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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 131/98 OLG Hamm

Leitsatz: Vor tatsächlichem Vollzugsbeginn zur Verbüßung einer Strafhaft oder zum Vollzug einer Maßregel tritt die sachliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer nicht ein; das gilt insbesondere, wenn vor Vollzugsbeginn sog. "Organisationshaft" vollzogen wird.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Maßregel, Organisationshaft, vorbereitende Maßnahmen, Zuständigkeit

Normen: 462 a StPO

Fundstelle: StV 1999, 498

Beschluss: Strafsache gegen R.B.,
wegen räuberischen Diebstahls u. a.,
(hier:Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 26. Februar 1998 gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen vom 11. Februar 1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.03.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der für die Entscheidung in der Sache berufenen Strafvollstreckungskammer vorbehalten.

Gründe:
Gegen den Verurteilten ist im vorliegenden Verfahren durch Gesamtstrafenbeschluß des Amtsgerichts Siegen vom 7. Oktober 1996 wegen räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie Beihilfe zum Diebstahl eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verhängt worden. Nach Anrechnung einer stationären Drogentherapie auf die erkannte Freiheitsstrafe setzte das Amtsgericht Siegen mit Beschluss vom 1. April 1997, rechtkräftig seit dem 19. April 1997, die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe gem. § 36 Abs. 1 u. 2 BtMG zur Bewährung aus. Dem Verurteilten wurde dabei u.a. aufgegeben, sich einer ambulanten Nachsorge, z.B. durch Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe oder Einzelbetreuung zu unterziehen und dies seinem Bewährungshelfer in regelmäßigen Abständen nachzuweisen.

In der Folgezeit gingen beim Amtsgericht Siegen, das die Bewährungsaufsicht führte, ein Haftbefehl vom 20. Mai,1997 und eine Anklageschrift vom 11. Juni 1997 wegen eines in der Bewährungszeit am 19. Mai 1997 begangenen Diebstahls ein.

Wegen dieser Tat sowie wegen weiterer im Juli 1997 begangener Straftaten wurde der Verurteilte sodann durch Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 17. Dezember 1997 - rechtskräftig seit dem 25. Dezember 1997 - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt und zugleich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeordnet. Von diesem Tage an wurde die bis dahin vollzogene Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Siegen als sogenannte "Organisationshaft" weiter vollstreckt. Nach telefonischer Auskunft der Justizvollzugsanstalt Siegen befindet sich der Verurteilte seit dem 25. März 1998 zum Vollzug der in dem Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 17. Dezember 1997 angeordneten Maßregel in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Lippstadt. Nachdem die Staatsanwaltschaft Siegen mit Verfügung vom 22. Januar 1998 bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung im vorliegenden Verfahren und die Übernahme der Bewährungsaufsicht beantragt hatte, wurde das Bewährungsheft der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen übersandt, die die Bewährungsaufsicht gemäß § 462 a Abs. 4 StPO übernahm.

Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Siegen hielt sich aufgrund des Hinweises der Staatsanwaltschaft Siegen, der Verurteilte befinde sich aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Siegen vom 17. Dezember 1997 in der Justizvollzugsanstalt Siegen in Haft, für zuständig und widerrief durch den angefochtenen Beschluss die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 1. April 1997.

Die gegen diesen Widerrufsbeschluß gerichtete zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten hat - vorläufig - Erfolg.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen war für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung örtlich nicht zuständig.

Der Verurteilte ist zwar nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Siegen vom 17. Dezember 1997 weiterhin in der Justizvollzugsanstalt Siegen verblieben, jedoch war die in diesem Urteil gleichzeitig angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung vor der Strafe zu vollziehen (§ 67 Abs. 1 StGB).
Wie der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm durch Beschluss vom 28. Dezember 1995 (3 (s) Sbd. 1-8/95) in einem Zuständigkeitsstreit entschieden hat, ist der sich bis zur Aufnahme in den Maßregelvollzug nach Beendigung der Untersuchungshaft anschließende Freiheitsentzug zwar als Strafhaft anzusehen (vgl. OLG Hamm, JMBl. NW 1989, 238), jedoch ist dieser - vom Gesetz nicht vorgesehene und in der Praxis allgemein als sogenannte "Organisationshaft" bezeichnet - von vornherein nur vorübergehend und möglichst schnell zu beenden.

Vor tatsächlichem Vollzugsbeginn zur Verbüßung einer Strafhaft oder zum Vollzug einer Maßregel tritt in Fällen der vorliegenden Art die sachliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer jedoch nicht ein. Solange der Vollzug einer Strafhaft oder Maßregel nicht begonnen hat, ist für Nachtragsentscheidungen weiterhin das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Vorbereitende Maßnahmen innerhalb des Vollstreckungsverfahrens begründen die Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer nicht (vgl. KK-Fischer, StPO, 3. Aufl., § 462 a Rdnr. 10). Danach war - solange sich der Verurteilte noch in der Justizvollzugsanstalt Siegen aufhielt - nicht die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen, sondern weiterhin das Amtsgericht Siegen für die Bewährungsaufsicht zuständig (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. März 1998 - 2 Ws 124/98).

Nachdem nunmehr am 25. März 1998 der Maßregelvollzug in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Lippstadt begonnen hat, ist damit die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn auch für die vorliegende Bewährungsüberwachung begründet worden (vgl. auch Körner BtMG, 4. Aufl., § 36 Rdnr. 49 m.w.N.). Mangels Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen war der angefochtene Beschluss mithin aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war der für die Sachentscheidung zuständigen Strafvollstreckungskammer - hier des Landgerichts Paderborn - zu überlassen, da der Senat keine das Verfahren abschließende Entscheidung im Sinne des § 464 Abs. 2 StPO getroffen hat.


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