Aktenzeichen: 2 Ss OWi 357/04OLG Hamm
Leitsatz: Ist bei einer Atemalkoholmessung die
Kontrollzeit von mindestens 10 Minuten, bei der es sich gegenüber der
20-minütigen Wartezeit seit Trinkende um das wesentlich bedeutendere
Kriterium handelt, eingehalten worden, kann die ermittelte Messung ohne
Sicherheitsabschläge zur Feststellung der zur Tatzeit vorliegenden
Atemalkoholkonzentration zugrunde gelegt werden.
Senat: 2
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Atemalkoholmessung; Feststellungen;
Anforderungen; Sicherheitsabschlag; Einhaltung der Kontrollzeit
Normen: StVG 24 a
Beschluss:
Bußgeldsache
gegen E.D.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
(Verstoß gegen § 24 a StVG).
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 18. Februar 2004 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 23. 08. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 3 u. 5 S. 1 OWiG beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die
Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.
Gründe:
Durch das angefochtene Urteil wurde gegen den
Betroffenen wegen fahrlässigen Fahrens eines Kraftfahrzeuges mit einer
Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l eine Geldbuße von 250,-
verhängt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat unter
Zubilligung der Privilegierung des § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt. Nach
den Gründen des angefochtenen Urteils befuhr der Betroffene am 7. August
2003 gegen 23.40 Uhr die Bahnhofstraße in Datteln mit einem PKW VW. Eine
zu diesem Zeitpunkt durch die Polizei durchgeführte Verkehrskontrolle
führte zur Feststellung von Alkohol in der Atemluft. Eine daraufhin
angeordnete Atemalkoholmessung mit dem Dräger Alkoholtestgerät 7110,
welches bis Ende Januar 2004 geeicht war, ergab einen Mittelwert von 0,25 mg/l.
Die Messung wurde zwischen 23.52 Uhr und 23.58 Uhr durchgeführt, wobei ein
erster Messwert von 0,261 mg/l und ein zweiter Messwert, genommen um 23.56 Uhr,
von 0,256 mg/l ermittelt wurde.
Nach den Feststellungen des
amtsgerichtlichen Urteils hat der Betroffene den Vorwurf vollumfänglich
eingeräumt und das Ergebnis nicht konkret angegriffen. Andererseits
konnten jedoch keine Feststellungen zum Zeitpunkt der letzten Alkoholaufnahme
vor der Polizeikontrolle getroffen werden. Im Übrigen sei die Messung ohne
Besonderheiten durchgeführt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und form- und fristgerecht begründeten Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt. Er erstrebt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils seinen Freispruch. Er ist der Auffassung, dass jedenfalls im Hinblick auf die nicht festgestellte Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Beginn der Messung zumindest ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen wäre, so dass dann ein Atemalkoholwert von mindestens 0,25 mg/l nicht mehr festgestellt werden könne.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Mit der allgemein erhobenen Verfahrensrüge, die bereits gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG nicht ordnungsgemäß ausgeführt ist, kann der Betroffene nicht gehört werden. Es fehlt an jeglichen Darlegungen, aufgrund welcher Tatsachen ein Verfahrensmangel vorliegen soll.
Die auf die Sachrüge hin zu erfolgende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Unabhängig davon, ob weiterhin an den vom Senat bislang geforderten Darlegungserfordernissen festzuhalten ist (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2002 in 2 Ss OWi 316/02 = NJW 2002, 2485 = NZV 2002, 414 = VRS 103, 204 = BA 2002, 489 sowie vom 9. Dezember 2002 in 2 Ss OWi 1018/02 = NZV 2003, 538 = VRS 104, 310 = BA 2003, 239), oder ob mit der wohl überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung auch anderer Oberlandesgerichte insoweit geringere Anforderungen zu stellen sind (vgl. u.a. Beschlüsse des hiesigen 3. Senats für Bußgeldsachen vom 2. Oktober 2001 in 3 Ss OWi 989/00 = NZV 2002, 198 und vom 1, Dezember 2003 in 3 Ss OWi 658/03 sowie des hiesigen 4. Senats für Bußgeldsachen vom 29. April 2004 in 4 Ss OWi 456/04 m.w.N.), genügen die getroffenen Feststellungen weitgehend auch den vom Senat verlangten Anforderungen.
Lediglich die Einhaltung der Wartezeit von 20 Minuten seit
Trinkende ist nicht festgestellt worden. Andererseits ist jedoch den
Urteilsfeststellungen zweifelsfrei zu entnehmen, dass eine Kontrollzeit von
mindestens 10 Minuten vor der Messung, in der der Betroffene keine Substanzen
durch Mund oder Nase zu sich genommen hat, eingehalten worden ist.
Ist aber
diese Kontrollzeit von mindestens 10 Minuten, bei der es sich gegenüber
der 20-minütigen Wartezeit seit Trinkende um das wesentlich bedeutendere
Kriterium handelt, eingehalten worden, kann die ermittelte Messung ohne
Sicherheitsabschläge zur Feststellung der zur Tatzeit vorliegenden
Atemalkoholkonzentration zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu mit näheren
Ausführungen und überzeugend OLG Celle NZV 2004, 318).
Jedenfalls
für eine Fallgestaltung der vorliegenden Art, bei der der Betroffene das
ermittelte Messergebnis als solches nicht in Frage stellt, hält der Senat
nicht mehr an der noch im genannten Beschluss vom 3. Juni 2002 für
erforderlich erachteten Einhaltung und Darstellung der 20-minütigen
Wartezeit seit Trinkende fest.
Dies gilt auch für den Fall, dass der
gemessene Wert nur knapp über dem gesetzlichen Gefahrengrenzwert von 0,25
mg/l liegt.
Dem steht auch die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 19. April
2004 (NZV 2004, 426) nicht entgegen, da in dem vom OLG Karlsruhe zu
entscheidenden Fall auch die 10-minütige Kontrollzeit nicht feststellbar
eingehalten worden war.
Da das angefochtene Urteil auch hinsichtlich der verhängten
Rechtsfolgen einen Rechtsfehler nicht aufweist, war die Rechtsbeschwerde mit
der sich aus §§ 473
Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG ergebenden
Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen.
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