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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. VIII 227/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zur besonderen Schwierigkeit und zum besonderen Umfang für den Nebenklägervertreter in einem Schwurgerichtsverfahren

Senat: 2

Gegenstand: Pauschvergütung

Stichworte: Pauschvergütung, besondere Schwierigkeit; besonderer Umfang; Schwurgerichtsverfahren; Bedeutung der Sache, Nebenklägervertreter

Normen: BRAGO 99

Beschluss: Strafsache
gegen c.D.
wegen Totschlags, (hier: Pauschvergütung für den der Nebenklägerin beigeordneten Rechtsanwalt gem. §§ 99, 102 BRAGO).

Auf den Antrag des Rechtsanwalts X. in X. vom 22. Juli 2004 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Tätigkeit als beigeordneter Beistand der Nebenklägerin hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 11. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe:
Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit als der Nebenklägerin beigeordneter Beistand eine Pauschvergütung in Höhe der sogenannten Mittelgebühren eines Wahlverteidigers bzw. einem Nebenkläger beigeordneten Beistands. Bei der Nebenklägerin, der in erster Instanz durch die Schwurgerichtskammer und in zweiter Instanz durch den Senat des Bundesgerichtshofs Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller zur Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß § 397 a Abs. 2 StPO beigeordnet worden ist, handelt es sich um die Tochter des durch die Straftat des früheren Angeklagten getöteten Opfers.

Zu dem Pauschvergütungsantrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 13. Oktober 2004 ablehnend Stellung genommen. Auf diese weitgehend zutreffende Stellungnahme, die dem Antragsteller bekannt ist und auf die er mit Schriftsatz vom 3. November 2004 erwidert hat, wird ebenfalls Bezug genommen.
Richtigzustellen ist insoweit lediglich, dass die gesetzlichen Gebühren des Antragstellers für seine Tätigkeit in der Revisionsinstanz, wie er richtigerweise in seinem Kostenfestsetzungsantrag dargelegt hatte, 360,- € und nicht 450,- € betragen. Die gesetzliche Gebühr beträgt insoweit nämlich das Vierfache der Mindestgebühr des § 86 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 102 Abs. 1 BRAGO. Die Erhöhung auf das Fünffache der Mindestgebühr gemäß § 97 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 102 Abs. 1 BRAGO erfolgt nämlich nur dann, wenn sich der Mandant des als Verteidiger oder als Nebenklägervertreter tätigen Rechtsanwalts nicht auf freiem Fuß befindet. Dies war aber weder bei der minderjährigen Nebenklägerin noch ihrem gesetzlichen Vertreter der Fall.

Mit dem Vertreter der Staatskasse ist auch der Senat der Auffassung, dass es sich im Vergleich mit anderen Verfahren, die vor einem Schwurgericht verhandelt werden, für den Antragsteller als Nebenklagevertreter noch nicht um ein besonders schwieriges oder besonders umfangreiches Verfahren i.S.d. § 99 Abs. 1 BRAGO gehandelt hat. Dem in der Regel erhöhten Schwierigkeitsgrad und auch größerem Umfang von Verfahren, die zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, hat der Gesetzgeber bereits mit erheblich erhöhten gesetzlichen Gebühren gegenüber Verfahren, die vor einer allgemeinen Strafkammer des Landgerichts verhandelt werden, Rechnung getragen. Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller in seiner Tätigkeit in erster Instanz sowie in seiner Revisionsbegründung „lediglich“ mit Fragen des materiellen Rechts, ob nämlich bei dem außer Frage stehenden Tötungsdelikt auch ein oder mehrere Mordmerkmale vorgelegen haben könnten, auseinandergesetzt hat, dies aber in aller Regel die übliche Tätigkeit in einem Schwurgerichtsverfahren beinhaltet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit eines Verteidigers, der sich zum einen für seinen Mandanten gegen möglicherweise vorliegende Mordmerkmale zur Wehr setzen und zudem auch nicht unwichtige Fragen erheblich verminderter Schuldfähigkeit berücksichtigen muss, regelmäßig einen erheblich umfangreicheren Arbeitsaufwand erfordert als die Auseinandersetzung mit diesen Fragen für einen Nebenklagevertreter.

Die von dem Antragsteller angesprochene Bedeutung einer Sache für einen Angeklagten oder einen Nebenkläger erlangt lediglich im Rahmen des hier nicht anzuwendenden § 12 BRAGO Bedeutung für die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bzw. im Rahmen der Gewährung einer Pauschvergütung nur dann, wenn gerade aufgrund der besonderen Bedeutung der Sache besonders zeitaufwändige Tätigkeiten erforderlich waren (vgl. Senatsbeschluss vom 20. August 2002 in 2 (s) Sbd. VII - 157/02). Dafür sind aber vorliegend auch im Hinblick auf den Vortrag des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich.

Die durchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung von rund sechs Stunden für die vier Hauptverhandlungstage lag jedenfalls noch nicht in einem erheblich überdurchschnittlichen Bereich. Jeweils um 09.00 Uhr beginnend endeten die Hauptverhandlungstage zweimal um 14.55 Uhr sowie um 15.20 Uhr und 15.15 Uhr. Abgesehen davon, dass eine Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht üblicherweise auch bis in die Nachmittagsstunden dauert, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, warum sich die Hauptverhandlung an diesen Tagen auf Zeiten erstreckt haben soll, in denen ein Rechtsanwalt auch noch anderweitig tätig ist. Der Antragsteller geht offenbar von der unzutreffenden Annahme aus, in einer Schwurgerichtssache könne er an einem Tag, an dem die Hauptverhandlung stattfindet, noch an einem oder mehreren anderen Gerichtsterminen teilnehmen oder stünde bereits ab dem frühen Nachmittag wieder für andere Tätigkeiten in seiner Kanzlei zur Verfügung. Eine Hauptverhandlung und auch ein Fortsetzungstermin vor einer großen Strafkammer, die bis etwa 16.00 Uhr dauern, führen in der Regel allein noch nicht dazu, sie als besonders umfangreich i.S.d. § 99 Abs. 1 BRAGO anzusehen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juni 2004 in 2 (s) Sbd. VIII - 113/04 = AGS 2004, 288).
Dies gilt erst recht für eine Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht, zumal dort bereits durch den Gesetzgeber erheblich erhöhte gesetzliche Gebühren vorgesehen sind. Zwar hat der Senat in Fällen, in denen die Hauptverhandlung erst mittags oder nachmittags anfing und sich bis in die späteren Nachmittagsstunden erstreckte, in besonders gelagerten Fällen einen Umstand gesehen, der den besonderen Umfang eines Verfahrens begründen könnte (vgl. den o. g. Senatsbeschluss vom 3. Juni 2004 unter Bezugnahme auf Senatsbeschlüsse vom 7. Januar 2002 in 2 (s) Sbd. 6 - 185/01 = AGS 2002, 128 und vom 9. Januar 2001 in 2 (s) Sbd. 6 - 231, 232 u. 233/00 = StV 2002, 90 = AGS 2001, 154), doch ist die vorliegende Fallgestaltung mit den dort zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht vergleichbar.

Auch aus dem vom Antragsteller zitierten Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2004 (2 (s) Sbd. VIII - 210/04), in dem eine Hauptverhandlungsdauer von rund viereinhalb Stunden vor dem Schwurgericht als durchschnittlich bezeichnet worden ist, also weder überdurchschnittlich oder gar erheblich überdurchschnittlich, lässt sich vorliegend eine andere Entscheidung hinsichtlich des besonderen Umfangs der Sache nicht herleiten. Überdies war der Antragsteller in jenem Verfahren, in welchem weitere Umstände sowohl zur besonderen Schwierigkeit als auch zum besonderen Umfang der Sache geführt haben, als Verteidiger des damaligen Angeklagten tätig.

Schließlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei der Bewilligung und der Festsetzung einer Pauschvergütung nicht von der aufgewendeten Arbeitszeit im Sinne einer stundenweisen Berechnung auszugehen, erst recht nicht wie der Antragsteller anregt - nach Maßstäben einer stundenweisen Berechnung für zivilrechtlich oder als Mediatoren tätige Rechtsanwälte (vgl. auch OLG Karlsruhe, StV 1990, 367 m.w.N.).

Nach alledem und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, auch dem Tätigkeitsumfang im Revisionsverfahren bis zur Erstellung der Revisionsbegründung, war der Pauschvergütungsantrag abzulehnen.

Wie der Vertreter der Staatskasse in seiner genannten Stellungnahme bereits zutreffend dargelegt hat, erstreckt sich der Prüfungsumfang des Senats nicht auch auf die Teilnahme des Antragstellers an der Revisionshauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof und deren Vorbereitung. Insoweit steht es dem Antragsteller frei, einen entsprechenden Pauschvergütungsantrag beim Bundesgerichtshof anzubringen (vgl. auch Beschlüsse des BGH vom 3. März 2004 in 2 StR 378/03, vom 6. Februar 2004 in 2 StR 486/02, vom 24. Oktober 2001 in 2 StR 372/00 und vom 20. März 2002 in 4 StR 225/00, sämtlich unter ).

Ebenso steht es dem Antragsteller frei, ggf. einen Antrag gemäß § 102 Abs. 2 S. 2 BRAGO, für den eine Zuständigkeit des Senats jedoch nicht gegeben ist, zu stellen.


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