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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ss OWi 683/05 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Ausführungen bei Täteridentifizierung anhand eines von einem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes

Senat: 1

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Täteridentifizierung; Lichtbild; Bezugnahme; ordnungsgemäße Bezugnahme

Normen: StPO 267

Beschluss: Bußgeldsache
gegen S.M.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 13. Mai 2005gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 9. Mai 2005 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 29. September 2005 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 170,- € sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt und angeordnet, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gegeben wird, spätestens aber mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene am 24. November 2004 mit einem von der Autovermietung der Firma Europcar gemieteten PKW, amtliches Kennzeichen HH-SR 7933, in Dortmund auf der B 236 n bei Kilometer 12,5 die dort zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 42 km/h überschritten.

Zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeuges und seiner Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene ließ sich im Hauptverhandlungstermin dahingehend ein, dass er zur Tatzeit nicht der Fahrer gewesen war.

Diese Einlassung sieht das Gericht als widerlegt an aus mehreren Gründen: Zunächst einmal hatte der Betroffene das Kraftfahrzeug angemietet. Ihm war es daher untersagt, den Mietwagen an andere Personen zu überlassen.

Es wird eingestanden, dass ein Abgleich der Fotos Bl. 30 d.A. sowie der Fotoprints möglicherweise auf den ersten Blick wenig Übereinstimmung zeigt. Als jedoch der Betroffene den Hauptverhandlungssaal betrat, hatte das Gericht nicht den geringsten Zweifel, dass die in den Akten befindlichen Fotos, insbesondere Bl. 37 d.A., überzeugende Ähnlichkeit mit dem Bild des Betroffenen in Wirklichkeit aufwiesen. Das ergibt sich aus der Form der Nase, der Stellung der Augen, der Augenbrauen sowie des Haaransatzes.

Demzufolge hat das Gericht nicht den geringsten Zweifel, dass der Betroffene der Fahrer zur Tatzeit war. Untermauert wird das noch von der Verpflichtung des Betroffenen, das angemietete Fahrzeug keiner anderen Person zu überlassen."

Dieses Urteil greift der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde an, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Mit näheren Ausführungen wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hinsichtlich seiner Identifizierung als Fahrer des Fahrzeuges.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Dortmund zurückzuverweisen.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils genügt nicht den Anforderungen, die an die Identifizierung des Betroffenen aufgrund des von der Geschwindigkeitsmessanlage gefertigten Beweisfotos zu stellen sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner hierzu ergangenen Grundsatzentscheidung vom 19. Dezember 1995 (BGHSt 41, 376 ff.), ausgeführt, dass die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit der Prüfung der Geeignetheit des Fotos zur Identifizierung des Betroffenen eröffnen müssen. Hierzu kann das Tatgericht im Urteil gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das zur Akte genommene Foto Bezug nehmen, wobei die Anwendung des § 267 StPO stets voraussetzt, dass das Urteil die Bezugnahme deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck bringt (Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 267 Rdnr. 8 m.w.N.). Unterbleibt eine prozessordnungsgemäße Verweisung auf das Beweisfoto, muss das Urteil Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere charakteristische Identifizierungsmerkmale so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist.

Eine prozessordnungsgemäße Verweisung auf das vom Amtsgericht verwendete Beweisfoto nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG ist in dem angefochtenen Urteil nicht erfolgt. Allein der Hinweis auf dieses Foto unter Angabe der Fundstelle (Blattzahl) in der Akte und die Ausführungen, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen und mit dem in der Hauptverhandlung erschienenen Betroffenen verglichen worden ist, stellen noch keine derartigen Bezugnahmen dar. Mit diesen Ausführungen wird nur der Beweiserhebungsvorgang, aufgrund dessen der Tatrichter seine Überzeugung von der Identität des Betroffenen als Fahrer gebildet hat, beschrieben, nicht aber deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass das Lichtbild zum Inhalt der Urteilsgründe gemacht worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. April 2000 - 1 Ss OWi 321/2000 -; vom 11. Dezember 2003 - 1 Ss OWi 465/03 -). Dies hat zur Folge, dass es dem Senat verwehrt ist, das in den Akten befindliche Lichtbild selbst zu würdigen und darauf zu überprüfen, ob es für eine Identifizierung des Betroffenen geeignet ist.

Angesichts des Fehlens einer solchen Bezugnahme hätte das angefochtene Urteil neben Ausführungen zur Bildqualität die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere charakteristische Identifizierungsmerkmale so präzise beschreiben müssen, dass dem Senat in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist (BGH a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Es wird nur mitgeteilt, dass sich die Ähnlichkeit aus der Form der Nase, der Stellung der Augen, der Augenbrauen sowie des Haaransatzes ergebe. Eine Mitteilung dahingehend, wie Gesichtsform, Nase, Augenbrauen oder Haaransatz des Betroffenen und des auf dem Radarfoto abgebildeten Fahrzeugführers ausgestattet sind, sowie eine Darlegung etwaiger weiterer Merkmale fehlen. Auch lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen, ob das bei den Akten befindliche Beweisfoto hinsichtlich der Bildqualität, insbesondere hinsichtlich der Bildschärfe, als Grundlage für eine Identifizierung tauglich ist. Allein die Feststellung dazu, dass es sich bei dem benutzten Kraftfahrzeug um einen Mietwagen handelte, wodurch dem Betroffenen untersagt war, dieses Fahrzeug an andere Personen zu überlassen, reicht zur sicheren Überführung des Betroffenen als Fahrzeugführer zur Tatzeit nicht aus.

Angesichts der unzureichenden Beschreibung des Beweisfotos durch das Tatgericht und angesichts der fehlenden Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO, die es dem Senat ermöglicht hätte, das Beweisfoto selbst in Augenschein zu nehmen, war dem Senat die gebotene Nachprüfung der Beweiswürdigung des Amtsgerichts auf Rechtsfehler nicht möglich. Bereits dieser Begründungsmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass in dem Urteil Feststellungen dazu fehlen, auf welche Art und Weise die Geschwindigkeit gemessen und in welcher Höhe ein Toleranzabzug vorgenommen worden ist. Demnach kann der Senat nicht beurteilen, ob der Toleranzabzug richtig bemessen worden ist.

Des weiteren mangelt es bei der Aufzählung der Vorbelastungen an der Mitteilung, ob und wann die Vorbelastungen rechtskräftig geworden sind.

Auch die Begründung der Rechtsfolgenentscheidung genügt nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen. Zwar sieht § 4 BKatV ein Fahrverbot vor. Jedoch dürfen die konkreten Umstände des Einzelfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht nicht unberücksichtigt bleiben. Der Tatrichter muss sich der Möglichkeit eines Absehens vom Fahrverbot bewusst sein und dies in den Entscheidungsgründen erkennen lassen (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 25 Rdnr. 19 m.w.N.).

Nach alledem war das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Dortmund zurückzuverweisen.


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