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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 BL 456/97 OLG Hamm

Leitsatz: Zum wichtigen Grund im Sinn von § 121 StPO

Senat: 2

Gegenstand: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht, BL6

Stichworte: gefährliche Körperverletzung, Wiederholungsgefahr, Gutachten zur Schuldfähigkeit nach Eröffnungsbeschluss, Gutachten drängte sich nicht auf, Beschleunigung von Haftsachen, Verhinderung des Verteidigers

Normen: StPO 112 a Abs. 1 Nr. 2; StPO 121 Abs. 1, StGB 223 a

Beschluss: Strafsache gegen T.T.,
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht)

Auf die Vorlage der (Zweit-)Akten zur Haftprüfung gemäß den §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Angeklagten und seines Verteidigers beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.

Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I. Der Angeklagte befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme am 25. Juni 1997 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 24. Juni 1997 (62 Ls 70 Js 559/96 - 16/97) seit diesem Tag in Untersuchungshaft.

Der Haftbefehl des Amtsgerichts legt dem Angeklagten u.a. zur Last, in der Zeit vom 20. April bis zum 22. Juli 1996 sechs gefährliche Körperverletzungen begangen zu haben. Dem entsprechen die Anklagen der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 7. Januar 1997 und vom 3. September 1996 im Verfahren 36 Js 1265/96, vom 29. Januar 1997 im Verfahren 36 Js 1922/96 und vom 15. April 1997 im Verfahren 70 Js 37/97. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des dem Angeklagten zur Last gelegten Tatgeschehens, wird auf den Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 24. Juni 1997 sowie auf die erwähnten Anklageschriften Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat am 4. Dezember 1997 die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich angesehen und die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Senat zur Entscheidung über die Haftfortdauer gemäß den §§ 121, 122 StPO vorgelegt.

II. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeklagten über sechs Monate hinaus war, entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, anzuordnen.

Es besteht gegen den Angeklagten dringender Tatverdacht hinsichtlich der ihm im Haftbefehl vom 24. Juni 1997 zur Last gelegten Taten, die auch Gegenstand der oben erwähnten Anklagen sind. Der Tatverdacht gegen den Angeklagten ergibt sich aus den von der Polizei durchgeführten Ermittlungen. Diese sind von der Staatsanwaltschaft im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklagen zutreffend gewürdigt worden. Dieser Würdigung tritt der Senat bei und nimmt auf sie, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, Bezug.

Als Haftgrund ist der des § 112 a Abs. 1 Nr. 2 StPO gegeben. Der Angeklagte ist einer Vielzahl schwerwiegender Straftaten, u.a. auch gefährlichen Körperverletzungen gem. § 223 a StGB, dringend verdächtig. Wegen der bei den Tatopfern eingetretenen teilweise erheblichen Schäden ist auch eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtsordnung gegeben. Wegen der Tat zum Nachteil des Zeugen F. muß der Angeklagte auch mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechnen. Es besteht schließlich auch Wiederholungsgefahr. Bei dem Angeklagten liegt ein erhebliches Aggressionspotential vor. Er hat darüber hinaus vor seiner Inhaftierung seine Familie in massiver Weise bedroht und u.a. seine Schwester mit einem mit Glassplittern gefüllten Luftgewehr beschossen.

Es steht die bisher gegen den Angeklagten vollzogene Untersuchungshaft auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des Tatvorwurfs und der im Fall der Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe.

Die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO, unter denen die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fortdauern darf, sind ebenfalls gegeben, da wichtige Gründe ein Urteil bislang noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Nach der Festnahme des Angeklagten hat das Amtsgericht bereist am 5. August 1997 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen und Termin zur Hauptverhandlung auf den 6. Oktober 1997 bestimmt. Dieser Termin musste wegen Verhinderung der Verteidigerin des Angeklagten aufgehoben werden. Da die Verteidigerin des Angeklagten für die Hauptverhandlung Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten zu den Fragen der §§ 20, 21 StGB angekündigt hatte, hat das Amtsgericht - nachdem es der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat - am 13. November 1997 die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen. Dieses liegt noch nicht vor, an seine Erstellung hat das Amtsgericht aber am 4. Dezember 1997 erinnert.

Nach allem sind damit vermeidbare Fehler und Versäumnisse der Justizbehörden nicht festzustellen, vielmehr haben wichtige Gründe i.S. des § 121 Abs. 1 StPO den Erlass eines Urteils bisher noch nicht zugelassen, so dass der sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergebende Beschleunigungsgrundsatz ausreichend berücksichtigt ist. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Staatsanwaltschaft nicht bereits während des Ermittlungsverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Denn das hat sich nicht aufgedrängt. Die Verteidigerin des Angeklagten hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens erstmals mit Schriftsatz vom 22. September 1997 beantragt. Zuvor konnte die Staatsanwaltschaft aufgrund der im gegen den Angeklagten beim Amtsgericht Castrop-Rauxel anhängigen Betreuungsverfahren durch den Chefarzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. durchgeführte Exploration davon ausgehen, dass der Angeklagte voll schuldfähig ist. Diese Beurteilung war unter Berücksichtigung aller Umstände sachgerecht.

III. Die Nebenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.


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