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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 11/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Ist die Einschätzung des Vorsitzenden darüber, ob ein Verfahren nach § 99 BRAGO besonders schwierig ist, nicht nachvollziehbar, kommt ein Anschluss an die Einschätzung des Vorsitzenden trotz dessen Sachnähe nicht in Betracht.

Senat: 2

Gegenstand: Pauschvergütung

Stichworte: Sachnähe des Vorsitzenden; besonders umfangreiche Sache; Dauer der Hauptverhandlung; besonders schwierige Sache

Normen: BRAGO 99StPO 172, StPO 304, StPO 406 g, StPO 397 a

Fundstelle:
Beschluss: Strafsache gegenM.A. wegen fahrlässiger Tötung pp., (hier: Pauschvergütung für

den bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO).
Auf den Antrag des Rechtsanwalts K. aus G. vom 29.10.1999 in Verbindung mit seinem Schreiben vom 08.11.1999 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Pflichtverteidigung des früheren Angeklagten A. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe: Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit als bestellter Verteidiger des früheren Angeklagten eine Pauschvergütung, deren Höhe er mit insgesamt 900,- DM beziffert hat. Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 9. 2. 2000 ausführlich Stellung genommen und die Tätigkeit des Antragstellers, die zugrunde liegenden Daten sowie die dem Antragsteller zustehenden gesetzlichen Gebühren zutreffend dargelegt. Insoweit wird daher auf die dem Antragsteller bekannte Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse Bezug genommen.

Abweichend von dieser Stellungnahme hält der Senat das Verfahren bei der gebotenen Gesamtschau jedoch nicht schon für besonders schwierig i.S.d. § 99 Abs. 1 BRAGO. Insoweit vermag der Senat auch der Ansicht der Jugendrichterin nicht zu folgen. Diese hat die besondere Schwierigkeit in tatsächlicher Hinsicht mit einer umfangreichen Beweisaufnahme mit Zeugen und einem Sachverständigen, der 2 3/4 Stunden andauernden Hauptverhandlung sowie mit dem Umstand begründet, dass drei Nebenkläger
- jeweils anwaltlich vertreten - zugelassen waren. Wenn auch das Verfahren, welches eine fahrlässige Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen zum Gegenstand hatte, für die Jugendrichterin wegen des belastenden Prozessstoffes und der Beteiligung dreier Nebenklägervertreter schon besonders schwierig gewirkt haben mag, so vermag der Senat, der seit vielen Jahren die Pauschvergütungen für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm bearbeitet, dem bei objektiver Betrachtung der Tätigkeit des Antragstellers nicht zu folgen. Dabei übersieht der Senat nicht, dass es wegen der besonderen Sachnähe des Gerichtsvorsitzenden zumeist angezeigt ist, sich seiner abgegebenen Einschätzung in der Regel anzuschließen, da dieser das Verfahren geführt hat (vgl. OLG Hamm, AnwBl. 1998, S. 416; Burhoff, "Die Pauschvergütung nach § 99 BRAGO - Ein Rechtsprechungsüberblick mit praktischen Hinweisen, in StraFo 1999, S. 261 (264) m.w.N.). Ist die Einschätzung des Gerichtsvorsitzenden jedoch nach Aktenlage nicht nachvollziehbar, kommt ein Anschluss nicht in Betracht (vgl. OLG Hamm, AnwBl. 1998, S. 416). So liegt der Fall hier. Die von der Jugendrichterin zur Begründung ihrer Einschätzung angeführten Kriterien beziehen sich eher auf die Frage des besonderen Umfanges als auf die der besonderen Schwierigkeit. Vorliegend handelte es sich um einen zwar tragischen Verkehrsunfall, jedoch insbesondere nach Eingang des schriftlichen und eindeutigen Sachverständigengutachtens noch im Ermittlungsverfahren um einen einfach gelagerten, leicht überschaubaren Sachverhalt, der auch in rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten bot.
Das Verfahren war bei der gebotenen Gesamtschau auch nicht besonders umfangreich i.S.d. § 99 BRAGO. Die Dauer der Hauptverhandlung vor der Jugendrichterin lag mit 2 3/4 Stunden noch im durchschnittlichen Bereich, verglichen mit anderen Verfahren vor dem Amtsgericht. Das vom Antragsteller durchzuarbeitende Aktenmaterial war mit 127 Seiten (bis zur Hauptverhandlung) ebenfalls nicht besonders umfangreich, zumal ihm ein Teil der Akten bereits aus seiner vorherigen Tätigkeit als Wahlverteidiger bekannt war. Auch wurden lediglich drei Zeugen vernommen und ein Sachverständiger erstattete sein Gutachten.
Da mithin die Voraussetzungen der Bewilligung einer Pauschvergütung dem Grunde nach bereits aufgrund der eigentlichen anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers nicht vorliegen, können nach ständiger Rechtsprechung des Senats die von ihm aufgewandten Fahrzeiten zum Gerichtsort bei der Beantwortung der Frage, ob der Pflichtverteidiger überhaupt eine Pauschgebühr erhält, nicht berücksichtigt werden (vgl. Senatsbeschluss vom
19.10.1998 in NStZ-RR 1999, 31).
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass über Auslagen und Mehrwertsteuer nicht im Pauschvergütungsverfahren, sondern im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden ist.


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