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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 VAs 17/89 OLG Hamm

Leitsatz:

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungsakt

Stichworte:

Normen:

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend H.S.
wegen Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister.
Auf den Antrag des Betroffenen vom 2. März 1989 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGUG 'gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 29. Juli 1988.- 4241 E-IU 31 A 398/88 - in der Form des Beschwerdebescheides des Bundesministers der Justiz ~vom 8. Februar 1989 - II B 3 - 4241 E - 157/88 - hat der l. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11. Mai 1989 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
Für den Betroffenen weist das Bundeszentralregister neun Eintragungen in der Zeit von 1976 bis 1988 auf, bei denen acht die Einstellung des Strafverfahrens oder Freispruch wegen Schuldunfähigkeit und eine die Ablehnung der Anordnung einer Maßregel der Besserung oder Sicherung beinhalten.
Die Eintragungen Nr. 1-9 des Registerauszuges werden in ein Privat-Führungszeugnis nicht aufgenommen. Sie werden aber in ein Behörden-Führungszeugnis und in eine unbeschränkte Auskunft aus dem Zentralregister aufgenommen. Die Eintragungen ~werden aus dem Register entfernt, sobald der Betroffene das 90. Lebensjahr vollendet hat. Mit Schreiben vom 12.07.1988 beantragte der Betroffene, die Entfernung der Eintragungen anzuordnen. Diesen Antrag wies der Generalbundesanwalt mit Bescheid vom 29.07.1988 zurück, weil das öffentliche Interesse der begehrten Anordnung entgegenstehe.
Die dagegen gerichtete, .nicht näher begründete Beschwerde beim Bundesminister der Justiz blieb ohne Erfolg. Nach Zustellung des ablehnenden Beschwerdebescheids am 10. Februar 1989 erhob der Betroffene durch seinen Verfahrensbevollmächtigten mit am 08.03.1989 beim Oberlandesgericht Hamm eingegangenen Schriftsatz vom 02.03.19.89 Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGUG, mit dem er sein ursprüngliches Begehren weiterverfolgt. Er macht unter Vorlage verschiedener fachärztlicher Bescheinigungen geltend, bei ihm sei eine wesentliche Besserung seines Gesundheitszustandes eingetreten, so dass eine Entfernung der Eintragungen im Bundeszentralregister anzuordnen sei.
Der Antrag ist form- und fristgerecht bei dem gemäß § 25 Abs. 2 EGGUG i.V.m. dem Gesetz vom 08.11.19160 (GU NW S. 352) zuständigen Oberlandesgericht Hamm eingegangen. Der Betroffene behauptet, durch die Ablehnung der begehrten Anordnung der Entfernung der Registereintragungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Da= mit ist der Antrag zulässig.
In der Sache musste ihm jedoch der Erfolg versagt werden.
Im Rahmen des Verfahrens gemäß §§ 23 ff EGGUG kann das Gericht
lediglich überprüfen, ob durch die Ablehnung der beantragten Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens der Registerbehörden überschritten sind (Ermessenswillkür) oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (Ermessensmissbrauch - vgl. OLG Hamm Beschluss vom 17.05.1983 - 7 VAs 22/83; Beschluss vom 13.06.1983 - 7 VAs 43/83; Rebmann/Uhlig, BZRG, München 1985, § 1 Rdziff. 30). Die Überprüfung im vorliegenden Falle ergibt, dass die Entscheidungen der Registerbehörden rechtmäßig sind. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Entfernung gemäß § 25 BZRG liegen nicht vor, weil das öffentliche Interesse einer Entfernung entgegensteht. Nach § 11 BZRG sind gerichtliche Entscheidungen und Verfügungen einer Strafverfolgungsbehörde, durch die ein Strafverfahren wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit abgeschlossen wird, in das Register einzutragen. Gemäß § 25 BZRG kann der Generalbundesanwalt anordnen, dass die nach § 11 BZRG aufgenommene Eintragung zu tilgen ist, soweit nicht das öffentliche Interesse einer solchen Anordnung entgegensteht. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn bei einem Betroffenen nicht in stärkerem Umfang als bei Bürgern, die im schuldunfähigen Zustand bisher noch keine rechtswidrigen Taten begangen haben, zu erwarten ist, dass er wiederum durch Begehung von rechtswidrigen Taten in Erscheinung tritt (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 27. Oktober 1986 - 1 VAs 73/86; Beschluss vom 29.08.1985 - 1 VAs 79/85; Beschluss vom 02.04.1984 - 1 VAs 51/84; Beschluss vom 20.08.1984 - 1 VAs 89/84; Rebmann/Uhlig a.a.0. § 25 Rdziff. 16). Überdies muss die früher beim Betroffenen festgestellte Schuldunfähigkeit nunmehr mit ausreichender Sicherheit entfallen sein, so dass für die Zukunft an der Schuldfähigkeit keine ernstlichen Zweifel mehr in Betracht zu ziehen sind (OLG Hamm Beschluss vom 17. Mai 1983 - 7 VAs 22/83).
Nach den bisherigen Erfahrungen ist es aber nicht fernliegend, dass der Betroffene mit weiteren rechtswidrigen Taten in Erscheinung tritt. Auch unter Berücksichtigung der erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen kann keine Rede davon sein, dass die Bedenken gegen seine strafrechtliche Verantwortlichkeit entfallen sind. Noch am 22.04.1988 ist ein durch die Staatsanwaltschaft Amberg gegen den Betroffenen gerichtetes Strafverfahren wegen fortgesetzten Vortäuschens einer Straftat in' Tateinheit mit Körperverletzung in Tateinheit mit Verleumdung wegen Schuldunfähigkeit des Betroffenen eingestellt worden. Nach dem dieser Einstellungsverfügung zugrundeliegenden Gutachten des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht Amberg Medizinaldirektor Dr. Jakob vom 20.04.1988 bestand beim Betroffenen zum damaligen Zeitpunkt eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis in deren Folge wahnhafte Beziehungsideen auftraten, die den Betroffenen im Tatzeitraum wiederholt veranlassten, unter falschem Namen an Polizeidienststellen und andere Behörden "Hinweise zur Verbrechensfahndung" zu geben. Unter Außerachtlassung des Mitauslösefaktors mittelgrasiger Alkoholisierung kam der Gutachter unter Berücksichtigung der ihm seit 1982 bekannten Anamnese zu dem Ergebnis, dass auf Grund der bestehenden Geisteskrankheit die Annahme der Schuldunfähigkeit gerechtfertigt sei.
Die vom Betroffenen u.a. vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen des Dr. M. vom 07.01.1980 und des Dr. J.M. vom ~03.04.1981 haben schon deswegen keine beweiskräftige Bedeutung für den Wegfall künftiger Schuldunfähigkeit, weil sie sich einerseits lediglich zur Frage der Fähigkeit des Betroffenen
zum Erwerb einer Fahrerlaubnis äußern, andererseits aber die Entwicklung der bereits am 05.08.1982 im Bezirkskrankenhaus Haar diagnostizierten und am 01. und 16.07.1987 vom Bezirkskrankenhaus Regensburg bestätigten Geisteskrankheit des Betroffenen nicht berücksichtigen konnten. Auch das fachärztliche Attest der Dr. B. vom 05.11.1987 vermag die Annahme nicht zu stützen, die von der beim Betroffenen bestehenden Geisteskrankheit ausgehende Gefahr künftigen Fehlverhaltens im Zustand der Schuldunfähigkeit sei entfallen. Es wird in dieser Bescheinigung lediglich im Hinblick auf die Erteilung der Fahrerlaubnis festgestellt, dass der psychische Befund der Betroffenen stabilisierter sei und er im Ganzen einen disziplinierteren und kooperativeren Eindruck mache als in einer früheren Untersuchung im Jahre 1983. Dabei ist jedoch eine Längsschnittanamnese offenbar nicht in Betracht gezogen worden, die aber wegen der Schwierigkeit des Krankheitsverlaufs im Hinblick auf künftige rechtswidrige Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit erforderlich ist. Denn bei Patienten, bei denen nach einem mehr oder minder langen Krankheitsverlauf nur noch eine dezente, ohne Kenntnis der Vorgeschichte möglicherweise diagnostisch gar nicht mehr zu klassifizierende schizophrene Residualsymptomatik besteht, kann die Frage künftiger Schuldunfähigkeit nur nach einer intensiven Untersuchung unter Berücksichtigung einer objektiven Anamnese (unter Beachtung evtl. früherer Krankenblattunterlagen) beantwortet werden (vgl. Eisen, Handwörterbuch der Rechtsmedizin, Stuttgart 1974, Band II, S. 389; Venzlaff, Psychiatrische Begutachtung, Stuttgart/New York 1986, ~. 182, 184). Somit gewinnt das Gutachten des Dr. Jakob, der die Krankheitsentwicklung seit 1982 unter Berücksichtigung der Diagnosen der gerade auf psychiatrischem Gebiete erfahrenen Bezirkskrankenhäuser Haar und Regensburg in seine Beurteilung einbezogen hat, größeres Gewicht, zumal es auch auf einer jüngeren Untersuchung des Betroffenen beruht.
Schließlich ist das vom Betroffenen vorgelegte Attest des Dr. S. vom 02.11.1988 für die Prognose künftigen Verhaltens des Betroffenen schon deswegen unergiebig, weil dieser Arzt weder die objektive Anamnese kannte noch eine eingehende Untersuchung vornehmen konnte, da der Betroffene ihn nur einmal kurz konsultiert hat.
Das gleiche gilt auch für den mit Schriftsatz vom 27.04.1989 übergebenen Befundbericht der Dres. L. vom 3.11.1988. Er vermag ebenso wenig eine günstige Prognose zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die dort erhobene Anamnese offensichtlich lediglich auf Angaben des Betroffenen beruht und die Krankheitsentwicklung seit 1982 mit den Aufenthalten in den Bezirkskrankenhäusern Haar und Regensburg nicht berücksichtigt, ist von den Auffälligkeiten, die zu dem am 22.04.1988 eingestellten Ermittlungsverfahren führten, nicht einmal ansatzweise die Rede, so dass den Fachärzten Dres. L. nur eine begrenzte Persönlichkeitsbeurteilung möglich war. Somit mangelt es auch diesem Befundbericht an einer objektiven Längsschnittanamnese.
Unter diesen Umständen konnten die Registerbehörden auch - entgegen der Sollvorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 2 BZRG - von der Einholung eines neuerlichen Sachverständigengutachtens absehen. Nach allem war die Ermessensentscheidung der Registerbehörden, die von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sind, nicht zu beanstanden, so dass eine Registervergünstigung zu Recht abgelehnt worden ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGUG, 30, 130 KostO.


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