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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1181/98 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Zur Verhängung eines Fahrverbots bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG bei einem als freier Mitarbeiter bei einer Unternehmensberatung tätigen Betroffenen.
2.Der am 1. 3. 1998 neu in das StVG aufgenommene § 25 a Abs. 2 a StVG ist vom Gesetzgeber gerade auch geschaffen worden, um wirtschaftliche Nachteile, die einen Betroffenen durch die Verhängung eines Fahrverbots entstehen können, abzumildern, indem nämlich der Betroffene den Zeitraum, in dem das Fahrverbot wirksam sein soll, in gewissen Grenzen frei wählen kann. Das führt dazu, dass bei der Frage, ob und inwieweit wirtschaftliche Nachteile bei der Prüfung der Angemessenheit und Vertretbarkeit eines Fahrverbots überhaupt (noch) von Belang sind, ein noch strengerer Maßstab als in der Vergangenheit anzulegen ist.

Gericht: OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde im OWi-Verfahren

Stichworte: Fahrverbot bei § 24 a StVG, Betroffener als freier Mitarbeiter tätig, Auswirkungen des neuen § 25 a Abs. 2 StVG

Normen: StVG 24 a, StVG 25, StVG 25 a

Fundstelle: ZAP EN-Nr. 865/98; MDR 1999, 92; DAR 1999, 84; VRS 96, 231; NZV 1999, 214

Beschluss: Bußgeldsache gegen S.T. wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 24 a StVG.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 20. Juni 1998 gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 16. Juni 1998 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03.11.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. §§ 79 Abs. 6, 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen im angefochtenen Urteil "wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 24 a, 25 StVG eine Geldbuße von 1.000 DM festgesetzt" und außerdem ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene, der 1994 bereits einmal wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG in Erscheinung getreten ist und deshalb mit einer Geldbuße von 500 DM und einem Fahrverbot von einem Monat belegt wurde, am 28. Oktober 1997 um 23.45 Uhr mit seinem Pkw in Dortmund die Wittekindstraße. Eine dem Betroffene um 00.18 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 0,87 o/oo.

Das Amtsgericht hat weiter festgestellt, dass der ledige Betroffene, der keine Unterhaltsverpflichtungen hat, als freier Mitarbeiter bei einer Unternehmensberatung tätig ist und dort monatlich netto zwischen 3.000 und 4.000 DM verdient.

Der Betroffene wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen die Verhängung des dreimonatigen Fahrverbots. Er macht insbesondere geltend, dass dieses zu einer Existenzvernichtung führe. Er könne nämlich nicht, wie das Amtsgericht meine, auf die Benutzung des öffentlichen Verkehrssystems verwiesen werden, da er von seiner Firma kurzfristig an unterschiedlichen Orten in der Bundesrepublik eingesetzt werde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat keinen Erfolg.

Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 24 a, 25 StVG, so dass die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs wirksam ist. Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt jedoch keine Rechtsfehler erkennen, so dass - wie auch von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt - das Rechtsmittel zu verwerfen war.

Die vom Amtsgericht festgesetzte Geldbuße in Höhe von 1.000 DM entspricht der Regelgeldbuße der Nr. 68.1 der Anlage zu § 1 BußgeldkatalogVO. Davon abzuweichen bestand, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Betroffene nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen 1995 und 1996 auch noch jeweils wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung mit einer Geldbuße belegt worden ist, kein Anlass.

Auch das vom Amtsgericht entsprechend der Nr. 68.1 der Anlage zu § 1 BußgeldkatalogVO festgesetzte Regelfahrverbot von drei Monaten ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme dazu ausgeführt:

"Ein Anlass, von dem Regelfahrverbot abzuweichen, besteht nicht. Bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG ist die Anordnung eines Fahrverbots bereits nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG in der Regel vorgeschrieben. Der Tatrichter darf im Falle einer Zuwiderhandlung gegen § 24 a StVG von der Verhängung eines Fahrverbotes nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer oder innerer Art absehen, etwa wenn die Tat so aus dem Rahmen der typischen Begehungsweise herausfällt, dass sie nicht mehr als Regelfall im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden kann, oder wenn das Fahrverbot für den Betroffenen eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Insbesondere ist eine wesentliche Abweichung vom Regelfall nicht darin zu sehen, dass die Fahrt zur verkehrsarmen Nachtzeit mit einer den Grenzwert nicht erheblich übersteigenden BAK stattgefunden hat (zu vgl. Senatsbeschluss vom 18. 7. 1995 - 2 Ss OWi 480/95-, NZV 1995, S. 496).

Die Tatrichterin war sich auch bewusst, dass bei Vorliegen einer besonderen Härte oder bei Vorliegen einer Vielzahl von Nachteilen das Fahrverbot gegebenenfalls gegen Erhöhung der Geldbuße wegfallen kann.

Die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und deshalb die Verhängung eines Fahrverbots nicht erfordert, unterliegt in erster Linie der Würdigung des Tatrichters und ist vom Rechtsbeschwerdegericht im Zweifel "bis zur Grenzen des Vertretbaren" hinzunehmen (Senatsbeschluss vom 29.01.1998 - 2 Ss OWi 1527/97 -). Die Tatrichterin hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt, ob die Verhängung eines Fahrverbots eine existenzgefährdende Wirkung für den Betroffenen hat. Zu Recht führt sie aus, dass es dem Betroffenen zuzumuten ist, während der Dauer der Verbüßung des Fahrverbotes auf öffentliche Verkehrsmittel auszuweichen oder bei beruflichem Einsatz in ländlichen Gegenden einen Fahrer einzustellen. Die entstehenden Mehrkosten und Unbequemlichkeiten sind von dem Betroffenen als selbstverschuldet hinzunehmen (Senatsbeschluss vom 18.07.1995, a.a.O.). Wirtschaftliche Nachteile sind häufige Folge eines Fahrverbotes und rechtfertigen in der Regel keine Ausnahme (Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Auflg., § 25 Rdn. 15 a).

Im übrigen weist das Gericht zu Recht darauf hin, dass Härten durch die Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG, die dem Betroffenen zu Gute kommt, abgeschwächt werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Betroffene nicht darauf berufen, dass er keinen Fahrer kennt. Zu Recht weist das Amtsgericht darauf hin, dass er wirtschaftlich in der Lage ist, in Einzelfällen einen fremden Fahrer, den er gegebenenfalls bezahlen muß, zu beauftragen."

Diesen die ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere den bereits erwähnten Senatsbeschluss vom 18. 7. 1995 in ZAP EN-Nr. 977/95 = MDR 1995, 1254 = NZV 1995, 496 = VRS 90, 207) berücksichtigenden Ausführungen tritt der Senat bei. Ergänzend merkt er an:

Es ist aus Rechtsgründen insbesondere auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht zu den durch die Verweisung auf die öffentlichen Verkehrsmittel und die gegebenenfalls erforderliche Inanspruchnahme eines fremden Fahrers entstehenden Kosten keine näheren Feststellungen getroffen hat. Zwar hat der Senat das in der Vergangenheit teilweise gefordert (vgl. u.a. die Beschlüsse des Senats vom 20. November 1997 - 2 Ss OWi 1294/97 - in zfs 1998, 75, und vom 29. Januar 1998 - 2 Ss OWi 1527/98 - in ZAP EN-Nr. 200/98 = MDR 1998, 593 = VRS 95, 138). Dabei hat es sich jedoch jeweils um besondere Fallgestaltungen, wie z.B. ein bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretener Betroffener oder besonders hohe Kosten für einen in einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme stehenden Betroffenen, gehandelt. Eine besondere, damit vergleichbare Fallgestaltung ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Es handelt sich vielmehr um den "Normalfall" desjenigen Betroffenen, der durch die Verhängung eines Fahrverbots wirtschaftliche Nachteile erleidet, was er, weil selbstverschuldet, hinzunehmen hat (vgl. dazu aus der Rechtsprechung des Senats Beschlüsse vom 9. Juni 1995 in ZAP EN-Nr. 618/95 = DAR 1995, 374 = VRS 90, 146, vom 10. Juli 1995 - ZAP EN-Nr. 766/95 = VRS 90, 210, vom 1. April 1996 in ZAP EN-Nr. 492/96 = DAR 1996, 325 = VRS 92, 142). Hinzu kommt, dass die vom Amtsgericht festgestellten, verhältnismäßig guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen es diesem auch ermöglichen, die durch die Verhängung des Fahrverbot gegebenenfalls entstehenden wirtschaftlichen Nachteile zu tragen.

Das gilt nach der am 1. März 1998 erfolgten Einführung des § 25 Abs. 2 a StVG in besonderem Maße. Diese Vorschrift ist vom Gesetzgeber gerade auch geschaffen worden, um (wirtschaftliche) Nachteile, die einem Betroffenen durch die Verhängung eines Fahrverbots entstehen können, abzumildern. Dadurch dass der Betroffene den Zeitraum, in dem das Fahrverbot wirksam sein soll, in gewissen Grenzen frei bestimmen, er es also z.B. in seine Urlaubszeit legen kann, lassen sich Unannehmlichkeiten und/oder wirtschaftliche Nachteile in der Regel weitgehend vermeiden. Dies führt nach Auffassung des Senats dazu, dass bei der Frage, ob und inwieweit wirtschaftliche Nachteile bei der Prüfung der Angemessenheit und Vertretbarkeit eines Fahrverbots überhaupt (noch) von Belang sind, ein noch strengerer Maßstab als in der Vergangenheit anzulegen ist. Das gilt auch, wenn - wie vorliegend - ein längeres Fahrverbot festgesetzt wird. Denn dieses ist Folge des wiederholten Verstoßes des jeweiligen Betroffenen, der dadurch, dass er erneut in Erscheinung getreten ist, zeigt, dass die früher gegen ihn bereits angeordnete "Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme" des Fahrverbots keine ausreichende Wirkung gezeigt hat. Wenn er nun durch die Verhängung eines längeren Fahrverbots wirtschaftliche Nachteile erleidet, die gegebenenfalls durch die Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG nicht vollständig kompensierbar sind, muß er diese als Folge seines wiederholten Fehlverhaltens erst recht hinnehmen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.


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