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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 390/93 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Beweiswürdigung, nicht ausreichende tatsächliche Feststellungen

Normen: StPO 267, StGB 263


Beschluss: Strafsache gegen W.L. wegen Betruges.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der X. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 22. Dezember 1992 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 27.11.1993, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht, Richter am Oberlandesgericht als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
In der Anklageschrift vom 2. Juli 1987 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, in der Zeit vom 2. Januar 1984 bis zum 30. Oktober 1986 vom Arbeitsamt Hamm zu Unrecht Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 8.119,18,DM bezogen zu haben; außerdem soll das Arbeitsamt für ihn Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 9.656,84 DM gezahlt haben, obwohl auch insoweit ein Anspruch des Angeklagten nicht bestanden habe. Das Amtsgericht hat ihn am 4. Dezember 1987 wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Auf die Sprungrevision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluss vom 6. Juli 1988 das Urteil des Amtsgerichts mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamm zurückverwiesen. Durch Urteil vom 30. Dezember 1988 hat das Amtsgericht Hamm den Angeklagten sodann freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat die Strafkammer durch das von der Staatsanwaltschaft mit der vorliegenden Revision angefochtene Berufungsurteil verworfen.
Das Verfahren ist inzwischen auf näher bestimmte Zeiträume zwischen dem 24. März 1984 und dem 28. September 1986 beschränkt worden. Für diese Zeiträume bezog der Angeklagte nach den Feststellungen im Berufungsurteil fortlaufend vom Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe; außerdem zahlte das Arbeitsamt für ihn Beiträge zur Krankenversicherung. Der Angeklagte legte für diese Zeiträume dem Arbeitsamt Hamm von der Firma Auto Verleih und Funk-Taxi K.H. R. in Hamm ausgestellte Bescheinigungen über Nebeneinkommen vor, die monatliche Arbeitsentgelte zwischen 75 DM und höchstens 350 DM auswiesen. Von der Richtigkeit des von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurfs, diese Bescheinigungen seien falsch, weil der Angeklagte in Wahrheit eine Vollbeschäftigung mit jeweils mehr als 19 Wochenstunden in den Zeiträumen, auf die das Verfahren beschränkt worden ist, ausgeübt habe, vermochte sich das Berufungsgericht nicht zu überzeugen.

Auf die von der Staatsanwaltschaft erhobene Verfahrensrügen braucht nicht eingegangen zu werden, weil jedenfalls die Sachrüge aus dem Gesichtspunkt teilweise unvollständiger Feststellungen und unvollständiger Beweiswürdigung insoweit durchgreift. Der Staatsanwaltschaft bleibt unbenommen, in der neuen Hauptverhandlung auf die Einbeziehung der mit ihren Aufklärungsrügen bezeichneten Beweismittel hinzuwirken.

a) Unvollständig sind die Urteilsfeststellungen und die Beweiswürdigung bezüglich der Eintragungen in dem vom Zeugen G. geführten Fahrtenbuch. Mitgeteilt werden diese Eintragungen lediglich für die Monate Juni und Juli 1985 im Zusammenhang mit damit nicht zu vereinbarenden Aufzeichnungen des Zeugen L. (UA 10). Offen bleibt, ob der Zeuge G. ebenfalls Bescheinigungen über Nebeneinkommen erhalten hat und ob die darin angegebenen Stunden mit den Eintragungen in seinem Fahrtenbuch und den sog. Vormerkbüchern übereinstimmen. Die Beantwortung der Frage, ob und welche Schlüsse daraus auf die Richtigkeit der dem Angeklagten bescheinigten Arbeitsstunden gezogen werden können, bleibt zwar in der ausschließlichen Verantwortung des Tatrichters. Dessen Beweiswürdigung ist aber lückenhaft, soweit er sich mit der beweismäßigen Bedeutung der Eintragungen im Fahrtenbuch des Zeugen G. als Indiz unter den vorstehend dargelegten Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie im Urteil des Senats vom 28. Juli 1993 - 2 Ss 389/93 im Parallelverfahren gegen H..

b) Zu vermissen ist auch die Feststellung, wieviele Taxen in dem bezeichneten Unternehmen R. im Jahre 1984 bis 1986 eingesetzt und wieviele festangestellte Mitarbeiter und wieviele Aushilfskräfte in dieser Zeit tätig waren. Von Interesse ist weiter, worüber die Urteilsgründe ebenfalls keine Auskunft geben, ob und wieviele Aushilfskräfte ebenso wie der Angeklagte Bescheinigungen über Nebeneinkommen erhalten haben. Dies bisher nicht mitgeteilte Zahlenmaterial kann nämlich Schlüsse zur Plausibilität der bescheinigten Arbeitsstunden im Verhältnis zu den im Monatsdurchschnitt anfallenden Arbeitsstunden zulassen. Je unwahrscheinlicher danach die in den Bescheinigungen angebenen Stundenzahlen sind, desto stärker kann der Beweiswert der übrigen Indizien sein.
Richtig ist zwar, dass selbst dann, wenn die Zahl der anderen Mitarbeitern bescheinigten Arbeitsstunden nachweisbar falsch ist oder die Gesamtzahl der bescheinigten Arbeitsstunden im Hinblick auf die durchschnittliche Bedarfszahl zu gering sein muß, kein zwingender Beweis für eine Unrichtigkeit der dem Angeklagten bescheinigten Arbeitsstunden sein muß. Dies entbindet den Tatrichter jedoch nicht von der Verpflichtung, in seine Beweiswürdigung alle Indizien einzubeziehen und die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen. Berücksichtigt der Tatrichter in Betracht kommende Indizien nicht und trifft er dazu keine ausreichenden Feststellungen, so begegnet seine Beweiswürdigung durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken, die zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils aus diesem Grunde nötigen.


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