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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ss OWi 388/04 OLG Hamm

Leitsatz: Besteht das ordnungswidrige Verhalten in einem Handeln (nur) ohne eine erforderliche Genehmigung, so wird die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit regelmäßig geringer sein, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung unbedenklich vorgelegen haben

Senat: 1

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Bemessung der Geldbuße; fehlende Genehmigung; Umfang der Feststellungen; wirtschaftliche Verhältnisse

Normen: OWiG 17

Beschluss: Bußgeldsache
gegen W.G.
wegen Verstoßes gegen das Denkmalschutzgesetz.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 5. April 2004 gegen das Urteil des Amtsgerichts Kamen vom 31. März 2004 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 08. 10 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Kamen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 31. März 2004 wegen vorsätzlicher Veränderung eines Baudenkmals ohne Erlaubnis (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 Denkmalschutzgesetz NRW - DSchG -) eine Geldbuße in Höhe von 750,- € verhängt. Nach den getroffenen Feststellungen ließ der Betroffene an dem von ihm im Jahr 1991 erworbenen und damals wie heute unter Denkmalschutz stehenden Haus B.straße in K. in den Jahren 2000 bis 2002 bauliche Veränderungen ohne Erlaubnis der Unteren Denkmalschutzbehörde vornehmen. So ließ der Betroffene das Traufgesims an der West- und der Nordfassade, welches zuvor grau war, blau-lila streichen. Die Westfassade des Gebäudes, die zuvor mit zurückspringenden Fugen verklinkert war, verklinkerte der Betroffene neu, in Abweichung zum vorherigen Zustand jedoch glatt verfugt anstatt mit zurückspringenden Fugen. Schließlich brachte der Betroffene an den Fenstern der Nordfassade, welche früher keine Rolladenschürzen hatten, nunmehr Rolladenschürzen an.

Zur Bemessung der Höhe der Geldbuße heißt es in dem angefochtenen Urteil:

„Bei der Bemessung der Geldbuße hat das Gericht den Bußgeldrahmen des § 41 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz zugrunde gelegt, wonach die Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis zu 250.000,00 € geahndet werden kann. Bei der Bemessung im konkreten Fall hat das Gericht berücksichtigt, dass der Betroffene immerhin mehrere Maßnahmen ohne die Beantragung und Erteilung einer Erlaubnis hat durchführen lassen. Andererseits ist ihm positiv anzurechnen, dass er überhaupt nicht unerhebliche Investitionen tätigt, um das Objekt zu verschönern. Auch hat er sich im vorliegenden Verfahren nach anfänglichem Bestreiten letztlich voll geständig gezeigt. Eine Geldbuße von 750,00 € erschien dem Gericht deshalb nach alledem ausreichend, aber auch erforderlich.“

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde, mit der er die fehlerhafte Ablehnung eines von ihm gestellten (Hilfs-)Beweisantrages sowie die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und zur Zurückweisung der Sache in diesem Umfang an die Vorinstanz.

1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde - auch - gegen den Schuldspruch richtet, war sie gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 u. 3 StPO), da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.

2. Der Rechtsfolgenausspruch in dem angefochtenen Urteil war dagegen auf die insoweit begründete Sachrüge aufzuheben, da die Ausführungen zur Bußgeldbemessung nicht frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Betroffenen sind. Zwar liegt die Bußgeldbemessung grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters. Die Überprüfung der Bußgeldbemessung durch das Rechtsbeschwerdegericht beschränkt sich daher darauf, ob der Tatrichter von rechtlich zutreffenden Zumessungserwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dementsprechend sind in der gerichtlichen Bußgeldentscheidung die maßgeblichen Zumessungserwägungen zumindest kurz anzugeben, insbesondere bei höheren Geldbußen (zu vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 17 Rdnr. 35 m.w.N.). Grundlage für die Bemessung der Geldbuße sind gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft; ferner kommen, nach § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters als Zumessungsgesichtspunkt in Betracht, sofern es sich nicht um eine lediglich geringfügige Ordnungswidrigkeit handelt. Schließlich soll nach § 17 Abs. 4 OWiG die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen.

Ausgehend von dem Bußgeldrahmen des § 41 Abs. 2 DSchG, der bei vorsätzlichen Verstößen (vgl. § 17 Abs. 2 OWiG) der vorliegenden Art Geldbußen bis zu 250.000,- € vorsieht, hat das Amtsgericht die in dem zugrunde liegenden Bußgeldbescheid zunächst auf 900,- € festgesetzte Geldbuße mit 750,- € bemessen, ohne allerdings in den Gründen seiner Entscheidung hinreichend auszuführen, dass die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der den Betroffenen treffende Vorwurf eine Geldbuße in dieser Höhe, auch unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, rechtfertigt. Zwar hat das Amtsgericht zu Recht berücksichtigt, dass der Betroffene an dem denkmalgeschützten Objekt immerhin drei verschiedene, von der Denkmalschutzbehörde nicht erlaubte Veränderungen innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren vorgenommen hat. Unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit wäre aber im Rahmen der Zumessungserwägungen die Frage zu erörtern gewesen, ob und ggf. inwieweit durch diese Veränderungen denkmalschutzrechtliche Belange i.S.d. § 9 Abs. 2 DSchG überhaupt berührt und beeinträchtigt worden sind. Besteht das ordnungswidrige Verhalten in einem Handeln (nur) ohne eine erforderliche Genehmigung, so wird die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit regelmäßig geringer sein, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung unbedenklich vorgelegen haben (zu vgl. OLG Hamm, GewArch. 1993, 245; Senatsbeschluss vom 13. Mai 2004 - 1 Ss OWi 262/04 -; Göhler, a.a.O., § 17 Rdnr. 16). Auch im Anwendungsbereich des Denkmalschutzgesetzes ist die bloße Verletzung formeller Pflichten ohne nennenswerten Schaden für das Denkmal unbedeutender als ein tatsächlich schädigender Eingriff (zu vgl. Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Denkmalrecht NRW, 2. Aufl., § 41 DSchG Rdnr. 21). Nach dem angefochtenen Urteil bleibt offen, ob die vorgenommenen Veränderungen erlaubnisfähig i.S.d. § 9 Abs. 2 DSchG waren und damit das Verhalten des Betroffenen nur einen formellen, nicht aber auch einen materiellen Verstoß gegen die Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes darstellte. In diesem Zusammenhang wäre im Hinblick auf § 17 Abs. 3 OWiG auch die von Amtsgericht nicht erörterte Frage bedeutsam, welches Ausmaß die etwaige Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des denkmalgeschützten Objektes durch die vorgenommenen Veränderungen hat.

Obwohl das Amtsgericht eine relativ hohe Geldbuße, nämlich eine solche in Höhe von 750,- €, gegen den Betroffenen verhängt hat, enthält das amtsgerichtliche Urteil zudem keinerlei Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen, der nach den vom Amtsgericht zur Person getroffenen Feststellungen ledig und als Karosseriebauer beruflich tätig ist. Die fehlende Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen stellt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen dar, der für sich gesehen bereits zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch zwingt. Bei einer relativ hohen Geldbuße, die nach der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit angebracht sein kann, um den Täter nachträglich zur Befolgung der Rechtsordnung anzuhalten, muss seine Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden, da es von ihr abhängt, wie empfindlich und damit nachhaltig die Geldbuße ihn trifft (vgl. Göhler, a.a.O., § 17 Rdnr. 22 m.w.N.). Lediglich bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten können die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters regelmäßig unberücksichtigt bleiben (§ 17 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 OWiG). Die Geringfügigkeitsgrenze ist bei einem Bußgeld in Höhe von 750,- €, wie es das Amtsgericht vorliegend verhängt hat, deutlich überschritten (zu vgl. Göhler, a.a.O., § 17 Rdnr. 24 m.w.N.).

Nach alledem war das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht Kamen zurückzuverweisen. Für eine Sachentscheidung des Senats gemäß § 79 Abs. 6 OWiG war kein Raum, da es für die Bemessung der Höhe der Geldbuße weiterer, ergänzender Feststellungen bedarf.


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