristgerecht erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen, hilfsweise, die Sache an das Amtsgericht Essen oder an ein anderes Amtsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen. Mit der Rechtsbeschwerde erhebt er allein die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO. Die Rechtsbeschwerde faßt insoweit den sich aus den Akten ihrer Ansicht nach ergebenden Sachverhalt zusammen und führt aus, dass jedenfalls die Feststellung des Amtsgerichts, eine Anzeige sei am 09.01.1997 aufgegeben worden, inhaltlich falsch sei, da beide Anzeigen tatsächlich im April 1997 geschaltet worden seien. Weiter führt die Rechtsbeschwerde aus:

"Offenkundig hat das Gericht es versäumt, dem vernommenen Zeugen K. Blatt 109, Blatt 110 und Blatt 110 R sowie Blatt 111 der Ermittlungsakte vorzuhalten. Dort hat der Zeuge K. erklärt, dass nach seinen Angaben an der Klingel einmal ein handgeschriebenes Schild mit dem Namen D. aufgeklebt gewesen sei. Er selbst kenne auch diese Person, die angibt, D. zu heißen. In seiner polizeilichen Vernehmung hat Herr K. eindeutig ausgesagt, dass es sich bei dem D. um Klaus R., geb. 12.08.1947, Langenbeckstraße 24, 45130 Essen, handelt (Blatt 109). Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung und einer Lichtbildvorlage (Blatt 110, 110 R und 111) hat der Zeuge K. den R. offensichtlich und zweifelsfrei als die Person wiedererkannt, die sich öfter bei dem Betroffenen aufgehalten hatte und sich bei ihm als "D." vorgestellt habe. Nach dieser Aktenlage steht nach diesseitiger Auffassung mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass die beiden in Rede stehenden Anzeigen von dem Zeugen R. geschaltet worden sind. Dieser hat nach diesseitiger Auffassung - wahrheitswidrig - bekundet, dass der Betroffene unter dem Namen D. Immobilien Geschäfte betrieben habe (Blatt 2 des Urteils)."

Weiter führt die Rechtsbeschwerde aus, dass sich das Amtsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung damit hätte auseinandersetzen müssen, dass der Zeuge R. sich durch die Belastung des Betroffenen zumindest den Vorteil erhoffen mußte, selbst nicht wegen unerlaubter Ausübung des Maklergewerbes strafrechtlich oder nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz belangt zu werden.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist allein auf die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 261 StPO gestützt, die entsprechende Verfahrensrüge ist aber nicht in der § 344 Abs. 2 S.2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG gebotenen Form ausgeführt und damit unzulässig. Entspricht aber die allein erhobene Verfahrensrüge nicht den Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 S.2 StPO, so ist die Rechtsbeschwerde insgesamt als unzulässig zu verwerfen (BGH NJW 1995, 2047; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 344 Rdnr. 20).

Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, dem Zeugen K. sei "offenkundig" ein bestimmter Vorhalt aus der Ermittlungsakte nicht gemacht worden, ist diese Rüge bereits deshalb nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 S.2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG gebotenen Form und damit nicht in zulässiger Weise ausgeführt, weil es an der bestimmten Behauptung der den Mangel begründenden Tatsache fehlt. Die Rechtsbeschwerde stellt hier hinsichtlich des angeblich verabsäumten Vorhaltes nämlich erkennbar nur eine Vermutung an, was sich aus der Formulierung "offenkundig" ohne weiteres erschließt. Die Verfahrensrüge ist aber dann unzulässig, wenn der Verfahrensverstoß nur als möglich bezeichnet oder als Vermutung oder in Form eines Zweifels an der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens geäußert wird (Kleinknecht/MeyerGoßner, a.a.O., § 344 StPO Rdnr. 25 m.w.N.; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl., Rdnr. 237; KK-Pikart, StPO, 3. Aufl., § 344 Rdnr. 33).

Im Übrigen beschränkt sich die Rechtsbeschwerde darauf, die Aktenwidrigkeit der
Urteilsfeststellungen zu behaupten bzw. ihre eigenen, aus den Akten gewonnenen Erkenntnisse an die Stelle der Feststellungen des angefochtenen Urteils zu setzen. Auch dies stellt keine zulässig erhobene Verfahrensrüge dar. Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzip haben nämlich zusammen mit dem Teil des § 261 StPO, der dem Tatrichter verbietet, seine Überzeugungen auf andere Quellen als den Inbegriff der Hauptverhandlung zu stützen, u.a. den Sinn, dass das tatrichterliche Urteil gerade nicht auf den Akten beruhen darf. Deshalb geht der Vorwurf, das Urteil vertrage sich nicht mit einer in der Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsbegründungsschrift bezeichneten Stelle aus den Ermittlungsakten, grundsätzlich ins Leere (Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 279 m.w.N.). Ebenso unzulässig da revisionsrechtlich unbeachtlich sind die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen die Ergebnisse der tatrichterlichen Beweiswürdigung, soweit der Beschwerdeführer hier seine eigenen aus den Akten gewonnenen Erkenntnisse den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen gegenüberstellt (vgl. Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 1156 ff. m.w.N.). Dasselbe gilt für die Rüge, das Amtsgericht habe die unwahre Zeugenaussage R. als wahr angenommen (Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 1157). Schließlich kann auch der Einwand der Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht hätte sich mit dem Eigeninteresse des Zeugen R. an der Belastung des Betroffenen näher auseinandersetzen müssen, der Verfahrensrüge der Verletzung des § 261 StPO, in deren Zusammenhang allein dieser Einwand von der Rechtsbeschwerde erhoben wird, nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar kann mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO geltend gemacht werden, das Tatgericht habe die erhobenen Beweise nicht zutreffend, insbesondere nicht vollständig gewürdigt (Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 847 ff.). In den Fällen, in denen aber wie hier die Sachrüge nicht erhoben ist und dem Rechtsbeschwerdegericht damit das schriftliche Urteil nicht zur Prüfung offensteht (Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 222) müssen dem Revisionsgericht aber ebenfalls in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S.2 StPO entsprechenden Form die beanstandeten Ausführungen aus der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils so vollständig mitgeteilt werden, dass allein aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung das Vorliegen des Würdigungsfehlers nachgeprüft werden kann (vgl. Sarstedt/Hamm, a.a.O., Rdnr. 222 f, Rdnr. 933; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 344 StPO Rdnr. 20; BGH NStZ 1996, 145; Wohlers, StV 1996, 192; Dahs, Salger-Festschrift, S. 219 m.w.N.). Demgegenüber teilt die Rechtsbeschwerdebegründung hier nur mit, dass das Amtsgericht der Aussage des Zeugen R. "mit der lapidaren Begründung":
... "ist das Gericht der Überzeugung, dass die Aussage des Zeugen R. zutreffend ist" ...
ohne nähere Begründung gefolgt sei. Aufgrund dieser auszugsweisen Wiedergabe der Beweiswürdigung ist dem Rechtsbeschwerdegericht aber erkennbar die Prüfung unmöglich, was das Amtsgericht im einzelnen gewürdigt hat und ob es insoweit einem Würdigungsfehler unterlegen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG.


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