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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 27/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Fluchtgefahr im Fall der Verurteilung

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Fluchtgefahr, Straferwartung, Strafmaß, weitere Haftbeschwerde

Normen: StPO 112

Beschluss: Strafsache gegen H.N.,
wegen schwerer räuberischer Erpressung,
(hier: weitere Haftbeschwerde der Angeklagten).

Auf die weitere Haftbeschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 09.12.1997 (Qs 690/97 VIII LG Bielefeld) hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die weitere Haftbeschwerde wird auf Kosten der Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I. Die Angeklagte befindet sich seit dem 11.09.19.97 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld vom selben Tage in Untersuchungshaft. Am 21.11.1997 hat sie das Amtsgericht - Schöffengericht - Bielefeld wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Haftbefehl vom 11.09.1997 aus den Gründen seiner Anordnung aufrechterhalten. Gegenstand von Haftbefehl und Urteil gegen die von Anfang an in vollem Umfang geständige Angeklagte ist der Vorwurf, am 10.09.1997 gegen 12.00 Uhr in Werther die dortige Filiale der Kreissparkasse Halle unter Einsatz einer ungeladenen Gaspistole überfallen und durch Bedrohung der dort allein anwesenden 24-jährigen Sparkassenangestellten Bargeld in Höhe von insgesamt 32.190,- DM erbeutet zu haben.
Dem Haftbefehl liegt der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Ziffer 2 StPO zugrunde. Die Beschuldigte habe zwar einen festen Wohnsitz, aber keinerlei feste Bindungen, die sie daran hindern könnten, ihren Wohnsitz jederzeit aufzugeben. Sie verfüge über keine Arbeitsstelle. Zudem habe sie im Falle der Verurteilung mit einer empfindlichen Strafe zu rechnen. Es sei daher insgesamt zu befürchten, dass sie sich dem Strafverfahren durch Flucht entziehen werde.

Mit Schreiben vom 24.11.1997 hat die Verteidigerin Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld eingelegt, dies jedoch nach einer vom Senat eingeholten Auskunft während der Revisionsbegründungsfrist nicht näher bezeichnet. Die Sachakten befinden sich derzeit noch bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld.
Mit weiterem Schriftsatz vom 27.11.1997 hat die Verteidigerin sodann Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung des Haftbefehls erhoben, die das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 09.12.1997 zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass im Hinblick auf das vom Amtsgericht verhängte Strafmaß und die nicht vorhandenen festen sozialen Bindungen der Angeklagten weiterhin Fluchtgefahr bestehe. Die Angeklagte habe keine Arbeitsstelle; auch die Beziehung zu ihrer Freundin Frau Laugsch bestehe erst kurzfristig und sei daher nicht als fest anzusehen. Darüber hinaus habe Frau L. nur bestätigt, die Angeklagte für 6 Wochen aufnehmen zu können. Dies begründe keine feste soziale Bindung.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Angeklagten, der das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 09.01.1998 nicht abgeholfen hat.

Die gemäß § 310 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Angeklagte ist der ihr vorgeworfenen Tat aufgrund ihres Geständnisses, das sich auch mit dem im Übrigen im Ermittlungsverfahren sowie in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht gewonnenen Beweisergebnis deckt, dringend verdächtig.

Bei der Angeklagten besteht auch weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Zwar weist die weitere Beschwerde zu Recht darauf hin, dass das noch nicht rechtskräftig verhängte Strafmaß allein die Fluchtgefahr nicht zu begründen vermag. Es begründet für die Angeklagte, die aufgrund ihrer Platzangst deutlich unter der Haft leidet und bereits bei ihrer polizeilichen Vernehmung unmittelbar nach ihrer Festnahme erhebliche Angst vor der Haft bekundet hat, aber einen beträchtlichen Fluchtanreiz. Zutreffend ist weiterhin sicherlich, dass die Angeklagte, wie sich aus ihrem umfangreichen und bereits unmittelbar nach ihrer Festnahme abgegebenen, freimütigen Geständnis ergibt, derzeit gewillt erscheint, sich dem Verfahren zu stellen. Andererseits hat die Angeklagte aber gerade durch die diesem Verfahren zugrundeliegende Tat gezeigt, dass sie aus einer Situation der Bedrängnis - seinerzeit wirtschaftlicher Art - zu Kurzschlußreaktionen neigt, da anders der ihr zur Last gelegte Banküberfall kaum zu erklären ist. Diese Neigung zu unüberlegten Handlungsweisen könnte aber dann wieder zum Durchbruch kommen und sie zu einer Flucht motivieren, wenn sie nach zwischenzeitlicher Entlassung aus der Untersuchungshaft angesichts der bevorstehenden Berufungshauptverhandlung erneut mit der Vorstellung konfrontiert wird, alsbald wiederum in Haft, nämlich in Strafhaft, genommen zu werden. Die Angeklagte kann nämlich angesichts des erheblichen Unrechtsgehalts der Tat kaum mit einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe rechnen. Tragfähige soziale Bindungen bestehen für diesen Fall aber nicht. Die Angeklagte hat zwischenzeitlich ihre Wohnung verloren, sie kann, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, auch bei ihrer Freundin Frau L. längstens für 6 Wochen unterkommen und muss in dieser Zeit eine eigene Wohnung finden. Dies erscheint hier aber äußerst problematisch, da die Angeklagte über keinerlei finanzielle Mittel verfügt und bereits nicht in der Lage war, die Kaution für ihre zuletzt angemietete Wohnung aufzubringen. Darüber hinaus hat die Beziehung zu Frau L., die zur Zeit der Tat bereits bestand, die Angeklagte eben nicht von der Begehung dieser Tat abhalten können, so dass auch von dieser Beziehung allein nicht die notwendige Stabilisierung der Angeklagten im Hinblick darauf, sich dem Verfahren zu stellen, erwartet werden kann. Die Angeklagte verfügt auch über keine weiteren sozialen Bindungen, ebensowenig über eine Arbeitsstelle. Insgesamt besteht daher eine Vielzahl konkreter Umstände, die ausgehend von der für die Angeklagte bestehenden Straferwartung die Fluchtgefahr in der Person dieser Angeklagten begründen.

Da die Angeklagte sich noch keine fünf Monate in Untersuchungshaft befindet, ist der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass das vom Amtsgericht verhängte Strafmaß in der Berufungsinstanz deutlich reduziert wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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