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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 313/98 OLG Hamm

Leitsatz: Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeitserklärung eines spanischen Erkenntnisses .

Senat: 2

Gegenstand: Vollstreckungshilfesache

Stichworte: Vollstreckung eines spanischen Urteils, beiderseitige Sanktionierbarkeit, Gebot der Meistbegünstigung; Verfall einer Ersatzfreiheitsstrafe

Normen: IRG 48, IRG 57

Beschluss: Vollstreckungshilfesache gegen R.N. wegen Vollstreckung eines spanischen Erkenntnisses in der Bundesrepublik Deutschland
(hier: a) Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde, b) Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Essen, durch den die Vollstreckung des Urteils des Nationalen Gerichtshofs von Madrid vom 6. November 1998 in der Bundesrepublik Deutschland für zulässig erklärt worden ist).

Auf den Antrag des Verurteilten vom 9. März 1998 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der XII. großen Strafkammer des Landgerichts Essen als Strafvollstreckungskammer und auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 9. März 1998 gegen den Beschluss der XII. großen Strafkammer als Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 7. Februar 1997 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.05.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Dem Verurteilten wird auf seine Kosten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Essen vom 7. Februar 1997 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die sofortige Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Festsetzung der Bußgeldzahlung von 2.000.000 Peseten entfällt und statt dessen eine (Ersatz-)Freiheitsstrafe von 20 Tagen Freiheitsstrafe festgesetzt wird.

Der Verurteilte hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:
I. Der Verurteilte ist durch Urteil der 3. Strafkammer des Nationalen Gerichtshofs Madrid vom 6. November 1986 in dem Verfahren 20/85 wegen versuchten Vergehens des in Umlauf Setzens von falschen Banknoten in ausländischer Währung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie einer Bußgeldzahlung von 2 Mio. Peseten, ersatzweise 20 Tage Haft, verurteilt worden. Auf die Freiheitsstrafe wurde die bereits verbüßte Untersuchungshaft des Verurteilten von 744 Tagen angerechnet. Unter dem 16. Dezember 1988 wurde von den spanischen Behörden die Vollstreckung der im Urteil vom 6. November 1986 festgesetzten Haftstrafe angeordnet. Dabei gingen die Behörden davon aus, dass auf die zunächst zu vollstreckenden 1.480 Tage Freiheitsstrafe (4 Jahre x 365 Tage zuzüglich 20 Tage ersatzweise Haft) die verbüßten 744 Tage Untersuchungshaft anzurechnen waren, so dass noch 736 Tage Haft zu verbüßen waren. Diese konnten in Spanien nicht (mehr) vollstreckt werden, da sich der Verurteilte nicht mehr in Spanien aufhielt. Er hatte sich vielmehr inzwischen ins Ausland abgesetzt. Inzwischen verbüßt er seit längerem und noch länger in der Bundesrepublik Deutschland Strafhaft in anderer Sache.

Mit Schreiben vom 12. April 1996 hat der spanische Justizminister ersucht, die Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil vom 6. November 1986 in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstrecken. Das Landgericht Essen hat, nachdem der Verurteilte sich mit einer Vollstreckung der spanischen Strafe in der Bundesrepublik Deutschland nicht einverstanden erklärt hat, durch den angefochtenen Beschluss die Vollstreckung aus dem Urteil des Nationalen Gerichtshofs vom 6. November 1986 für zulässig erklärt.

Gegen diesen Beschluss wendet der Verurteilte sich mit seinem - verspäteten - Rechtsmittel. Er erhebt gegen die Vollstreckung der in Spanien erkannten Strafe in der Bundesrepublik Deutschland Einwendungen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

II.
1. Dem Verurteilten war auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. den §§ 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung der Beschwerdefrist beruht nämlich nicht auf seinem Verschulden.

2. Das somit zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die vom Landgericht angeordnete Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Nationalen Gerichtshofs in Madrid vom 6. November 1986 in der Bundesrepublik Deutschland ist zulässig. Die vom Verurteilten dagegen nunmehr mit der Beschwerde geltend gemachten Einwände greifen nicht durch.

a) Soweit der Verurteilte geltend macht, im spanischen Verfahren seien die rechtsstaatlichen Mindestgarantien deshalb nicht beachtet worden, weil er in der Verhandlung am 6. November 1986 nicht anwesend gewesen sei, kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen tatsächlich zutrifft und ob es sich - nach spanischem Recht - tatsächlich um ein sog. Abwesenheitsurteil handelt. Denn jedenfalls ist, wie sich aus dem Urteil vom 6. November 1986 ergibt (s. "I. Tatbestand") der Verurteilte im Ermittlungsverfahren gehört worden und war diese Anhörung Gegenstand auch der Urteilsfindung. Zudem ist der Verurteilte in der Hauptverhandlung u.a. von einem Rechtsanwalt vertreten worden. Damit ist ihm ausreichend rechtliche Gehör gewährt worden.

b) Der Betroffene kann auch mit seinem Vorbringen, das ausländische Erkenntnis treffe keinerlei eindeutige Feststellungen zur sicheren Identifizierung seiner Person, so dass gar nicht sicher feststehe, ob er tatsächlich an der Verhandlung in Spanien teilgenommen habe und dort rechtskräftig verurteilt worden sei, nicht gehört werden. Insoweit ist zunächst von Belang, dass das Urteil vom 6. November 1986 eindeutige und ausdrückliche Feststellungen zur Person des Verurteilten trifft, indem es den Geburtstag und Geburtsort, die Eltern, den letzten Wohnsitz, den Familienstand sowie das Nichtvorliegen von Vorstrafen in Spanien nennt. Dass an anderer Stelle ein "Alias-Name" genannt wird, ist demgegenüber ohne Bedeutung. Hinzu kommt nämlich, dass der Verurteilte zu dem Ersuchen der Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland Stellung genommen und diese abgelehnt hat. Dabei hat er keinerlei Angaben gemacht, die darauf schließen lassen könnten, dass er nicht der Angeklagte "N." in dem spanischen Verfahren gewesen sei. Schließlich ist der Vortrag des Verurteilten insoweit widersprüchlich: Der Verurteilte behauptet, die von dem spanischen Gericht verhängte Strafe in Spanien sei nach der Hälfte der Verbüßung zur Bewährung ausgesetzt worden. Ist dies aber der Fall, ist der Verurteilte auch als Angeklagter an dem spanischen Verfahren beteiligt gewesen und in Spanien verurteilt worden.

c) Auch der sog. Grundsatz der beiderseitigen Sanktionierbarkeit (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 IRG) ist gewahrt. Insoweit ist es ausreichend, wenn nach den im ausländischen Erkenntnis getroffenen Feststellungen die hypothetische Strafbarkeit nach deutschem Recht gegeben ist. Eine Nachprüfung des Schuldverdachts, ggf. mit lückenloser Beweisaufnahme, findet nicht statt (vgl. zu allem Schomburg/Lagodny, Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), 3. Aufl., § 49 IRG Rn. 8 ff.). § 10 Abs. 2 IRG gilt insoweit nicht (Schomburg/Lagodny, a.a.O., § 49 Rn. 15). Danach steht hier außer Zweifel, dass der in dem spanischen Erkenntnis festgestellte Sachverhalt eine hypothetische Strafbarkeit nach der deutschen Strafnorm des § 147 Abs. 2 StGB ergibt.

d) Schließlich verstößt die angefochtene Entscheidung auch nicht gegen das Gebot der Meistbegünstigung des § 57 IRG, das der Verurteilte dadurch verletzt sieht, dass ihm die Hälfte der in Spanien erkannten Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden sein soll. Denn nach der vom Senat dazu eingeholten Auskunft der spanischen Behörden ist das nicht der Fall. In der Auskunft vom 15. Februar 1999 heißt es dazu eindeutig, dass der "Erlass eines Teils der Strafe nicht gewährt" wurde. Welche Umstände sonst zur "Unterbrechung" der Untersuchungshaft geführt haben - "Ausbruch" oder ggf. auch ordnungsgemäße Entlassung aus der Untersuchungshaft - sind ohne Belang, da sie das Gebot der Meistbegünstigung nicht berühren. Der Senat hatte auch keinen Anlass, eine nochmalige Übersetzung der Auskunft vom 15. Februar 1999 zu veranlassen, und zwar vom Spanischen direkt ins Deutsche. Denn die hier entscheidungserheblichen Passagen sind von dem Übersetzer nicht mit einem Vorbehalt versehen.

III. Nach allem ist somit grundsätzlich zutreffend die Vollstreckung des spanischen Urteils vom 6. November 1986 in der Bundesrepublik Deutschland für zulässig erklärt worden. Das Rechtsmittel hatte allerdings insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluss ausdrücklich auch die im spanischen Erkenntnis festgesetzte Bußgeldzahlung "von 2.000.000 Peseten (ersatzweise 20 Tage Haft" für vollstreckbar erklärt hat. Dahinstehen kann inwieweit dies nach § 54 Abs. 2 IRG überhaupt zulässig war. Jedenfalls übersieht der angefochtene Beschluss, dass das spanische Ersuchen davon ausgeht, dass die Geldbuße nicht gezahlt und deshalb die von dem spanischen Gericht angeordneten "ersatzweise 20 Tage Haft" verfallen sind. Dem entspricht auch die Berechnung der nach der Anrechnung der Untersuchungshaft noch verbleibenden Reststrafe. Damit musste die angeordnete Vollstreckung der Bußgeldzahlung von 2 Mio. Peseten entfallen. Vielmehr war - entsprechend einer verständigen Auslegung des spanischen Ersuchens - die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4, 7 StPO.


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