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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 563/97 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Kommt es ohne Verschulden des Dolmetschers deshalb nicht zu einer Besuchsüberwachung, weil ihm der Zutritt in die Justizvollzugsanstalt verwehrt wird, so hat der Dolmetscher Anspruch auf eine Entschädigung.
2. Die Dolmetschertätigkeit im Rahmen der Besuchsüberwachung ist als unterdurchschnittlich schwierig einzustufen und rechtfertigt in der Regel einen Stundensatz von 65,00 DM.
3. Auch ohne näheren Nachweis ist ein Zuschlag in Höhe von 25% für Berufsdolmetscher angemessen.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Dolmetscherentschädigung, Höhe, Besuchskontrolle, Stundensatz

Normen: ZSEG 16, ZSEG 17, ZSEG 3

Beschluss: Strafsache gegen  D.H.
wegen versuchter Vergewaltigung u.a.
(hier: Beschwerde des Dolmetschers P.I. gegen die Ablehnung einer Dolmetscherentschädigung).

Auf die Beschwerde des Dolmetschers P.I. vom 12. September 1997 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der IV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 23. Juli 1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03.02.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm und des Beschwerdeführers beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Entschädigung für die Inanspruchnahme des Dolmetschers für seine Tätigkeit am 23. Mai 1997 wird auf 211,99 DM (in Worten: zweihundertelf Deutsche Mark 99/100) festgesetzt.

Gründe:
I. Der Beschwerdeführer begehrt eine Dolmetscherentschädigung für seine Tätigkeit anlässlich einer beabsichtigten Besuchsüberwachung eines Untersuchungsgefangenen. Zu einer Dolmetschertätigkeit ist es letztlich deshalb nicht gekommen, weil dem Beschwerdeführer der Einlass in die Justizvollzugsanstalt verwehrt worden ist, da er nicht namentlich auf dem Besuchsschein aufgeführt war. Der Beschwerdeführer hat u.a. für seine Tätigkeit einen Stundensatz von 80,00 DM in Ansatz gebracht zuzüglich einer Erhöhung um 25 % als Berufsdolmetscher. Der Vorsitzende der IV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld hat durch Beschluss vom 23.07.1997 eine Entschädigung des Beschwerdeführers abgelehnt und dessen Beschwerde auch nicht abgeholfen.

II. Zu der gemäß § 16 Abs. 2 ZSEG zulässigen Beschwerde des Dolmetschers vom 12.09.1997 hat der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm unter dem 29.12.1997 wie folgt Stellung genommen:

”Der Beschwerdeführer hat unter dem 23.05.1997 gegenüber dem LG Bielefeld eine Entschädigung in Höhe von 255,12 DM für die (gescheiterte) Besuchsüberwachung am gleichen Tage geltend gemacht (Bd. III Bl. 751 ff. d.A.). Er sollte am 23.05.1997 den Besuch der N.H. aus Bielefeld bei dem Untersuchungsgefangenen D.H. überwachen. Der Vorsitzende Richter der das Hauptverfahren durchführenden Strafkammer hatte die Besuchserlaubnis mit der Auflage verbunden, dass Besuche nur in Anwesenheit eines Dolmetschers oder in deutscher Sprache gestattet waren (vgl. die Ablichtung der Besuchserlaubnis vom 22.05.1997 (Bd. III Bl. 754 d.A.). Mit dem angefochtenen Beschluss ist eine Entschädigung für die Tätigkeit des Dolmetschers vom 23.05.1997 abgelehnt worden. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Im vorgenannten Beschluss wird die Entschädigung zunächst bereits deswegen versagt, weil der Beschwerdeführer hier eine Dolmetschertätigkeit tatsächlich nicht ausgeführt hat. Nach § 17 Abs. 2 ZSEG werden Dolmetscher grundsätzlich wie Sachverständige entschädigt. Ein Dolmetscher muß also im Sinne von § 1 ZSEG herangezogen worden sein. Vorliegend ist die Beauftragung und Heranziehung zwar nicht unmittelbar seitens des Gerichts erfolgt. Die Zuziehung basiert aber auf der unter der Auflage der Anwesenheit eines Dolmetschers durch das Gericht erteilten Besuchserlaubnis. Das ZSEG ist in solchen Fällen, d.h. für die Entschädigung von Übersetzern und Dolmetschern, die bei der Überwachung des Schriftverkehrs und der Besuche Untersuchungsgefangener zugezogen werden, unstreitig sinngemäß anzuwenden (vgl. auch die entsprechende RV des JM des Landes NRW vom 18.12.1984 - 4420 - IV B.32 - JVV). Damit sind hier dieselben Maßstäbe anzulegen, die für gerichtlich herangezogene Dolmetscher und Sachverständige auch sonst gelten. Die Besuchsüberwachung hat vorliegend nicht stattgefunden, weil die JVA dem Beschwerdeführer und damit auch der Besucherin Frau S. den Zutritt verweigert hat. Hierfür trifft den Dolmetscher meiner Ansicht nach allerdings keine Schuld. Da sein Name nicht auf der Besuchserlaubnis genannt ist, wird Frau S. selbst ihn gebeten haben, zusammen mit ihr den Besuchstermin in der JVA wahrzunehmen. Im Gegensatz zum Vorderrichter halte ich es auch für glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer vor dem zuständigen Aufsichtsbeamten der JVA durch Vorlage von Ausweis und Bestallungsurkunde ausgewiesen hat. Dies wird auch von der JVA Bielefeld - Brackwede I, die die Verweigerung des Zutritts allein mit der fehlenden namentlichen Aufführung des Dolmetschers in der Besuchserlaubnis begründet hat, selbst nicht bestritten (vgl. die Schreiben Bd. IV Bl. 893 sowie Bd. III Bl. 759 f. d.A.). Mehr konnte der Dolmetscher zur tatsächlichen Durchführung der Besuchsüberwachung nicht beitragen. Es liegt nicht in seinem Verantwortungsbereich, ob der Besucher sich vor der Beantragung der Besuchserlaubnis schon um einen Dolmetscher bemüht, der dann namentlich aufgeführt werden kann, oder ob dies erst nachträglich geschieht. Im Zweifel dürfte es dem ausländischen Besucher vorher gar nicht bekannt sein, dass sein Besuch nur unter der zusätzlichen Überwachung eines Dolmetschers stattfinden kann.

Die hier also ohne Verschulden des Dolmetschers nicht zustandegekommene Besuchsüberwachung ist insoweit mit dem Fall zu vergleichen, dass ein gerichtlich bestellter Dolmetscher im Termin nicht gebraucht wird bzw. ein geladener Sachverständiger nicht vernommen wird (Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 20. Auflage, § 3 RdNr. 43.2 und § 17 RdNr. 5). Dem Beschwerdeführer steht hier ebenso eine Entschädigung zu wie dem Sachverständigen, der die unterbliebene Fertigstellung seines Gutachtens selbst nicht zu vertreten hat (vgl. den Beschluss des hiesigen 23. Zivilsenats vom 14.01.1993 - 23 W 261/92 - betreffend einen Sachverständigen).

Damit ist auch der weiteren Begründung des Vorderrichters, die sich einzig auf eine fehlende Legitimation des Beschwerdeführers als grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verschulden stützt, die Grundlage entzogen. Daran ändern auch die ergänzenden Ausführungen im Rahmen des Nichtabhilfebeschlusses vom 30.09.1997 (Bd. IV Bl. 896 d.A.) nichts. Es geht hier letztlich um einen Konflikt, der aus einer offenbar fehlenden bzw. zumindest lückenhaften Koordination der verschiedenen an der Untersuchungshaft allgemein beteiligten Institutionen erwachsen ist. Einerseits reicht es der JVA aus Gründen des Vollzugs der Untersuchungshaft nicht aus, wenn aus einer Besuchserlaubnis lediglich hervorgeht, dass überhaupt ein Dolmetscher anwesend sein muß. Andererseits verweigert das Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Erlaubnis von Besuchen (§ 119 Abs. 6 Satz 1 StPO) in bestimmten Fällen die konkrete Namensnennung, um nicht bestimmte Dolmetscher zu bevorzugen. Eine Vermeidung dieses Konflikts kann - jedenfalls im vorliegenden Fall - m.E. nicht dem Dolmetscher zugemutet werden. Der Argumentation im angefochtenen Beschluss könnte allenfalls dann gefolgt werden, wenn es demselben Dolmetscher in einer vergleichbaren anderen Sache erneut passiert, dass ihm der Zutritt verweigert wird. Dann wäre ihm anzutasten, dass er den potentiellen Besucher nicht gebeten hat, seinen Namen zumindest nachträglich mit aufführen zu lassen. Dafür gibt es hier aber keine Anhaltspunkte. Es scheint sogar so zu sein, dass bei früheren Besuchsüberwachungen durch den Beschwerdeführer (vgl. Bd. II Bl. 378 und 412) wohl eine vergleichbare Besuchserlaubnis angestellt wurde (vgl. Bd. IV Bl. 893 a), die aber nicht zu Schwierigkeiten geführt hat. Meines Wissens sind derartige Beschwerden bisher auch beim hiesigen Gericht nicht anhängig gewesen, jedenfalls bin ich in einem vergleichbaren Fall bisher weder als Vertreter der Landeskasse noch als Gutachter beteiligt gewesen.

Bisher hat es lediglich im Jahre 1992 eine Rundverfügung des JM des Landes NW an die Präsidenten der Oberlandesgerichte, die Generalstaatsanwälte sowie die Präsidenten der Justizvollzugsämter mit dem Inhalt gegeben, dass ein Dolmetscher auch dann im Sinne der o.g. RV vom 18.12.1984 bei der Besuchsüberwachung zugezogen und damit aus der Landeskasse zu entschädigen ist, wenn dem Besucher die Auswahl überlassen ist und die Besuchserlaubnis keinen konkreten Namen enthält (Ablichtung anliegend). Anlass war dort aber nicht der Fall, dass - wie hier - ein Besuch tatsächlich nicht stattgefunden hat, sondern dass die Gerichte z.T. eine Entschädigung abgelehnt hatten, weil der Dolmetscher nicht unmittelbar durch das Gericht beauftragt worden ist. (Wegen des oben dargelegten Konflikts werde ich das hier zuständige Dezernat 6 der hiesigen Verwaltungsabteilung unmittelbar unterrichten.)

Der Dolmetscher I. ist also auf der Grundlage seiner Rechnung vom 23.05.1997 (Bd. III Bl. 753 d.A.) zu entschädigen. Wegen des Zeitaufwands und der Fahrtkosten kann den dortigen Ansätzen gefolgt werden. Den Grundstundensatz von 80,00 DM halte ich allerdings für überhöht.

Es ist der Stundensatz maßgebend, der auch bei tatsächlicher Durchführung der Besuchsüberwachung zur Anwendung gekommen wäre (vgl. für Sachverständige Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 3 RdNr. 11.2). Dabei ist auch bei einem Dolmetscher von einem Stundensatz von 75,00 DM - dem Mittelwert nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG - in der Regel dann auszugehen, wenn seine Gesamtleistung insgesamt zumindest als durchschnittlich einzustufen gewesen wäre (Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 17 RdNr. 3). Das OLG Düsseldorf (MDR 95, 967) hält die im Zusammenhang mit einer Besuchsüberwachung zu erbringende Dolmetscherleistung allerdings für unterdurchschnittlich. Dies wird damit begründet, dass es nicht auf eine exakte und wortgetreue Übersetzung des gesprochenen Worts ankommt. Der Dolmetscher müsse vielmehr nur den zentralen Inhalt des Gesprächs verfolgen, um so durch eine anschließende kursorische Übersetzung des Gesprächsinhalts in seinen wesentlichen Zügen dem mitüberwachenden Vollzugsbediensteten eine sachgerechte Beurteilung zu ermöglichen. Infolgedessen hält das OLG Düsseldorf bei einer reinen Besuchsüberwachung nicht mehr als den Mindestsatz in Höhe von 50,00 DM für angemessen.

Der erkennende Senat und die übrigen hiesigen Strafsenate haben für Dolmetschertätigkeiten im Rahmen von Besuchsüberwachungen sowie Haftprüfungsterminen demgegenüber bisher Stundensätze von 50,00 DM u. 55,00 DM (nach der bis zum 30.06.1994 geltenden Fassung des ZSEG bei einem Mittelsatz von 55,00 DM) bzw. jetzt 70,00 DM zugestanden (vgl. die Beschlüsse vom 17.09.1991 - 3 Ws 193/91 -; vom 11.06.1992 - 1 BL 84/92 -; vom 29.04.1993 - 1 Ws 82/93; vom 07.04.1994 - 1 Ws 25/94 vom 15.12.1992 - 3 Ws 492/92 -; vom 01.04.1993 - 3 Ws 106 und 107/93 -; vom 03.09.1993 - 4 BL 206/93 - und vom 31.08.1995 - 2 Ws 471/95. Unter Berücksichtigung der m.E. zutreffenden Begründung des OLG Düsseldorf halte ich nunmehr aber eine Differenzierung für geboten. Im seinem vorgenannten Beschluss vom 31.08.1995 hält der hiesige 2. Strafsenat beispielsweise einen Stundensatz von 70,00 DM für angemessen, wenn der Dolmetscher lediglich in einem Haftprüfungstermin tätig war, in dem er dem Angeschuldigten die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zu eröffnen hatte. Die Tätigkeit wird als leicht unterdurchschnittlich bezeichnet, weil der Dolmetscher nicht in einer gerichtlichen Hauptverhandlung mit ihren besonderen Anforderungen übersetzen musste. Im Vergleich dazu erscheint es mir durchaus sachgerecht, die bei einer Besuchsüberwachung ausgeübte reine Routinetätigkeit des Dolmetschers mit einem noch darunter angesiedelten Stundensatz abzugelten, der allerdings über dem Mindestsatz liegen sollte. Daher halte ich unter Abwägung aller Gesichtspunkte einen bereits deutlich unter dem Durchschnitt liegenden Stundensatz von 65,00 DM für angemessen. Unter Berücksichtigung eines für angemessen gehaltenen Zuschlags nach §§ 17 Abs. 2, 3 Abs. 3 b zweite Alternative ZSEG von 20% ergibt sich damit zuzüglich der Fahrtkosten und Umsatzsteuer eine Entschädigung von 204,52 DM.”

III. Der Senat tritt in vollem Umfang den überzeugenden Ausführungen des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm bei, soweit es um die Frage der Entschädigung dem Grunde nach und der Höhe des nach §§ 17 Abs. 1, 3 Abs. 2 ZSEG in Ansatz zu bringenden Stundensatzes von 65,00 DM für die als unterdurchschnittlich einzustufende Dolmetschertätigkeit anlässlich der Besuchsüberwachung geht.
Hinsichtlich der hier nach §§ 17 Abs. 1, 3 Abs. 3 b), 2. Alt. ZSEG gebotenen Erhöhung hält der Senat an seiner bisherigen und unter anderem auch vom 2. Strafsenat des Oberlandesgericht Hamm (vgl. Beschluss vom 31.08.1995 - 2 Ws 471/95 -) geteilten Auffassung fest, dass eine Erhöhung um 25% vorzunehmen ist. Durch diese Vorschrift soll eine Anpassung an das Entgelt ermöglicht werden, welches für eine vergleichbare Leistung sonst in der Privatwirtschaft gezahlt wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 27. Auflage 1997, § 3 ZSEG Rdnr. 84 - 87; Bleutge, ZSEG, 3. Auflage 1995, § 17 Rdnr. 8), wobei der Senat im Hinblick auf eine praktisch brauchbare Handhabung dieser Ermessensvorschrift einen den mittleren Rahmen ausschöpfenden Zuschlag von 25 % für angemessen hält.

IV. Der Beschwerdeführer ist somit wie folgt zu entschädigen:
Zeitaufwand gemäß §§ 17 Abs. 1, 3 Abs. 2 ZSEG
2 Stunden zu je 65,00 DM130,00 DM
Zuschlag gemäß §§ 17 Abs. 1, 3 Abs. 3 b), 2. Alt. ZSEG
in Höhe von 25 % 32,50 DM
Fahrtkosten gemäß §§ 17 Abs. 1, 9 ZSEG
42 km x 0,52 DM/km 21,84 DM
Aufwendungsersatz gemäß §§ 17 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 4 ZSEG
15 % MWSt. 27,65 DM

gesamt211,99 DM.

V. Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 16 Abs. 5 ZSEG nicht veranlasst.


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