Aktenzeichen: 2 Ws 118/99 OLG Hamm
Leitsatz: Die Entscheidung über die Anordnung einer Sperrfrist gem. § 57 Abs. 6 StGB bedarf einer Begründung. Zwar wird i.d.R. keine ausführliche Begründung erforderlich sein. Es müssen jedoch zumindest die tragenden Gründe der getroffenen Entscheidung dargelegt werden.
Senat: 2
Gegenstand: sofortige Beschwerde
Stichworte: Bedingte Entlassung, Begründung der Sperrfristentscheidung, Sperre für neuen Antrag auf bedingte Entlassung
Normen: StGB 57
Fundstelle: NStZ-RR 1999, 285; Rpfleger 1999, 411
Beschluss: Strafsache gegen T.S. wegen Diebstahls u.a. (hier: Sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung nach Verbüßung von 2/3der erkannten Strafe).
Auf die sofortigen Beschwerde des Verurteilten vom 19. März 1999 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 19. Februar 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.04.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten mit der Maßgabe verworfen, dass die angeordnete Sperrfrist entfällt.
G r ü n d e:
I. Der Verurteilte ist durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 20. März 1997 wegen Diebstahls geringfügiger Sachen in 53 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden. 2/3 der Strafe waren am 25. Februar 1999 verbüßt, Strafende ist am 26. Februar 2000. Die Strafvollstreckungskammer hat durch den angefochtenen Beschluss die Entlassung des Verurteilten nach 2/3 der erkannten Strafe abgelehnt und außerdem gem. § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet. Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde zu verwerfen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat jedoch nur hinsichtlich der angeordneten Sperrfrist Erfolg. Diese entfällt.
Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft nach Verbüßung von 2/3 der erkannten Strafe abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 StGB liegen nämlich nicht vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, die durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt werden. Insbesondere das noch nicht abgeschlossene Verfahren beim LG Essen und die offenbar nach wie vor bestehende Drogenproblematik stehen - auch nach Auffassung des Senats - einer positiven Prognose entgegen.
Die sofortige Beschwerde hat jedoch insoweit Erfolg, als die Strafvollstreckungskammer für einen neuen Entlassungsantrag des Verurteilten gem. § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet hat.
Die Festsetzung einer Sperrfrist für einen neuen Antrag auf Vollstreckungsaussetzung steht nach dem Gesetzeswortlaut des § 57 Abs. 6 StGB - "kann" - im Ermessen der Strafvollstreckungskammer. Bei ihrer Ermessensentscheidung hat die Strafvollstreckungskammer neben Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auch die Belange des Verurteilten, der während des Laufs der festgesetzten Sperrfrist grundsätzlich keinen neuen Aussetzungsantrag stellen kann, zu berücksichtigen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, der Strafvollstreckungskammer durch die Festsetzung einer Sperrfrist die Möglichkeit zu geben, nutzlose und die Arbeit der Strafvollstreckungskammer belastende Wiederholungsanträge zu verhindern, um so auch nach Ablehnung einer Strafaussetzung den weiteren ungestörten und kontinuierlichen Vollzug der Strafe zu gewährleisten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 57 StGB Rn. 16 mit weiteren Nachweisen; OLG Düsseldorf MDR 1983, 247). Dabei darf eine Frist - im Interesse des Verurteilten - aber nur für die Zeit festgesetzt werden, in der eine günstige Veränderung der Täterprognose nicht zu erwarten ist (OLG Stuttgart Justiz 1976, 212; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Auch ist nach Auffassung des Senats bei der Bemessung der Länge der Sperrfrist die noch verbleibende Strafzeit angemessen zu berücksichtigen.
Diesen Anforderungen wird die Sperrfristentscheidung der Strafvollstreckungskammer nicht gerecht. Es ist nicht erkennbar, warum gegen den Verurteilten, der erstmals die Aussetzung des noch verbleibenden Strafrestes beantragt hat, sofort die Höchstfrist von sechs Monaten festgesetzt worden ist. Dies begegnet insbesondere deshalb Bedenken, weil der Verurteilte nur noch bis zum 26. Februar 2000 Strafe verbüßen muß und er somit - wenn die Sperrfrist Bestand hätte - erst rund sechs Monate vor Ende der Strafzeit einen neuen Aussetzungsantrag stellen könnte. Dies erscheint angesichts der bis dahin erfolgten Gesamtverbüßung nicht angemessen. Die getroffene Sperrfristentscheidung berücksichtigt im übrigen auch nicht die von der Strafvollstreckungskammer im Beschluss selbst gesehenen deutlichen Besserungen im Vollzugs- und sonstigen Verhalten, die eine günstige Veränderung der Täterprognose vor Ablauf der sechs-monatigen Sperrfrist zumindest möglich erscheinen lassen. Auch insoweit erscheint die Festsetzung der Höchstfrist daher bedenklich.
Zu beanstanden ist im übrigen auch, dass die Strafvollstreckungskammer ihre Sperrfristentscheidung mit keinem Wort begründet hat, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass zur Abfassung des Ablehnungsbeschlusses weitgehend nur ein Formular verwendet worden ist. Die Sperrfristentscheidung bedarf jedoch einer Begründung, § 34 StPO gilt auch für diese Teilentscheidung. Zwar wird in der Regel keine ausführliche Begründung erforderlich sein. Die aus der Anordnung einer Sperrfrist sich für den Verurteilten ergebenden weitreichenden Folgen - weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe - erfordern jedoch eine zumindest kurze Begründung, die zumindest die tragenden Gründe der getroffenen Entscheidung enthalten sollte. Anderenfalls ist das Beschwerdegericht, das - anders als die Strafvollstreckungskammer aufgrund der Anhörung des Verurteilten - von diesem keinen persönlichen Eindruck hat, auch nicht in der Lage, die ordnungsgemäße Ausübung des der Strafvollstreckungskammer insoweit eingeräumten Ermessens zu überprüfen.
Der Senat hat davon abgesehen, die Sache zur Festsetzung einer neuen Sperrfrist an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen, sondern hat insoweit selbst entschieden. Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Reststrafzeit, der seit Erlass des angefochtenen Beschlusses verstrichenen Zeit, der sich möglicherweise abzeichnenden Besserung der Prognose des Verurteilten sowie des Umstands, dass erstmalig über eine Reststrafenaussetzung zu entscheiden war, erschien dem Senat eine Sperrfrist nicht angemessen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4 StPO.
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