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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 BL 74/95 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Hafprüfung durch das Oberlandesgericht nach 9 Monaten, BL9

Stichworte: neuer Haftbefehl, Umfang, Haftgrund, Kaution, Gesundheitsbeeinträchtigung

Normen: StPO 121, 122


Beschluss: Strafsache gegen K.B. wegen Betruges u.a.,
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die erneute Vorlage der (Zweit-)Akten zur Entscheidung nach den §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.03.1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Angeschuldigten und seines Verteidigers beschlossen:

Die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird erneut dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
Der Senat hat im Verfahren nach den §§ 121, 122 StPO bereits am 22. November 1994 die Haftfortdauer angeordnet. Das Landgericht Hagen hat ihm die Zweitakten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft zur erneuten Prüfung der Haftfrage vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat abermals beantragt, Haftfortdauer zu beschließen.
Dem Antrag war wiederum stattzugeben.
Entsprechend dem am 16. Januar 1995 neu gefaßten und verkündeten Haftbefehl des Landgerichts Hagen, der hinsichtlich der Tatvorwürfe der zwischenzeitlich erhobenen Anklage der Staatsanwaltschaft Hagen vom 24. November 1994 angepaßt worden ist, ist der Angeschuldigte nunmehr des Betruges in 143 Fällen, davon in 19 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, der veruntreuenden Unterschlagung und der Verletzung der Konkursantragspflicht dringend verdächtig. Ihm wird zur Last gelegt, als Leiter der Niederlassung der Firma K. GmbH in Halver überwiegend in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer und Gesellschafter Friedrich Wilhelm K. - von 1990 bis 1993 in 104 Fällen Leasinggesellschaften dadurch betrogen zu haben, dass er mit diesen unter Vorlage inhaltlich unwahrer oder gefälschter Lieferantenrechnungen Verträge über tatsächlich nicht vorhandene oder deutlich zu hoch bewertete Leasingobjekte (Lastkraftwagen, Auflieger, Anhänger, Wechselbrücken u.a.) abschloß und den von der jeweiligen Gesellschaft zur Weiterleitung an den Lieferanten erhaltenen Kaufpreis abredewidrig vereinnahmte. Darüber hinaus soll er im vorgenannten Zeitraum weitere 17 Betrugshandlungen begangen haben, indem er dasselbe Leasingobjekt durch auf die Firma lautende Abschlüsse von Leasingverträgen mit verschiedenen Leasinggesellschaften mehrfach finanzieren ließ, wobei es ihm auch hier darauf ankam, den zur Weiterleitung an den Lieferanten gezahlten Kaufpreis entgegen der Vereinbarung für eigene Zwecke zu verwenden. Der Gesamtmietwert der Luft- und Doppelfinanzierungen sowie Finanzierungen von überbewerteten Objekten betreffenden Verträge soll 7,6 Mio. DM betragen; die noch ausstehenden Leasingraten sollen sich auf 5,8 Mio. DM belaufen. Ferner wird dem Angeschuldigten vorgeworfen, in der Zeit von Juli bis November 1992 zusammen mit Friedrich Wilhelm K. trotz bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Firma Kohlhauer GmbH 22 Leasingverträge mit Leasinggesellschaften abgeschlossen zu haben, um sich den Besitz der Leasingobjekte zu verschaffen und diese auch ohne Zahlung eines Entgeltes zu nutzen. Außerdem soll er im April 1991 vier Lastkraftwagen und drei Anhänger, die im Eigentum von Leasinggesellschaften standen, für 130.000 DM an den gesondert verfolgten J. zum Zwecke der Weiterveräußerung ins Ausland verkauft haben. Schließlich wird dem Angeschuldigten angelastet, es als faktischer Geschäftsführer der im Juli 1992 zahlungsunfähig gewordenen Firma Kohlhauer GmbH unterlassen zu haben, die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen.
Der Angeschuldigte ist der ihm im neu gefaßten Haftbefehl zur Last gelegten Taten aufgrund seines weitgehenden Geständnisses sowie der in der Anklageschrift genannten Beweismittel dringend verdächtig.
Es besteht bei ihm auch nach wie vor Fluchtgefahr, die nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als die Untersuchungshaft ausgeräumt werden kann. Insoweit treffen die im Senatsbeschluss vom 22. November 1994 dargelegten Erwägungen nach erneuter Prüfung jetzt noch zu. Weder die Aussicht auf einen Arbeitsplatz noch die Gestellung einer Kaution sind geeignet den - angesichts des erweiterten Umfangs der Vorwürfe noch erhöhten - Fluchtanreiz so herabzusetzen, dass eine Haftverschonung in Betracht kommt. Auch ist der weitere Vollzug der Untersuchungshaft trotz der beim Angeschuldigten vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht unverhältnismäßig.
Schließlich sind wichtige Gründe i.S.d. § 121 StPO gegeben, die die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen.
Seit dem Senatsbeschluss vom 22. November 1994 ist das Verfahren weiter gefördert worden. Die gegen den Angeschuldigten und K. gerichtete Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hagen vom 24. November 1994, die 203 Seiten umfaßt, ist am 23. Dezember 1994 beim Landgericht Hagen - Wirtschaftsstrafkammer - eingegangen und dem Angeschuldigten mit einer Erklärungsfrist von drei Wochen am 10. Januar 1995 zugestellt worden. Am 16. Januar 1995 wurde dann die den Angeschuldigten betreffende Haftanordnung dem neuen Verfahrensstand angepaßt. Derzeit arbeiten sich die Mitglieder der Wirtschaftsstrafkammer in die Akten und die über 150 Beweismittelordner ein. Zeitgleich wird ein gerichtlicherseits eingeholtes Sachverständigengutachten zur Frage der Verhandlungs- und Schuldfähigkeit des Mitangeschuldigten K. erstellt. Mit der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch im Verlaufe des Monats März 1995 zu rechnen.
Der aufgezeigte Verfahrensgang verdeutlicht, dass auch unter Beachtung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebots die Fülle und Komplexität des Prozeßstoffs den Abschluß des Verfahrens durch Urteil noch nicht zugelassen hat.
Mit der Übertragung der zwischenzeitlichen Haftprüfung hat der Senat erneut von dem ihm in §122 Abs. 3 Satz 3 StPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.


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