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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 BL 499/93 OLG Hamm

Senat: 1

Gegenstand: BL6

Stichworte: Ausländer, BtM, Dolmetscher, mehrere Beschuldigte, Umfang, Verfall

Normen: StPO 121, StPO 122


Beschluss: In der Strafsache gegen R.K. wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung gemäß §§ 121, 122 StPO hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.01.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Verteidigers beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über 6 Monate hinaus wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
Dem Beschuldigten, der sich seit dem 30. Juni 1993 in Untersuchungshaft befindet, wird mit dem Haftbefehl des Amtsgerichts Bochum (25 Gs 53/93) vom 23. Juni 1993 zur Last gelegt, seit Ende Oktober 1992 bis zu seiner Festnahme mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und zwar mit Heroin und Kokain, Handel getrieben und dabei als Mitglied einer Bande gehandelt zu haben, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte.
Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist der Beschuldigte dringend verdächtig, im Raume Bochum als Mitglied einer aus mehr als 15 Marokkanern bestehenden Bande mit Heroin und Kokain Handel getrieben zu haben. Die Bande, von denen der Mitbeschuldigte M. als einer der fahrenden Köpfe der Gruppe anzusehen ist, war streng arbeitsteilig organisiert und darauf ausgerichtet, den Heroin- und Kokainmarkt in Bochum zu beherrschen. Die Aufgaben der einzelnen Mitglieder betrafen die Kontaktaufnahme mit Käufern, das Observieren des Tatumfeldes und die Abwicklung einzelner Drogengeschäfte. Bei den Drogengeschäften wurden, je nachdem ob kleinere oder größere Mengen Heroin oder Kokain verkauft wurden, verschiedene Mitglieder der Bande tätig. Im Rahmen der Aufgabenverteilung oblagen dem Beschuldigten u. a. die Observation und der Verkauf kleinerer Rauschgiftmengen. Der Beschuldigte ist aufgrund der über einen längeren Zeitraum durchgeführten polizeilichen Observation und dem Inhalt der dabei gefertigten Videocassetten dringend verdächtig, im Verbund mit den anderen Marokkanern auf arbeitsteiliger Grundlage Drogenhandel betrieben zu haben, um daraus Gewinn zu erzielen. Dabei lag dem zur Tatbegehung erfolgten Zusammenschluß nicht nur die Intention eines bewußten und gewollten Zusammenwirkens der einzelnen Marokkaner zugrunde, sondern darüber hinaus eine hierarchisch gegliederte Organisationsform, die im Sinne des dringenden Tatverdachts auf eine Bandenbildung schließen lässt. Abgesehen von dem Ergebnis der polizeilichen Observationen ergibt sich insbesondere auch aus den Einlassungen der Mitbeschuldigten K. und H., dass die Marokkaner - unter Beteiligung der Beschuldigten - eine auf Dauer zum Zwecke des Drogenhandels gebildete Vereinigung darstellten, die sich durch feste Strukturen mit unterschiedlicher Aufgabenverteilung auszeichnete.
Der dringende Tatverdacht gegen den Beschuldigten folgt ferner daraus, dass er nach der Aussage der Mitbeschuldigten O. dieser Kokain verkauft haben soll. Desweiteren hat J.H. bekundet, dass der Beschuldigte Heroin erworben und veräußert habe. Dementsprechend ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschuldigte sich nach § 30 a BtMG strafbar gemacht hat.

Bei dem Beschuldigten besteht die konkrete Gefahr, dass er sich dem Verfahren durch Flucht entzieht, wenn er freigelassen würde. Die Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht aus folgenden Gründen: Der Beschuldigte hat wegen der ihm zur Last gelegten Tat mit einer hohen Freiheitsstrafe zu rechnen, denn die in § 30 a BtMG vorgesehene Mindeststrafe beträgt 5 Jahre. Dies begründet sicherlich einen beträchtlichen Fluchtanreiz. Der Beschuldigte ist marokkanischer Staatsangehöriger und verfügt in Deutschland nicht über familiäre Bindungen. Sein Asylantrag ist abgelehnt, und es besteht gegen ihn ein rechtskräftiger Haftbefehl zur Sicherung der Abschiebung.

Im Hinblick auf diese Gegebenheiten erscheint die Fluchtgefahr als so groß, dass weniger einschneidende Maßnahmen als die Anordnung und der Vollzug der Untersuchungshaft (§ 116 StPO) nicht ausreichen. Die bislang gegen den Beschuldigten vollzogene Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des Tatvorwurfs und der im Verurteilungsfalle möglicherweise zu erwartenden Freiheitsstrafe.

Wichtige Gründe im Sinne von § 121 Abs. 1 StPO haben ein Urteil bislang nicht zugelassen; sie rechtfertigen aber, die Untersuchungshaft über 6 Monate hinaus aufrechtzuerhalten. Das Verfahren ist bisher zügig betrieben worden. Die umfangreichen Ermittlungen, die sich auf eine Vielzahl von Beschuldigten beziehen, sind ohne wesentliche Verzögerung durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang war insbesondere auch maßgebend, dass es der Einholung mehrerer Gutachten bedurfte zur Auswertung der sichergestellten Betäubungsmittel. Ferner mußte bei einer Vielzahl von Vernehmungen ein Dolmetscher hinzugezogen werden, da es sich bei den Beschuldigten bzw. Zeugen um Ausländer handelte, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig waren. Hinzu kommt ferner, dass aufgrund der erheblichen erzielten kriminellen Gewinne die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften der §§ 43 a und 73 d StGB zu prüfen sind. Die insoweit zu tätigenden Finanzermittlungen - die teilweise unter Einschaltung internationaler Banken zu erfolgen hatten - konnten bislang ebenfalls noch nicht abgeschlossen werden. Die Fortdauer der Untersuchungshaft über 6 Monate ist daher gerechtfertigt.
Die Nebenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 3 S.3 StPO.


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