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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 130/99 OLG Hamm

Leitsatz: Eine nur kurze Begründung der von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Sperrfristentscheidung wird dann nicht ausreichen, wenn die Sperrfrist in etwa noch der verbleibenden Reststrafzeit entspricht. Vielmehr wird in diesen Fällen eine eingehende Begründung der getroffenen Entscheidung erforderlich sein (Abgrenzung Senat, NStZ-RR 1999, 285).

Gericht: OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand:

Stichworte: Bedingte Entlassung, Begründung der Sperrfristentscheidung, Sperre für neuen Antrag auf bedingte Entlassung

Normen: StGB 57

Fundstelle: NStZ-RR 1999, 286

Beschluss: Strafsache gegen A.S. wegen Körperverletzung u.a. (hier: Sofortige

Beschwerde gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung nach Verbüßung von 2/3 der erkannten Strafe).

Auf die sofortigen Beschwerde des Verurteilten vom 13. April 1999 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 25. März 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.04.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten mit der Maßgabe verworfen, dass die angeordnete Sperrfrist entfällt.

Gründe:
I. Der Verurteilte ist durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. November 1998 wegen Körperverletzung in fünf Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Unter Anrechnung von Untersuchungshaft hatte der Verurteilten 2/3 der Strafe am 15. April 1999 verbüßt, Strafende ist am 15. Oktober 1999. Die Strafvollstreckungskammer hat durch den angefochtenen Beschluss die Entlassung des Verurteilten nach 2/3 der erkannten Strafe abgelehnt und außerdem gem. § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet. Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde zu verwerfen.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat jedoch nur hinsichtlich der angeordneten Sperrfrist Erfolg. Diese entfällt.

Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft nach Verbüßung von 2/3 der erkannten Strafe abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 StGB liegen nämlich nicht vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Insbesondere die erheblichen Vorbelastungen und die ungeklärte Entlassungssituation stehen - auch nach Auffassung des Senats - derzeit einer positiven Prognose entgegen.

Die sofortige Beschwerde hat jedoch insoweit Erfolg, als die Strafvollstreckungskammer für einen neuen Entlassungsantrag des Verurteilten gem. § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet hat.

Der Senat hat durch Beschluss vom heutigen Tag in 2 Ws 118/99 bereits ausgeführt, dass die Festsetzung einer Sperrfrist für einen neuen Antrag auf Vollstreckungsaussetzung nach dem Gesetzeswortlaut des § 57 Abs. 6 StGB - "kann" - im Ermessen der Strafvollstreckungskammer steht. Wegen der von der Strafvollstreckungskammer bei ihrer Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Umstände wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf diesen Beschluss Bezug genommen.

Danach kann auch hier die von der Strafvollstreckungskammer - offenbar ebenfalls formelhaft getroffene - Sperrfristentscheidung keinen Bestand haben. Es ist ebenfalls nicht erkennbar, warum gegen den Verurteilten, der erstmals die Aussetzung des noch verbleibenden Strafrestes beantragt hat, sofort die Höchstfrist von sechs Monaten festgesetzt worden ist. Dies begegnet insbesondere deshalb erheblichen Bedenken, weil der Verurteilte nur noch bis zum 15. Oktober 1999 Strafe verbüßen muß und er somit - wenn die Sperrfrist Bestand hätte - erst rund drei Wochen vor Ende der Strafzeit einen neuen Aussetzungsantrag stellen könnte. Damit kommt die Sperrfristentscheidung praktisch der Anordnung von Endstrafe gleich.

Insbesondere zu beanstanden ist im übrigen auch, dass die Strafvollstreckungskammer ihre Sperrfristentscheidung - ebenso wie im Verfahren 2 Ws 118/99 - mit keinem Wort begründet hat, was möglicherweise auch hier darauf zurückzuführen ist, dass zur Abfassung des Ablehnungsbeschlusses weitgehend nur ein Formular verwendet worden ist. Die Sperrfristentscheidung bedarf jedoch, wie der Senat in 2 Ws 118/99 bereits dargelegt hat, einer Begründung. Diese wird in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Sperrfrist in etwa der noch verbleibenden Reststrafzeit entspricht, sich auch nicht nur wie sonst (siehe dazu Beschluss in 2 Ws 118/99) in einer nur kurzen Begründung erschöpfen können. Vielmehr wird gerade der Umstand, dass mit dieser Sperrfrist praktisch der vollständige Vollzug der Strafe angeordnet wird, in der Regel eine eingehende Begründung der getroffenen Entscheidung erfordern.

Der Senat hat davon abgesehen, die Sache zur Festsetzung einer neuen Sperrfrist an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen, sondern hat insoweit selbst entschieden. Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der nur noch verbleibenden Reststrafzeit von gerade sechs Monaten, erschien dem Senat eine Sperrfrist nicht mehr angemessen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4 StPO.


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