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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 63/94 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Abfallbegriff bei Bauschutt

Senat: 3

Gegenstand: Owi

Stichworte: Abfallgesetz, Abgrabungsgesetz, Begrenzung durch Bußgeldbescheid, Begrenzungsfunktion des Bußgeldbescheides

Normen: Abgrabungsgesetz NW (AbgrG), AbfG 4, AbfG 18, OWiG 67

Beschluss: Bußgeldsache gegen den F.F.,
wegen Verstoßes gegen das Abgrabungsgesetz NW u. das Abfallgesetz.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 12. Oktober 1993 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom gleichen Tage hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 14.03.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe: Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen tateinheitlichen Verstoßes gegen §§ 7, 13 Abs. 1 Nr. 4 Abgrabungsgesetz NW (AbgrG) u. §§ 4, 18 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgesetz (AbfG) eine Geldbuße von 10.000 DM festgesetzt. Es hat dazu folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene ist Speditionskaufmann und geschäftsführender Gesellschaft der Firma F.F. GmbH & Co. KG in M.. Es handelt sich um ein Unternehmen, das Güternahverkehr, aber auch einen Baustoffgroßhandel betreibt, sowie Erdbau und Abbrüche durchfuhrt. In Steinhagen unterhält die Firma eine Sandgrube, für die am 10. Oktober 1991 vom Regierungspräsidenten Detmold eine Genehmigung nach dem Abgrabungs- und dem Abfallgesetz erteilt wurde. Darin heißt es unter anderem:
Gemäß §§ 3, 7, 8 des Gesetzes zur Ordnung von Abgrabungen ... erteile ich Ihnen hiermit unbeschadet der privaten Rechte Dritter die
1. Genehmigung zur Abgrabung von Sand
2. abfallrechtliche Plangenehmigung zur anschließenden Verfüllung mit Bodenaushub (Abfallschlüsselnummer: 31411).
Die Zwischenlagerung von Bodenmassen zur späteren Wiederabfuhr ist nicht zulässig.
Nebenbestimmungen:
1. ... 3.
4. Ordnung der Abfallentsorgung
4.1 Im Abgrabungsgelände sind Ablagerungen von Abfall (Bauschutt, Müll, Unrat, feste oder flüssige Abfallstoffe mit auslaugbaren Bestandteilen usw.) verboten.

Nachdem die Zuständigkeit vom Regierungspräsidenten auf den Kreis Gütersloh übergegangen war, erfolgt am 26. März 1992 eine Besichtigung des Geländes. Sie wurde von dem Zeugen vorgenommen, der als Bauingenieur beim Umweltamt des Kreises Gütersloh beschäftigt ist. Dabei stellte er fest, dass der Boden mit Bauschutt durchsetzt war, an manchen Stellen waren Bauschutt, bestehend aus Ziegelsteinen, Kalksandsteinen und Betonabbruch, aber auch Pflastersteine abgekippt worden.

Nachdem der Betroffene mit Schreiben vom 7. April 1992 auf die Rechtswidrigkeit dieser Situation hingewiesen worden war, fand am 14. Mai 1992 eine erneute Ortsbesichtigung statt, an der neben Vertretern des Kreises Gütersloh auch der Betroffene teilnahm. Dabei wurde festgestellt, dass die Pflastersteine inzwischen abgefahren worden waren. Mit einem Teil des abgekippten Bauschutts war die Fahrstraße, die sich etwa in der Mitte der Sandgrube befindet, auf bis zu 14 Metern verbreitert worden. Dem Betroffenen wurde aufgegeben, die Fahrstraße in ihrer Breite auf maximal 8 Meter zu verkleinern und die restlichen Bauschutthaufen abzufahren. Hierzu wurde ihm eine Frist bis zum 30. Mai 1992 gesetzt. Am 24. Juni 1992 fand eine weitere Besichtigung statt. Dabei stellte sich heraus, dass der Zustand nahezu unverändert war."

Das Amtsgericht hat im folgenden sodann anhand von bei der Akte befindlichen Fotos vom 26. März, 1. April, 24. Juni, 4. und 18. August 1992 die Ablagerungen näher beschrieben. Die Einlassung des Betroffenen, bei den Ziegel- und Kalksandsteinen handele es sich nicht um Bauschutt, sondern um weiter verwendungsfähiges Material, das teilweise zur Befestigung der Fahrstraße in der Sandgrube benötigt worden sei und andernteils einer Recyclinganlage zur Wiederverwertung habe zugeführt werden sollen, hat es als widerlegt angesehen. Es hält den Betroffenen, wie die unnötige Verbreiterung der Fahrstraße auf 14 Meter und später vorgenommene Einplanierungen zeigten, für überführt, nur nach einem Weg sucht zu haben, um den Bauschutt "unter die Erde zu bekommen". Das Amtsgericht ist danach davon ausgegangen, dass der Betroffene entgegen der ihm erteilten Erlaubnis Abfall, nämlich Bauschutt in die Sandgrube gebracht und abgelagert habe. Dies sei zum einen ein Verstoß gegen ihm erteilte Auflagen und somit eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 7, 13 Abs. 1 Nr. 4 AbgrG NW, aber zugleich auch eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 4, 18 Abs. 1 Nr. 1 AbfG. Ob der vormals als Aufsichtsbehörde zuständige Regierungspräsident in Detmold,den Zustand erkannt und beanstandet habe, so hat das Amtsgericht weiter ausgeführt, könne dahinstehen. Denn spätestens seit April 1992 sei dem Betroffenen bekannt gewesen, dass der Kreis Gütersloh als nunmehr zuständige Aufsichtsbehörde den Zustand als rechtswidrig angesehen habe. Gleichwohl sei auch noch in der nachfolgenden Zeit Bauschutt liegen geblieben und zum Teil in den Boden eingearbeitet worden. Darüber hinaus habe es weitere Ablagerungen von Bauschutt gegeben. Der Betroffene habe somit vorsätzlich gehandelt. Angesichts des erheblichen Umfanges der Bauschuttablagerungen und des Umstandes, dass der Betroffene durch das Einplanieren von Schutt in den Boden teilweise vollendete Tatsachen geschaffen habe, sei eine Geldbuße von 10.000,00 DM angemessen.

Mit der gegen dieses Urteil form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht. Die bisher getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen §§ 7, 13 Abs. 1 Nr. 4 AbgrG NW und §§ 4, 18 Abs. 1 Nr. 1 AbfG nämlich nicht. Darüber hinaus lassen die Feststellungen besorgen, dass sich das Amtsgericht nicht an den ihm durch den Bußgeldbescheid des Umweltamtes des Kreises Gütersloh vom 7. August 1992 zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt gehalten hat.

In dem Bußgeldbescheid ist dem Betroffenen zur Last gelegt worden, als Geschäftsführer der Firma F.F. GmbH & Co. KG die Verantwortung dafür zu tragen, dass diese Anfang 1992 in der Abgrabung Gemarkung Steinhagen, Flur IV im Bereich des Abbauabschnittes IV neben einer mit Betonplatten befestigten Fläche ca. 5 Kubikmeter mit Bauschutt durchsetzten Boden abgelagert, im Bereich des Abbauabschnittes IV ca. 10 Kubikmeter Pflastersteine zwischengelagert sowie im Abbauabschnitt II ca. 50 Kubikmeter Bauschutt und über die Verfüllabschnitte I bis III verteilt ca. 1.500 Kubikmeter mit Bauschutt verunreinigten Boden abgelagert habe. Der Bußgeldbescheid bestimmt - wie Anklage und Strafbefehl im Strafprozeß - den Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung. Diese darf sich nur auf die in ihm bezeichnete "Tat" erstrecken (vgl. BGHSt 23, 280/281; OLG Hamm NStZ 1987, 515; Göhler, OWiG, 10. Aufl. vor § 65 Rdn. 8 u. vor § 67 Rdn. 15).

In dem Bußgeldbescheid ist dem Betroffenen das Ab- bzw. Zwischenlagern vor Abfallstoffen ab Anfang 1992 zur Last gelegt worden. Mit dem Zeitpunkt des Ab- bzw. Zwischenlagerns der Stoffe hat sich das Amtsgericht nicht befaßt. Ausgeführt hat es in dem Urteil lediglich, dass ein Mitarbeiter des Umweltamtes des Kreises Gütersloh bei einer Besichtigung der Sandgrube am 26. März 1992 festgestellt habe, dass der Boden teilweise mit Bauschutt durchsetzt und an manchen Stellen Bauschutt aus Ziegelsteinen, Kalksandsteinen und Betonabbruch abgelagert gewesen sei. Es hat sodann über einen Zeitraum von mehreren Monaten am Zustand der Grube vorgenommene Veränderungen beschrieben. Es ist dabei, was das dem Betroffenen zur Last gelegte Verhalten angeht, ersichtlich von einem Dauerdelikt ausgegangen. Das entspricht indes nicht der Rechtslage.

Zur Last gelegt worden ist dem Betroffenen in erster Linie das Ablagern von Abfallstoffen. Unter "Ablagern" i.S.d. § 4 Abs. 1 AbfG versteht man das Endlagern von Stoffen mit dem Ziel, sich ihrer auf Dauer zu entledigen (vgl. Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, 2. Aufl. § 1 Rdn. 41). Es ist vollendet, sobald der Täter den Stoff in der Absicht, sich seiner auf Dauer zu entledigen, an den dafür bestimmten Ort verbracht hat. Anders als die herrschende Meinung (Steindorf in Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., § 326 Rdn. 12; Iburg NJW 1988, 2338) für das Lagern annimmt, worunter man die Zwischenlagerung von Stoffen versteht, die anschließend einer anderen Verwertung zugeführt werden sollen (vgl. Kunig u.a. § 1 Rdn. 48), ist es kein Dauerdelikt BGH NJW 1990, 194/196).

Soweit dem Betroffenen das Ablagern von Abfallstoffen zur Last gelegt worden ist, hätte das Amtsgericht daher Feststellungen zum Zeitpunkt ihres Verbringens in die Sandgrube treffen müssen. Feststellungen waren insoweit zum einen im Hinblick auf eine mögliche Verjährung der Zuwiderhandlung erforderlich, aber auch im Hinblick auf die Einlassung des Betroffenen, seinerzeit mit stillschweigender Duldung des Regierungspräsidenten in Detmold als damals zuständiger Aufsichtsbehörde gehandelt zu haben.

Zur Last gelegt hat das Amtsgericht letztlich dem Betroffenen wohl nur, nach April 1992 Bauschutt unberechtigt liegen gelassen bzw. in den Boden eingearbeitet zu haben - nachdem ihm seit jener Zeit die Rechtswidrigkeit des Zustandes bekannt gewesen sei. Dieses und die Ausführungen, die das Amtsgericht zu den Veränderungen in der Grube von März bis August 1992 gemacht hat, lassen besorgen, dass es auch Handlungen des Betroffenen zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht hat, die von dem Bußgeldbescheid nicht erfaßt sind. Zur Prüfung unterbreitet waren ihm durch den Bußgeldbescheid nur Anfang 1992 vorgenommene Ablagerungen von Bauschutt und die Zwischenlagerung von Pflastersteinen. Im Rahmen der Rechtsfolgeentscheidung konnte es berücksichtigen, welches Schicksal diese ab- bzw. zwischengelagerten Stoffe genommen hatten; ob sie inzwischen ordnungsgemäß entsorgt worden waren, noch an gleicher Stelle lagerten oder unerlaubt in die Grube eingearbeitet worden waren. Seiner Entscheidung nicht zugrundlegen durfte das Amtsgericht dagegen weitere in der Zeit nach dem 26. März 1992 in der Grube noch vorgenommene Ablagerungen. dass es dies getan hat, lassen seine Ausführungen zu weiteren Bauschuttablagerungen am 1. April, 24. Juni und 4. August 1992 i.V.m. dem Umstand besorgen, dass es an keiner Stelle des Urteils deutlich gemacht hat, dass sich seine Entscheidung nur über die dem Betroffenen in dem Bußgeldbescheid zur Last gelegten Ablagerungen verhält. Schon deshalb kann das Urteil keinen Bestand haben.

Darüber hinaus tragen die bisherigen Feststellungen die Verurteilung des Betrofffenen nach §§ 4, 18 Abs. 1 Nr. 1 AbfG sowie §§ 7, 13 Abs. 1 Nr. 4 AbgrG NW nicht.
Eine Ordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 AbfG begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen dieses Gesetzes Abfälle außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallentsorgungsanlage behandelt, lagert oder ablagert. Das Amtsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei dem Bauschutt und den Steinen, die Sandgrube verbracht worden sind, um Abfälle i.S.d. Abfallgesetzes handelte. Das versteht sich jedoch nicht von selbst und bedurfte näherer Erörterungen. Nach § 1 Abs. 1 AbfG sind Abfälle i.S. dieses Gesetzes bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will (sog. subjektiver Abfallbegriff oder gewillkürter Abfall) oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist (sog. objektiver Abfallbegriff oder Zwangsabfall). Bei der ersten Alternative der Vorschrift wird eine Sache allein dadurch Abfall, dass ihr Besitzer sich ihrer auf Dauer entledigen will und diesen Willen nach außen manifestiert hat (vgl. Kunig u.a. § 1 Rdn. 11 ff); Abfälle sind darüber hinaus all die Sachen, deren geordnete Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist (vgl. Kunig u.a. § 1Rdn. 22).

Näher untersuchen mußte das Amtsgericht die Abfalleigenschaft jedenfalls wegen der Pflastersteine, bezüglich der dem Betroffenen in dem Bußgeldbescheid lediglich ein Zwischenlagern zur Last gelegt worden ist. Sollten die Steine noch weiter Verwendung für einen anderen Zweck finden, waren sie weder nach dem subjektiven noch dem objektiven Abfallbegriff Abfall. Nach dem subjektiven Abfallbegriff scheiterte ihre Abfalleigenschaft daran, dass sie als Wirtschaftsgut weiter Verwendung finden sollten, und nach dem objektiven aus dem Grunde, weil Gründe des Allgemeinwohls keine geordnete Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage geboten.
Auch bezüglich des Bauschutts u.a. versteht sich dessen Abfalleigenschaft nicht von selbst. Nach dem subjektiven Abfallbegriff handelt es sich bei ihm um keinen Abfall, wenn er - wie der Betroffene sich eingelassen hat - weiter Verwendung für andere Zwecke finden sollte; auf der Grundlage des objektiven Abfallbegriffes wird er von der herrschenden Meinung (vgl. Kunig u.a. § 1 Rdn. 35 unter "Bauschutt" u.a. mit Rechtsprechungsnachweisen) nur dann als Abfall angesehen, wenn er belastende Stoffe beinhaltet, deren geordnete Entsorgung in einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage erforderlich ist.

Dazu hat das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen. Es hat aber die Einlassung des Betroffenen als widerlegt angesehen, dass der Bauschutt zur Befestigung der Fahrstraße in der Sandgrube habe verwendet werden und das überschüssige Material einer Recycling-Anlage habe zugeführt werden sollen. Dem Betroffenen sei es vielmehr, so hat das Amtsgericht weiter ausgeführt, letztlich nur darum gegangen, den Bauschutt "unter die Erde zu kriegen". Wäre es dem Betroffenen allein darum gegangen, wäre der Bauschutt nach dem subjektiven Abfallbegriff in der Tat als Abfall anzusehen.
Das Amtsgericht hat bei dieser Würdigung jedoch unberücksichtigt gelassen, dass der abgelagerte Bauschutt zu einem Großteil den vom Betroffenen angegebenen Verwendungszweck zur Befestigung der Fahrstraße gefunden hat. War er von vornherein für diesen Zweck bestimmt und dafür auch geeignet, wäre er kein Abfall. Seine Eignung zur Straßenbefestigung hat das Amtsgericht auch nicht generell in Frage gestellt, sondern nur für einen Haufen Betonabbruch mit darin noch enthaltener Armierung. Außerdem hat sich das Amtsgericht nicht in dem gebotenen Maße mit der weiteren Rechtsverteidigung des Betroffenen auseinandergesetzt, dass er das für die Straßenbefestigung nicht benötigte Material einer Recyclinganlage habe zuführen wollen. Bevor es diese Einlassung als widerlegt erachten konnte, mußte es sich mit den Fragen befassen, um welche Anlage es sich dabei handelte, ob diese für die Wiederverarbeitung von Bauschutt geeignet war und warum der Betroffene davon keinen Gebrauch machen wollte.
Sollte das Amtsgericht aufgrund der ergänzend zu treffenden Feststellungen in der erneuten Hauptverhandlung wiederum zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei den von dem Betroffenen in der Sandgrube gelagerten bzw. abgelagerten Stoffen (teilweise) um Abfall handelt, wird es zur Konkretisierung der Tathandlung und für die Rechtsfolgenentscheidung auch unabdingbar sein, die Mengen der ge- bzw. abgelagerten Abfälle näher zu quantifizieren, wie dies etwa auch im Bußgeldbescheid geschehen ist.
Von den bisherigen Feststellungen wird auch eine Verurteilung nach §§ 7, 13 Abs. 1 Nr. 4 AbgrG NW nicht getragen. Danach handelt u.a. ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine vollziehbare Auflage nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Nach § 7 Abs. 1 kann eine nach dem Abgrabungsgesetz erteilte Genehmigung inhaltlich beschränkt, unter Bedinungen erteilt, befristet sowie mit Auflagen verbunden werden.
Als vollziehbare Auflage, gegen die der Betroffene verstoßen haben soll, hat das Amtsgericht Nr. 4.1 des Genehmigungsbescheides des Regierungspräsidenten in Detmold vom 10. Oktober 1991 angesehen. Darin ist bestimmt, dass im Abgrabungsgelände Ablagerungen von Abfall (Bauschutt, Müll, Unrat, feste oder flüssige Abfallstoffe mit auslaugbaren Bestandteilen usw.) verboten sind. Nr. 4.1 des Genehmigungsbescheid enthält damit nur eine Wiederholung eines durch § 4 Abs. 1 AbfG ohnehin verbotenen und durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 AbfG bußgeldbewehrten Verhaltens, nämlich Abfall außerhalb der dafür bestimmten Anlagen und Einrichtungen abzulagern. Eine solche Bestimmung ist keine verwaltungsrechtliche Auflage. Nach der Legaldefinition des § 36 Abs. 2 Nr. 4 (VwVfG ist eine Auflage eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Von Rechtsprechung und Lehre ist sie näher als eine mit einem Verwaltungsakt verbundene, selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnung definiert worden, die für dessen Bestand und Wirksamkeit keine unmittelbare Bedeutung hat (vgl. BVerwGE 41, 180; 55, 135; Kopp, VwVfG, 4. Aufl., § 36 Rdn. 29). Keine Anordnung in diesem Sinne ist anerkanntermaßen die bloße Wiederholung bestehender gesetzlicher Verpflichtungen, sondern nur eine individuelle hoheitliche Anordnung mit eigenem Regelungsgehalt (vgl. Kopp a.a.O. Rdn. 31). Einen solchen Regelungsgehalt hat Nr. 4.1 des Genehmigungsbescheides des Regierungspräsidenten in Detmold nicht.
Das Amtsgericht hat eine weitere Bestimmung des Genehmigungsbescheides mitgeteilt, der ein solcher Regelungsgehalt zukommen könnte, nämlich die, dass die Zwischenlagerung von Bodenmassen zur späteren Wiederabfuhr nicht zulässig ist. Darum geht es hier indes nicht. Gegenstand des Verfahrens sind ausschließlich Ablagerungen von Schutt und Steinen, die keine Bodenmassen sind und ihnen wegen des Bestimmtheitsgebotes auch nicht gleichgestellt werden können.
Weitere Auflagen, gegen die der Betroffene verstoßen haben könnte, hat das Amtsgericht nicht mitgeteilt.

Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben und die Sache gem. § 79 Abs. 6 OWiG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Sollte das Amtsgericht den Betroffenen aufgrund der erneuten Hauptverhandlung wiederum eine Ordnungswidrigkeit nach dem Abfallgesetz oder Abgrabungsgesetz NW für schuldig befinden, wird es, worauf der Senat abschließend hinweist, sich bei der Bemessung der Geldbuße auch mit den Kriterien des dazu erlassenen Bußgeldkataloges auseinanderzusetzen haben.


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