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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 1170/99 OLG Hamm

Leitsatz: Mehrere fahrlässige Verstöße gegen das Verbot der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne Arbeitsgenehmigung können eine (einzige) Handlung darstellen, wenn sie auf einer fortwährenden Nachlässigkeit des Unternehmers beruhen.

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, Arbeitsgenehmigung, Ausländer, eine Handlung bei mehreren Verstößen, fortdauernde Ordnungswidrigkeit, Besetzung des Bußgeldsenats

Normen: OWiG 19; SGB III 404 Abs. 2 Nr. 2; SGB III 284 Abs. 1 Satz 1; AFG 229 Abs. 1 Nr. 2; AFG 19 Abs. 1 Satz 6, OWiG 80 a

Beschluss: Bußgeldsache gegen S.K.,
wegen unerlaubter Beschäftigung von Ausländern.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahlen vom 11. August 1999 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Betroffene wegen einer fahrlässigen fortdauernden Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne die erforderliche Arbeitsgenehmigung (Zuwiderhandlung gegen §§ 229 Abs. 1 Nr. 2, 19 Abs. 1 S. 6 AFG, 284 Abs. 1 S. 1, 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) zu einer Geldbuße von 40.000,00 DM verurteilt wird.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene, jedoch wird die Gerichtsgebühr um 1/5 ermäßigt und von den notwendigen Auslagen des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren 1/5 der Staatskasse auferlegt.

Gründe:
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen "49 fahrlässiger Verstöße gegen §§ 229 I Nr. 2, 19 I 6 AFG und wegen 13 fahrlässiger Verstöße gegen §§ 284 I 1, 404 II Nr. 2 SGB III eine Geldbuße von insgesamt 56.250,- DM" verhängt. Im Urteilstenor hat es die einzelnen von ihm festgesetzten 62 Geldbußen zwischen 250,- DM und 3.500,- DM aufgeführt. Insoweit wird auf den Urteilstenor wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Das Amtsgericht ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:
"Der Betroffene hat als Inhaber der Firma K. - Filterreinigung - in Oelde polnische Staatsangehörige beschäftigt, obwohl diesen die dazu erforderlichen Arbeitsgenehmigungen nicht erteilt worden waren und Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i.S.v. § 284 I Satz 2 SGB III nicht bestanden. Er hat in der Zeit vom 1.9.1995 bis 30.6.1998 zu unterschiedlichen Zeiträumen insgesamt 32 polnische Arbeitnehmer ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis beschäftigt. Der Betroffene beschäftigte ausschließlich diese polnischen Arbeitnehmer, die als Aushilfen auf sog. 620,- DM-Basis beschäftigt waren; sie bekamen einen Stundenlohn von 10,- DM. Vor dieser Zeit hat er nur deutsche Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeiten, die auszufahren waren - Reinigung von Filteranlagen konnten in den Betrieben nur am Wochenende ausgeführt werden, da der Betrieb dort dann ruht. Der Betroffene hat die polnischen Arbeitnehmer je nach Auftragslage kurzfristig geordert."

In den Urteilsgründen hat das Amtsgericht dann im Einzelnen die 32 beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer und deren Beschäftigungszeiträume tabellarisch aufgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Der Betroffene hat sich dahin eingelassen, er habe keine deutschen Arbeitnehmer gefunden, die die anfallenden Tätigkeiten verrichtet hätten. Deutsche Arbeitnehmer seien nicht bereit gewesen, die Arbeit zu machen. Er sei sich keiner Schuld bewusst. Den "Schriftkram" habe sein Steuerberater erledigt. Über die Beantragung einer Arbeitserlaubnis für die Arbeitnehmer aus Polen habe er sich keine Gedanken gemacht. Er habe nachträglich an die AOK Sozialabgaben in Höhe von ca. 22.500,- DM gezahlt.

Das Amtsgericht hat das Verhalten des Betroffenen als jeweils fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen das Ausländer-Beschäftigungsverbot bewertet, weil er sich nicht hinreichend über die zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen informiert habe.
Der Verurteilte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen seine Verurteilung. Er ist der Auffassung, ihn treffe kein Fahrlässigkeitsvorwurf, im Übrigen sei die "ausgeworfene Strafe für völlig tat- und schuldunangemessen."

Die Rechtsbeschwerde hat teilweisen Erfolg. Sie führt zur Verurteilung wegen einer (fortdauernden) Ordnungswidrigkeit der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern sowie zur Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 40.000,- DM.

Zuständig für die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist der Senat in der Besetzung mit drei Richtern, weil der Verurteilung durch das Amtsgericht eine prozessuale Tat zugrunde liegt. Die vom Amtsgericht verhängten einzelnen Geldbußen sind deshalb für die Frage der Zuständigkeit zusammenzurechnen mit der Folge, dass die Summe die Grenze von 10.000,- DM übersteigt, § 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG (vgl. BayObLG, NStZ 1999, 427).
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts stellen die - in rechtsfehlerfreier Weise festgestellten - Verstöße des Betroffenen nur eine Gesetzesverletzung dar, da die Verhaltensweise des Betroffenen als eine fahrlässige fortdauernde Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis aufzufassen ist (vgl. hierzu Göhler, wistra 1995, 300 ff.; BayObLG, wistra 1982, 38 mit Anm. von Göhler; Göhler, OWiG, 12. Aufl., vor § 19 Rdnr. 23). Deshalb ist auch auf eine (einheitliche) Geldbuße zu erkennen. Denn es handelt sich nach den getroffenen Feststellungen um eine Handlungsweise des Betroffenen, die darauf beruht, dass er sich aus Nachlässigkeit nicht hinreichend über die gesetzlichen Bestimmungen informiert hat, die bei der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zu beachten sind. Unter fortlaufender Missachtung der einschlägigen Vorschriften hat er polnische Arbeitnehmer ohne die dazu erforderliche Arbeitsgenehmigung in seinem Betrieb beschäftigt. Die einzelnen Teilakte der Zuwiderhandlung stehen auch noch in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlich fortlaufenden Zusammenhang. Die fortwährende Nachlässigkeit in Bezug auf die Missachtung betriebsbezogener Pflichten beruht auf ein und derselben Motivationslage des Betroffenen. Sie macht sein Geschäftsgebaren in Bezug auf die Beschaffung der für sein Unternehmen benötigten Arbeitskräften aus. Die Vielzahl der Einzelakte stellt sich bei natürlicher Betrachtungsweise deshalb als eine lediglich quantitative Steigerung einer fortwährenden Zuwiderhandlung dar (vgl. BayObLG, GewArchiv 1994, 73, 74; KG LRE 14, 280; BayObLG, a.a.O.).

Der Betroffene hat sich danach wegen einer Zuwiderhandlung gegen die im Beschlusstenor angeführten Vorschriften bußgeldpflichtig gemacht. Der Senat hat deshalb auf die Verurteilung wegen einer Tat im Rechtssinne erkannt. Hierzu bedurfte es keines rechtlichen Hinweises an den Betroffenen, weil ihm bereits durch Bußgeldbescheid des Arbeitsamtes Ahlen vom 11. Februar 1999 (lediglich) eine Zuwiderhandlung gegen die einschlägigen Vorschriften zur Last gelegt wurde. Im übrigen ist auszuschließen, dass er sich im Falle eines erneuten rechtlichen Hinweises auf die in Betracht kommende rechtliche Bewertung seines Tuns anders als bisher geschehen hätte verteidigen können.

Da in einer neuen Hauptverhandlung zur Frage der Bußgeldbemessung keine neuen, dem Betroffenen günstigeren Erkenntnisse zu erwarten sind, hat der Senat unter Abwägung aller für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände auf eine Geldbuße in Höhe von 40.000,- DM erkannt. Dabei war die Bußgelddrohung dem Gesetz zu entnehmen, das bei Beendigung der Tat gilt, hier also aus § 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III (§ 4 Abs. 2 OWiG; vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 4 Rdnr. 3).

Im Einzelnen waren zugunsten des Betroffenen dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Der Betroffene ist Rentner mit einer monatlichen Rente von 1.400,- DM, er lebt von dem - zwischenzeitlich offenbar teilweise verbrauchten - Erlös aus dem Verkauf seines Unternehmens, seine Ehefrau verfügt über keine eigenen Einkünfte. Zu seinem Gunsten fiel auch ins Gewicht, dass er nachträglich aufgrund der gesetzeswidrigen Beschäftigung der polnischen Arbeitnehmer etwa 22.500,- DM an Sozialabgaben an die AOK abgeführt hat. Zu seinem Nachteil fällt dagegen die Vielzahl der gesetzeswidrig beschäftigten polnischen Arbeitnehmer und die Häufigkeit der Einsätze ins Gewicht. Nach alledem erscheint dem Senat eine Geldbuße in Höhe von 40.000,- DM schuld- und tatangemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 und 4 StPO, 46 OWiG.


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