Aktenzeichen: 2 Ws 362/99 OLG
Hamm
Leitsatz: Der Darlegung der Einhaltung der
zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO ist dann
Genüge getan, wenn sich die Einhaltung der Beschwerdefrist entweder ohne
Mühe durch einen einfachen Blick in beigefügte Anlagen ergibt oder
mit der Antragschrift mitgeteilt wird, dass die Beschwerde so frühzeitig
nach Eingang des Einstellungsbescheides eingelegt worden ist, dass sich die
Einhaltung der Frist aufdrängt.
Senat: 2
Gegenstand:
Klageerzwingungsverfahren
Stichworte: Beschwerdefrist,
Blick in Anlagen, Klageerzwingungsverfahren, Bezugnahme, Einhaltung der Frist;
gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
Normen: StPO 172 Abs. 1; StPO 175
Beschluss: Ermittlungsverfahren
(Klageerzwingungsverfahren) gegen W.W., wegen gefährlichen Eingriffs in
den Straßenverkehr u.a., (hier: Antrag auf gerichtliche Entscheidung
gemäß § 172 Abs. 2 S. 1 StPO), Antragsteller: B.W..
Auf den Antrag des Antragstellers vom 21.12.1999 auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 24. 11. 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.02.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts und des Beschuldigten beschlossen:
1. Die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten wird angeordnet (§ 175 StPO).
2. Die Durchführung dieses Beschlusses nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe obliegt der Staatsanwaltschaft Bochum.
Gründe: I. Der Zeuge und jetzige Antragsteller W. hat gegen
den Beschuldigten mit Datum vom 17.10.1998 Strafanzeige wegen gefährlichen
Eingriffs in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung erstattet und
zugleich Strafantrag gestellt. Danach soll sich der Beschuldigte, wie nunmehr
auch mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorgetragen, wegen folgenden
Sachverhalts strafbar gemacht haben:
Der Antragsteller habe am 17.10.1998
die BAB 43 in Fahrtrichtung Bochum befahren, nachdem er zuvor, gegen
09.15 Uhr, von Sprockhövel kommend an der Anschlussstelle Nr. 22
auf den rechten Fahrstreifen der BAB 43 aufgefahren sei. Als er kurz darauf die
linke Fahrspur benutzt habe, habe er im Rückspiegel ein Fahrzeug in
schneller Fahrt heranfahren sehen. Dessen Fahrer - im Folgenden als
Beschuldigter bezeichnet, der zwar ein strafbares Verhalten in Abrede stellt,
das Zusammentreffen mit dem Antragsteller am fraglichen Ort und zur fraglichen
Zeit jedoch nicht bestreitet - sei unter ständigem Betätigen der
Lichthupe bei einer Geschwindigkeit von ca. 160 bis 180 km/h unmittelbar
auf das Fahrzeug des Antragstellers aufgefahren, so dass schließlich die
Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs nicht mehr im Rückspiegel
erkennbar gewesen seien. Obwohl zu diesem Zeitpunkt starker Verkehr auf der BAB
43 geherrscht habe und dem Antragsteller ein Fahrspurwechsel erkennbar nicht
möglich gewesen sei, habe der Beschuldigte weiterhin ständig die
Lichthupe betätigt. Nachdem der Antragsteller im weiteren Verlauf mit
seinem Fahrzeug auf die rechte Spur habe wechseln können, sei der
Beschuldigte durch ein anderes Fahrzeug auf der linken Spur aufgehalten worden,
das, ebenfalls vom Beschuldigten bedrängt, abgebremst worden sei, so dass
der Antragsteller rechts habe vorbeifahren und dem Beschuldigten "entrinnen"
können. In Bochum-Querenburg, Abfahrt Universitätsstraße, habe
der Antragsteller die Autobahn verlassen. Noch innerhalb der Abfahrt auf der
Parallelfahrspur sei er plötzlich von dem Beschuldigten überholt
worden, der sich sodann vor das Fahrzeug des Antragstellers gesetzt und
gleichzeitig stark abgebremst habe. Um ein Auffahren zu vermeiden, habe der
Antragsteller ebenfalls stark abbremsen müssen und sein Fahrzeug knapp
hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten anhalten können. Dieser sei sodann
ausgestiegen und habe in aggressiver Form an die Seitenscheibe des Fahrzeugs
des Antragstellers geschlagen, der sofort seine Fahrertür verriegelt habe.
Daraufhin habe der Beschuldigte, der einen zunehmend aggressiven Eindruck
gemacht habe, zunächst auf die Frontscheibe eingeschlagen und sodann das
Glas des rechten Scheinwerfers am Fahrzeug des Antragstellers eingetreten. Der
Antragsteller habe deutlich das Zersplittern des Glases hören können.
Nachdem der Beschuldigte schließlich noch seinen Kofferraum geöffnet
und darin - offenbar erfolglos - nach etwas gesucht habe, sei er davongefahren.
Ausweislich des Akteninhalts erstattete der Antragsteller am selben Tage um
09.50 Uhr auf der Polizeiwache in Bochum-Querenburg Strafanzeige wegen
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und
Sachbeschädigung und stellte Strafantrag. Der aufnehmende Polizeibeamte,
der Zeuge PK G., hat in der Strafanzeige einen Sachschaden mit einer
Schadenssumme in Höhe von 200,- DM vermerkt (Bl. 1 d.A.). Aufgrund des vom
Antragsteller abgelesenen Kennzeichens XXXX wurde als Halter des fraglichen
Fahrzeugs der Beschuldigte W. ermittelt. Mit Schreiben seines
Bevollmächtigten vom 22.10.1998 hat der Antragsteller eine
Reparaturrechnung vom 19.10.1998 in Ablichtung überreicht, die an den
Antragsteller adressiert ist und das Auswechseln eines Scheinwerfers samt Lampe
mit einer Rechnungssumme in Höhe von 498,89 DM ausweist (Bl. 7 d.A.).
Der Beschuldigte hat sich durch Schriftsatz seines Verteidigers vom
06.01.1999 im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
Auf der Autobahn bei
Gevelsberg habe der Antragsteller seinen Audi kurz vor dem Fahrzeug des
Beschuldigten von der rechten auf die linke Fahrspur gezogen und ihn, den
Beschuldigten, so zu einer Vollbremsung gezwungen, um einen Auffahrunfall zu
vermeiden. Als Reaktion auf dieses Fehlverhalten habe der Beschuldigte zwei bis
dreimal die Lichthupe betätigt. Einige Zeit später habe der
Beschuldigte das Fahrzeug des Antragstellers normal überholt. Danach habe
der Antragsteller den Beschuldigten verfolgt; der Audi habe förmlich am
Mazda "geklebt". In Bochum-Querenburg habe der Beschuldigte die Autobahn
verlassen wollen. Unter Setzen des Blinkers sei er rechts herangefahren, um
sich die Nummer des Audi zu notieren. Block und Stift hätten sich
nämlich im Kofferraum des Mazda befunden. Obwohl er problemlos an dem
Mazda habe vorbeifahren können, habe der Antragsteller ebenfalls gehalten.
Aus diesem Grund sei der Beschuldigte zu dem Audi gegangen und habe mit dem
Finger an dessen Scheibe geklopft. Der Antragsteller habe diese eine Handbreit
heruntergekurbelt. Auf die Frage des Beschuldigten, was das aggressive
Fahrverhalten solle, habe der Antragsteller nur gegrinst. Nun sei der
Beschuldigte zum Kofferraum gegangen, um Block und Stift zu holen. Da er diese
Schreibutensilien nicht habe finden können und seine Beifahrerin, die
Zeugin G., geäußert habe, eine Strafanzeige würde doch nichts
bringen, habe er den Kofferraum geschlossen und die Fahrt fortgesetzt. Von
einer Anzeige habe er abgesehen. Für die Beschädigung des
Scheinwerfers sei er nicht verantwortlich. Er könne sich lediglich
vorstellen, dass der Antragsteller seiner, des Beschuldigten, Strafanzeige habe
zuvorkommen wollen. Offenbar deshalb habe er eine Geschichte erfunden. Die
Zeugin L.G., Beifahrerin im Fahrzeug des Beschuldigten zur Vorfallszeit, hat
anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 05.02.1999 die Angaben
des Beschuldigten bestätigt (Bl. 25 ff. d.A.).
Mit Verfügung vom
25.03.1999 hat die Staatsanwaltschaft Bochum das Ermittlungsverfahren
gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, letztlich stünden die Angaben des
Antragstellers gegen die des Beschuldigten und der Zeugin G.. Eindeutige
Anhaltspunkte dafür, der einen oder anderen Aussage ein höheres
Gewicht beizumessen, seien nicht erkennbar. Die Sachverhaltsschilderung des
Antragstellers werfe im Übrigen Fragen auf. So sei die Angabe, der
Beschuldigte habe erst den Scheinwerfer des Fahrzeugs des Antragstellers
eingetreten und danach im Kofferraum seines Fahrzeugs nach einem Gegenstand
gesucht, zweifelhaft.
Die gegen den Einstellungsbescheid erhobene
Beschwerde des Antragstellers vom 15.04.1999 ist durch Bescheid des
Generalstaatsanwalts in Hamm vom 24.11.1999 als unbegründet
zurückgewiesen worden.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom
21.12.1999 hat der Antragsteller gegen den ablehnenden Bescheid des
Generalstaatsanwalts gerichtliche Entscheidung beantragt.
Der
Generalstaatsanwalt hat beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen.
Der Beschuldigte, der gemäß § 173 Abs. 2 StPO angehört
worden ist, hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2000 zum
Klageerzwingungsantrag Stellung genommen und sich im Ergebnis den
Ausführungen des Generalstaatsanwalts angeschlossen.
II. Der
fristgerecht angebrachte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist
zulässig. Er entspricht den Zulässigkeitserfordernissen des §
172 Abs. 3 StPO. Danach muss ein Klageerzwingungsantrag eine aus sich heraus
verständliche und vollständige Darstellung des dem
Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts unter Angabe der
Beweismittel, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen
sollen, enthalten. Die Sachdarstellung muss ferner den Gang des
Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die
Gründe für deren angebliche Unrichtigkeit im Wesentlichen umfassen.
Schließlich muss dem Antrag zu entnehmen sein, dass die Beschwerdefristen
des § 172 Abs. 1 und 2 StPO eingehalten sind (vgl. zu allem
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 172 Rdnr. 27 - 31
m.w.N.).
Diesen Erfordernissen wird der vorliegende Antrag gerecht. Soweit
der Generalstaatsanwalt ausführt, die Einhaltung der zweiwöchigen
Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO sei nicht hinreichend deutlich
dargelegt, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Zwar sollte
grundsätzlich, schon aus Gründen der Klarheit und Sicherheit, in der
Antragsschrift das Datum der Zustellung des staatsanwaltschaftlichen
Einstellungsbescheids, das Datum der Postaufgabe des Beschwerdeschreibens und
ggf. - nach Akteneinsicht - das Datum des Eingangs der Beschwerde bei der
Staatsanwaltschaft mitgeteilt werden. Ergibt sich die Einhaltung der
Beschwerdefrist jedoch entweder ohne Mühe durch einen einfachen Blick in
beigefügte Anlagen oder wird mit der Antragsschrift mitgeteilt, dass die
Beschwerde so frühzeitig nach Eingang des Einstellungsbescheides eingelegt
worden ist, dass sich die Einhaltung der Frist aufdrängt, ist damit nach
der ständigen Rechtsprechung des Senats der Darlegungspflicht Genüge
getan (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche
Ermittlungsverfahren, 2. Aufl., Rdnr. 492 b mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss
vom 05.10.1996 - 2 BvR 502/96 - n.v.).
So verhält es sich vorliegend.
Die Antragsschrift teilt mit, der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft
Bochum vom 25. 3. 1999 sei den Bevollmächtigten des Antragstellers
unter dem 6. April 1999 zugestellt worden. Gegen den Einstellungsbescheid habe
der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 15. April 1999
Beschwerde erhoben. Da anwaltliche Schriftsätze regelmäßig
zeitnah zur Post gegeben werden, üblicherweise spätestens einen Tag
nach Diktat, ist davon auszugehen, dass das mehrere Tage vor Ablauf der
Beschwerdefrist datierte Beschwerdeschreiben rechtzeitig bei dem
Generalstaatsanwalt in Hamm eingegangen ist.
Soweit nach Auffassung des
Generalstaatsanwalts der vorliegende Antrag gemäß § 172 Abs. 2
S. 3 StPO i.V.m. § 374 Abs. 1 Nr. 6 StPO deswegen unzulässig sein
soll, weil ausschließlich der Vorwurf der Sachbeschädigung, eines
Privatklagedelikts, erhoben worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das
Verfahren ganz offensichtlich über den Vorwurf der Sachbeschädigung
hinaus die Offizialdelikte der Nötigung und des gefährlichen
Eingriffs in den Straßenverkehr zum Gegenstand hat. Das
Klageerzwingungsverfahren ist damit für alle in Frage stehenden Straftaten
zulässig (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 172
Rdnr. 2 m.w.N.).
III. Der somit zulässige Antrag ist auch
begründet. Nach Auffassung des Senats spricht bei verständiger
Würdigung des Beweisergebnisses eine wesentlich höhere
Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des vom Antragsteller geschilderten
Sachverhalts, so dass i.S.d. nach § 170 Abs. 1 StPO zu treffenden
Wahrscheinlichkeitsprognose genügender Anlass zur Erhebung der
öffentlichen Klage zu bejahen ist.
Letztlich sind dafür folgende
Erwägungen maßgebend: Soweit der Beschuldigte bestreitet, das
Scheinwerferglas am Fahrzeug des Antragstellers eingetreten zu haben, begegnet
diese Einlassung durchgreifenden Bedenken. Es ist nach Auffassung des Senat
kaum vorstellbar, dass der Antragsteller das Scheinwerferglas selbst
zerstört hat, offenbar, wie der Beschuldigte andeutet, um seine, des
Antragstellers, Glaubwürdigkeit zu erhöhen, dabei aber gleichzeitig
das Risiko in Kauf nimmt, den Schaden letztlich selbst tragen zu müssen.
Eine andere Schadensursache aber scheidet mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.
Wegen der Kürze der Zeitspanne zwischen Vorfall (laut Anzeige ab 09.15 Uhr
- vom Beschuldigten nicht bestritten) und Anzeigenaufnahme um 09.50 Uhr ist ein
weiteres Ereignis, bei dem das Scheinwerferglas unfallbedingt zerstört
worden sein könnte, aus zeitlichen Gründen nahezu ausgeschlossen,
zumal der Antragsteller noch eine gewisse Wegstrecke zur Polizei
zurückzulegen hatte. Im Übrigen hätte der die Anzeige
aufnehmende Polizeibeamte, der Zeuge Gerbet, einen über das zerstörte
Scheinwerferglas hinausgehenden Unfallschaden zweifelsohne vermerkt. Dass das
Scheinwerferglas tatsächlich zerstört worden ist, lässt sich dem
Zusammenhang des Anzeigetextes ohne weiteres entnehmen, da der Polizeibeamte
zusätzlich zum Anzeigetext einen damit korrespondierenden Sachschaden in
Höhe von 200,- DM vermerkt hat (vgl. Bl. 1 d.A.). Die Auffassung des
Generalstaatsanwalts, der aufnehmende Beamte habe seine Beobachtung von der
Beschädigung des Scheinwerfers nicht aktenkundig gemacht, ist daher nicht
zutreffend. Sollte die Strafverfolgungsbehörde die Beschädigung des
Scheinwerferglases trotz des polizeilich vermerkten Sachschadens in Höhe
von 200,- DM, bei dem es sich nach Auffassung des Senats nur um den
Schaden am Scheinwerfer gehandelt haben kann, anzweifeln bzw. angezweifelt
haben, hätte es nahegelegen, entsprechende Ermittlungen
durchzuführen.
Die Bedenken des Generalstaatsanwalts, laut Angaben des
Antragstellers sei nur das Scheinwerferglas zerstört worden, laut
eingereichter Rechnung sei jedoch der gesamte Scheinwerfer einschließlich
Glühlampe erneuert worden, vermag der Senat nicht zu teilen. Zum einen ist
es heute tatsächlich nicht unüblich, wie der Bevollmächtigte des
Antragstellers vorträgt, ganze Bauteile auszuwechseln, zum anderen
hätte auch insoweit, falls der Sachverhalt für die
Strafverfolgungsbehörde unklar gewesen sein sollte, ergänzende
Ermittlungen zur Aufklärung beitragen können.
Da nach allem der
Schaden am Scheinwerferglas als solcher feststeht und sowohl der Antragsteller
als auch ein Unfallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit als Verursacher
ausscheiden, ist nach Auffassung des Senats der detaillierten und
schlüssigen Schilderung des Antragstellers zu folgen, wonach der
Beschuldigte das Scheinwerferglas eingetreten hat. Darüber hinaus ist die
Einlassung des Beschuldigten auch in einem weiteren wesentlichen Punkt wenig
glaubhaft.
Es widerspräche jeder Lebenserfahrung, dass der
Antragsteller, nachdem er angeblich, wie vom Beschuldigten behauptet, grob
verkehrswidrig gefahren und beinahe einen Unfall verursacht hatte, im weiteren
Verlauf freiwillig hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten angehalten haben
sollte, um sich so der Gefahr einer Identifizierung und späteren Anzeige
auszusetzen. Die Angaben des Beschuldigten als richtig unterstellt, hätte
für den angeblich allein verkehrswidrig fahrenden Antragsteller nichts
näher gelegen, als dem Beschuldigten auszuweichen, damit dieser
möglichst keine Gelegenheit erhielt, das Kennzeichen des Fahrzeugs des
Anzeigeerstatters zu notieren. Dass im Ergebnis das Fahrzeug des
Anzeigeerstatters unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten gestanden
hat - insoweit stimmen die Angaben aller Beteiligter überein - lässt
sich nur so erklären, dass der Anzeigeerstatter tatsächlich durch ein
Bremsmanöver des Beschuldigten seinerseits zu einer Vollbremsung gezwungen
worden ist, um ein Auffahren zu verhindern.
Die Einlassung des
Beschuldigten ist daher in zwei sehr wesentlichen Punkten als Schutzbehauptung
anzusehen, so dass davon auszugehen ist, dass die in sich widerspruchsfreien
und schlüssigen Angaben des Antragstellers zutreffen. Der Senat
übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass die Zeugin Gedanitz die
Sachverhaltsdarstellung des Beschuldigten in allen Punkten bestätigt hat.
Zum einen gelten jedoch die aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der
Richtigkeit der Sachverhaltsschilderung durch den Beschuldigten auch für
gleichlautenden Angaben der Zeugin; zum anderen fällt auf, dass die Zeugin
in ihrer dreieinhalb Monate nach dem fraglichen Vorfall durchgeführten
Vernehmung gleich zu Beginn das Kennzeichen des Fahrzeugs des Antragstellers
zutreffend angibt, obwohl weder die Beschuldigte noch die Zeugin seinerzeit in
Ermangelung von Schreibutensilien das Kennzeichen notieren konnten. Insoweit
liegt die Vermutung nicht ganz fern, dass sich die Zeugin, bei der es sich im
Übrigen ausweislich der identischen Anschrift offenbar um die
Lebensgefährtin des Beschuldigten handelt, dank der dem Verteidiger des
Beschuldigten gewährten Akteneinsicht auf die Vernehmung vorbereitet hat.
Im Ergebnis hält der Senat daher die Angaben der Zeugin G. für
eine unglaubhafte Gefälligkeitsaussage.
Ausgehend von der
Sachverhaltsschilderung durch den Antragsteller ist das Verhalten des
Beschuldigten in rechtlicher Hinsicht zum einen als vollendete Nötigung zu
werten. Das dichte Auffahren auf das Fahrzeug des Antragstellers unter
ständigem Betätigen der Lichthupe über eine nicht nur kurze
Zeitspanne, das den Antragsteller schließlich dazu veranlasst hat, vom
linken auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln, erfüllt den Tatbestand
des § 240 StGB (vgl. BGHSt 19, 263; OLG Köln VRS 67, 224;
Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., Rdnr. 16 zu § 4
StVO m.w.N.). Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe sind
nicht ersichtlich. Das Eintreten des Scheinwerferglases ist eine
Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB. Der gemäß
§ 303 c StGB erforderliche Strafantrag ist gestellt, Bl. 3 d.A. Das
Ausbremsen des Antragstellers ist als vollendete Nötigung in Tateinheit
mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr in Form des
Hindernisbereitens gemäß §§ 240, 315 b Abs. 1 Nr. 2,
52 StGB anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, VRS 73, 41; Tröndle/Fischer,
StGB, 49. Aufl., § 315 b Rdnr. 5 a m.w.N.).
Die drei Tatkomplexe
stehen zueinander in Realkonkurrenz, § 53 StGB.
Wegen dieser
Taten war gemäß § 175 StPO die Erhebung der öffentlichen
Klage nach Maßgabe dieses Beschlusses zu beschließen. Die
Durchführung dieses Beschlusses, dem der gemäß § 200 StPO
wesentliche Inhalt der Anklageschrift zu entnehmen ist, obliegt der StA Bochum,
die den Beschuldigten auf der Grundlage des vom Senat angenommenen Sachverhalts
unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung anzuklagen haben wird
(vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 2 u. 3). Die Auswahl des
zuständigen Gerichts obliegt der Staatsanwaltschaft (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 3).
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