Aktenzeichen: 1 Ss OWi 223/05 OLG Hamm
Leitsatz: Zum Rotlichtverstoß beim Umgehen der Lichtzeichenanlage
Senat: 1
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Rotlichtverstoß; Umgehen der Lichtzeichenanlage; Spurwechsel
Normen: StVO 37
Beschluss: Bußgeldsache
gegen M.C.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 5. November 2004 gegen das Urteil des Amtsgerichts Unna vom 3. November 2004 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 06. 2005 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seiner Verteidigerin beschlossen:
Der Tenor des angefochtenen Urteils wird dahingehend ergänzt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft in amtliche Verwahrung gegeben wird, spätestens aber nach Ablauf von vier Monaten.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Betroffenen zur Last.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Unna hat den Betroffenen am 3. November 2004 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens gemäß § 37 Abs. 2, 41 Abs. 2, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 175,- verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Dem Urteil liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Am 6. Mai 2004 befuhr der Betroffene zunächst gegen 19.07 Uhr die BAB 1 bei Unna in Fahrtrichtung Bremen ab Kilometer 79,4 über die Strecke von mindestens 290 m mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h. In dem betreffenden Bereich war durch deutlich erkennbare Verkehrszeichen 274 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h begrenzt.
Der Betroffene befuhr den linken Fahrstreifen der Bundesautobahn. Dabei fuhr er dicht auf das vorausfahrende Fahrzeug auf und fuhr hinter diesem innerhalb der Fahrspur von links nach rechts und umgekehrt.
Unmittelbar vor der Anschlussstelle Kamen-Zentrum wechselte er dann direkt vom linken der drei Fahrstreifen auf die Ausfahrt und verließ die Autobahn.
Gegen 19:10 Uhr näherte er sich dann der am Ende der Ausfahrt befindlichen Lichtzeichenanlage an der Unnaer Straße (B 233). Dort befinden sich drei Fahrspuren, von denen zwei für den linksabbiegenden Verkehr und eine für den rechtsabbiegenden Verkehr freigegeben sind, wobei jeweils für beide Fahrtrichtungen eigene Lichtzeichenanlagen bestehen. Der Betroffene ordnete sich rechts ein. Auf den Spuren für die Linksabbieger standen bereits einige Fahrzeuge vor der LZA. Bei Rotlicht für den linksabbiegenden Verkehr und Grünlicht für seine eigene Fahrtrichtung fuhr der Betroffene zunächst leicht nach rechts, um dann unmittelbar im Einmündungsbereich doch nach links in Richtung Kamen abzubiegen. Auf diese Weise umging er das Rotlicht für den Linksverkehr, das zu diesem Zeitpunkt bereits über 9 Sekunden andauerte. Ihm war auch bewusst, dass er durch diese Fahrweise die Lichtzeichenanlage für den linksabbiegenden Verkehr umfuhr.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene durch Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 5. November 2004, eingegangen bei dem Amtsgericht Unna am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Zustellung des Urteils am 2. Dezember 2004 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 30. Dezember 2004, eingegangen bei dem Amtsgericht Unna am selben Tag, begründet.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und frist- und formgerecht begründet worden. Sie kann in der Sache jedoch lediglich einen Teilerfolg haben. Die Feststellungen des auf die Sachrüge zu überprüfenden Urteils tragen die Verurteilung wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie wegen fahrlässiger Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage.
Insbesondere tragen die Feststellungen und Erwägungen des Amtsgerichts den Schuldspruch wegen Zuwiderhandlung gegen § 37 Abs. 2 StVO. Das festgestellte Verhalten des Betroffenen erfüllt den objektiven Tatbestand des Nichtbeachtens einer Rotlicht zeigenden Verkehrsampel. Seine Fahrweise stellt ein dem Einfahren in den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich unter Missachtung des Rotlichts gleichstehendes Umfahren der Lichtzeichenanlage im Sinne der hierzu ergangenen Rechtsprechung dar.
Das Rotlicht der Verkehrssignalanlage ordnet an: Halt vor der Kreuzung oder Einmündung (vgl. § 37 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StVO). Es schützt den Querverkehr oder den einmündenden Verkehr, der für seine Fahrtrichtung durch Grünlicht der Signalanlage freie Fahrt hat und sich darauf verlassen darf, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung keine Fahrzeuge in den geschützten Kreuzungs- oder Einmündungsbereich hineinfahren. Dadurch sollen solche Gefahrensituationen ausgeschlossen werden, die erfahrungsgemäß zu schweren Verkehrsunfällen führen können (OLG Düsseldorf, NZV 1993, 243). Zu dem durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich gehört der gesamte Kreuzungs- oder Einmündungsbereich, wobei außer der Fahrbahn auch die parallel verlaufenden Randstreifen, Parkstreifen, Radwege oder Fußwege diesem Bereich zuzuordnen sind (Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 37 Rdnr. 50). Sind gleichgerichtete Fahrstreifen mit eigenen Lichtzeichen versehen, so hat jeder Kraftfahrer das seines Fahrstreifens zu beachten. Benutzt der Fahrzeugführer zum Zwecke der Umgehung einen Fahrstreifen, für den eine diesem zugeordnete Lichtzeichenanlage Grün zeigt, um im Einmündungs- oder Kreuzungsbereich, statt der vorgeschriebenen Richtung zu folgen, in den durch Rot gesperrten Fahrstreifen für eine andere Richtung zu wechseln, so liegt ein Rotlichtverstoß vor (BGH NZV 1998, 119).
Als ein derartiges Umfahren der für die Linksabbieger Rotlicht zeigenden Verkehrsampel stellt sich das Verhalten des Betroffenen dar. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Betroffene bei Grünlicht nur leicht nach rechts gefahren, um dann unmittelbar im Einmündungsbereich doch nach links in Richtung Kamen abzubiegen. Aus der Feststellung des Amtsgerichts im Einmündungsbereich ergibt sich, dass der Betroffene noch nicht sehr weit nach rechts abgebogen war, sondern unmittelbar im Kreuzungsbereich entgegen der für die Linksabbieger Rotlicht zeigen-
den Verkehrsampel nach links abgebogen ist. Entgegen dem vom OLG Düsseldorf (NZV 1993, 243) zu entscheidenden Fall, war der Betroffene gerade nicht nach rechts eingebogen und hatte den Schutzbereich der Lichtzeichenanlage noch nicht verlassen.
Das angefochtene Urteil hält auch im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldbuße und der Festsetzung des Fahrverbotes von einem Monat rechtlicher Überprüfung Stand.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu ausgeführt:
Es begegnet keinen Bedenken, dass das Amtsgericht wegen der beiden straßenverkehrsrechtlichen Vorbelastungen des Betroffenen sowie der Tatsache, dass er neben dem qualifizierten Rotlichtverstoß auch eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, die Regelbuße gem. § 1 BKatV i.V.m. Nr. 132.2 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV um 50,00 Euro erhöht hat.
Die Verhängung des Fahrverbotes entspricht § 4 Abs. 1 S. 1 BKatV, wonach ein grober Pflichtverstoß durch das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift indiziert ist. Von der Verhängung des Regelfahrverbotes kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, nämlich wenn die Anordnung eine ganz erhebliche Härte darstellen würde oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände in ihrem Zusammenhang dies rechtfertigt (zu vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rdn. 24 zu
§ 25 StVG m.w.N.).
Zur Annahme eines solchen Ausnahmefalles reichen die sich aus der Tat und der Person des Betroffenen ergebenden Umstände jedoch nicht aus. Besonderheiten, die die Tat des Betroffenen aus der Mehrzahl der sonstigen Fälle, die dem Regelfall unterliegen, herausheben könnten, sind nicht erkennbar.
Aus den Urteilsgründen ergibt sich schließlich auch, dass sich das Amtsgericht der Möglichkeit bewusst gewesen ist, unter Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, wenn bei dem Betroffenen der mit dem Verbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch dadurch hätte erreicht werden können.
Der Tatrichter hätte jedoch gem. § 25 Abs. 2 a StVG die Anordnung treffen müssen, dass das verhängte Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nämlich verbindlich, wenn
- wie hier - ihre Voraussetzungen erfüllt sind.
Diesen Ausführungen schließt der Senat sich an und legt sie seiner Entscheidung zugrunde. Der Senat hat dementsprechend den Tenor des Urteils ergänzt. Er konnte auch selbst in der Sache entscheiden, da den Urteilsgründen zu entnehmen ist, dass gegen den Betroffenen bislang ein Fahrverbot nicht verhängt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.
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