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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi 190/05 OLG Hamm

Leitsatz: Wird mit der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht, das Gericht sei unzulässigerweise einem Terminsverlegungsantrag des Verteidigers nicht nachgekommen, muss zur Begründung mitgeteilt werden, wie der Verteidiger seinen Terminsverlegungsantrag und wie das Gericht seine ablehnende Entscheidung begründet hat.

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, Unzulässigkeit, faires Verfahren, Fehlen einer ordnungsgemäßen Ladung, Verletzung rechtlichen Gehörs, rechtliches Gehör, Verhinderung des Verteidigers, Verlegungsantrag, prozessuale Fürsorgepflicht, Verlegung geboten, Gebotensein einer Verlegung

Normen: OWiG 80 Abs. 1 Nr. 3, OWiG 80 Abs. 2


Beschluss: Bußgeldsache gegen H. W. H.,
wegen fahrlässigen Unterschreitens des erforderlichen Sicherheitsabstandes.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 14. Dezember 2004 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 1. Dezember 2004 hat der 4 . Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 03. 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Gegen den Betroffenen ist durch den Landrat des Kreises Paderborn am 12. August 2004 wegen Nichteinhaltens des erforderlichen Sicherheitsabstandes ein Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße in Höhe von 62,50 Euro ergangen. Er soll am 16. April 2004 um 13.15 Uhr auf der Bundesautobahn im Bereich Büren, km 76,000, als Führer des Pkw Ford, amtliches Kennzeichen DN - xxxxxxxx, bei einer Geschwindigkeit von 134 km/h den erforderlichen Abstand von 67 m zum vorausfahrenden Fahrzeug unterschritten haben. Der Abstand soll 28,3 m betragen haben.
Seinen dagegen rechtzeitig eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht Paderborn in der Hauptverhandlung vom 1. Dezember 2004 verworfen, weil der Betroffene unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngeblieben war.
Sein Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung ist rechtskräftig verworfen worden.
Gegen das Urteil hat der Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, deren Zulassung er beantragt. Mit der fristgerecht eingegangenen Rechtsbeschwerdebegründung rügt er die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, das Fehlen einer ordnungsgemäßen Ladung und die Verletzung rechtlichen Gehörs.

II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Durch den dem amtsgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden Bußgeldbescheid ist eine Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro verhängt worden, so dass die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zugelassen werden kann.
Da die Rüge der Verletzung materiellen Rechts nicht erhoben worden ist, scheidet vorliegend schon deshalb eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts aus.
Mit der Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren und der einfachen Verfahrensrüge der nicht ordnungsgemäßen Ladung kann der Betroffene ebenfalls von Gesetzes wegen nicht gehört werden.
Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist nicht in zulässiger Weise erhoben worden. Zwar kann eine Gehörsverletzung darin liegen, dass einem Terminsverlegungsantrag des Verteidigers nicht stattgegeben worden ist und der Betroffene deshalb der Hauptverhandlung ferngeblieben ist. Der Betroffene in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren hat als Ausdruck des Anspruchs auf ein faires Verfahren grundsätzlich das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 137 Abs. 1 S. 1 StPO). Daraus folgt allerdings nicht, dass bei jeder Verhinderung des gewählten Verteidigers die Hauptverhandlung nicht durchgeführt werden kann und ein Ausbleiben des Betroffenen im Termin ohne weiteres entschuldigt ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob die prozessuale Fürsorgepflicht eine Terminsverlegung geboten hätte. Die Terminierung ist grundsätzlich Sache des Vorsitzenden, der jedoch gehalten ist, über Anträge auf Terminsverlegung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen der Prozessbeteiligten zu entscheiden (vgl. KG, NZV 2003, 433 (434) = VRS 105, 223). Die Ablehnung einer Terminsverlegung führt zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn sie auf sachfremden und nicht mehr nachvollziehbaren Gründen beruht und dem Betroffenen dadurch der erste Zugang zum Gericht genommen wird (vgl. BayObLG, DAR 2003, 567 (569).
Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist jedoch mit der Verfahrensrüge nach §§ 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO geltend zu machen (allgemeine Meinung, vgl. nur Göhler, OWiG 13. Auflage, § 79 Rdnr. 27 d). Die zu stellenden Anforderungen sind nur dann erfüllt, wenn die Mitteilung der den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen so vollständig und genau ist, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. Meyer-Goßner, 47. Aufl., § 344 StPO Rdnr. 24; Göhler, OWiG, 13. Auflage, § 79 Rdnr. 27 d - jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Rechtsbeschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlt die Mitteilung, wie der Verteidiger seinen Terminsverlegungsantrag und wie das Gericht seine ablehnende Entscheidung begründet hat.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Rechtsbeschwerdevorbringen, dass es bei dem zuvor von dem Verteidiger wahrgenommenen Termin vor dem Amtsgericht Wernigerode überraschend zu einer Terminsverzögerung gekommen sei, so dass der Verteidiger den Termin vor dem Amtsgericht Paderborn nicht mehr fristgerecht habe wahrnehmen können. Das bedeutet aber, dass es dem Verteidiger nach seiner Terminsplanung doch möglich gewesen wäre und auch seiner Planung entsprach, den nicht verlegten Termin vor dem Amtsgericht Paderborn wahrzunehmen. Damit ist schon nach dem eigenen Vorbringen ausgeschlossen, dass in der unterbliebenen Terminsverlegung eine Gehörsverletzung liegen könnte.
Zudem hätte es bei dieser Sachlage näherer Darlegung bedurft, warum der Betroffene ebenfalls nicht zum Termin erschienen ist. Sein Verteidiger wollte den Termin wahrnehmen und ist daran nur aufgrund einer unvorhergesehenen Terminsverzögerung gehindert worden. Es hätte deshalb der näheren Darlegung bedurft, warum auch der Betroffene der Hauptverhandlung ferngeblieben ist.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war somit mit der Kostenfolge aus §§ 46 Abs. 1 OWiG 473 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.


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