Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 VAs 118/98 OLG Hamm

Leitsatz:

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte:

Normen:

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend F.H.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Registerbehörde, (hier: Anordnung der vorzeitigen Nichtaufnahme einer Verurteilung in ein behördliches Führungszeugnis).
Auf die Anträge des Betroffenen vom 18.12.1998 auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 10.12.1997 in der Form des Beschwerdebescheides des Bundesministers der Justiz vom 20.11.1998 und auf
Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02. 02. 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts beschlossen:
Die Anträge werden als unbegründet zurückgewiesen.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
Für den Betroffenen ist im Bundeszentralregister eine Verurteilung des Landgerichts Flensburg vom 06.03.1986 vermerkt, in der wegen Totschlags in zwei Fällen sowie versuchten Totschlags in einem weiteren Fall in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung auf Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erkannt wurde. Die Unterbringung ist 1991 zur Bewährung ausgesetzt worden und nach Ablauf der Führungsaufsicht am 17.11.1996 für erledigt erklärt worden. Der Betroffene hatte während der akuten Phase einer Psychose (Schizophrenie) seinen Bruder und seine Mutter mit Hammerschlägen getötet und seinen Vater schwer verletzt.
Diese Verurteilung ist kraft Gesetz nicht in ein Führungszeugnis für Privatpersonen aufzunehmen, erscheint jedoch bis zur Vollendung des 90. Lebensjahres des Betroffenen in einem Führungszeugnis für Behörden und in einer unbeschränkten Auskunft.
Mit Schreiben vom 9. Mai 1997 hat der Betroffene die Anordnung der Tilgung dieses Eintrags gemäß § 49 BZRG beantragt. Zur Begründung des Antrags hat er im wesentlichen ausgeführt, er benötige ein eintragungsfreies Führungszeugnis für Behörden, da er beabsichtige, Zahnmedizin zu studieren. Das Führungszeugnis sowohl für die Immatrikulation als auch für die spätere Approbation erforderlich. Ferner müsse ein solches Zeugnis immer dann vorgelegt werden, wenn er einen Beruf im öffentlichen Bereich erstrebe. Aus diesem Grunde sei er in seiner Berufswahl erheblich eingeschränkt. Die Nichtaufnahme sei zu seiner Resozialisierung geboten. Hinsichtlich seiner Erkrankung sei ein Rückfall nicht zu erwarten.
Der Generalbundesanwalt hat das Begehren des Betroffenen in einen Antrag auf vorzeitige Nichtaufnahme in das Behördenführungszeugnis umgedeutet und sowohl die Staatsanwaltschaft Flensburg als auch das Landgericht Flensburg um Stellungnahme hierzu gebeten. Während der Vorsitzende der Strafkammer das Begehren des Betroffenen befürwortet hat, ist die Staatsanwaltschaft Flensburg diesem entgegengetreten.
Durch Bescheid vom 10.12.1997 hat der Generalbundesanwalt den Antrag des Betroffenen zurückgewiesen. Dabei ist er davon ausgegangen, daß zwar unterstellt werden könne, daß die Gefahr des Wiederauftretens eines krankheitsbedingten Fehlverhaltens gering, dieses jedoch nicht völlig auszuschließen sei, da die Grunderkrankung fortbestehe. Bei dieser Sachlage stehe das öffentliche Interesse derzeit einer Nichtaufnahme in das Führungszeugnis noch entgegen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Betroffene einen Anspruch auf ein vermerkfreies Führungszeugnis für private Zwecke habe. Soweit die Ausübung eines bestimmten Berufes von einer behördlichen Entscheidung abhänge, stehe die Eintragung einem positiven Bescheid grundsätzlich nicht im Wege. Vielmehr habe die jeweilige Behörde im Einzelfall die Bedeutung der Eintragung zu bewerten und entsprechende Folgerungen daraus zu ziehen. Die Registerbehörde könne nicht generell und für jeden Fall abstrakt die Verantwortung etwaiger Fachbehörden übernehmen.
Gegen diesen Bescheid hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, welche vom Bundesminister der Justiz mit Bescheid vom 20.11.1998 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen wendet er sich mit seinem zulässig erhobenen - unbedingt - gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG. Gleichzeitig beantragt er, ihm für die Durchführung des Verfahrens Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Beide Anträge haben keinen Erfolg. Prozeßkostenhilfe konnte nicht bewilligt werden, da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG aus den folgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO:
Grundsätzlich kann der Generalbundesanwalt gemäß § 39 Abs. 1 BZRG anordnen, daß entgegen der im Gesetz angeordneten Fristen Verurteilungen nicht mehr in ein Führungszeugnis (bzw. Behördenführungszeugnis) aufgenommen werden. Eine solche Anordnung setzt jedoch voraus, daß dem nicht das öffentliche Interesse entgegensteht.
Das öffentliche Interesse geht regelmäßig dahin, daß das Register als zuverlässiges Auskunftsmittel nicht nur für Staatsanwaltschaften und Gerichte die darin aufzunehmenden Tatsachen bis zum Ablauf der im Gesetz bestimmten Tilgungsfristen vollständig ausweist. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn besondere Gründe in der Person des Antragstellers, in der abgeurteilten Tat oder in sonstigen Umständen als gegeben zu erachten sind, die eine vorzeitige Tilgung nahelegen, weil eine andere Handhabung für den Betroffenen eine unbillige, in der Öffentlichkeit auf wenig Verständnis stoßende Härte darstellen würde. Dies ist in den angefochtenen Bescheiden jedoch angemessen berücksichtigt.
Der Betroffene legt bereits nicht hinreichend dar, warum er derzeit zur Aufnahme des Studiums der Zahnmedizin ein eintragungsfreies Behördenführungszeugnis benötigt. Zwar hat er bei der Immatrikulation ein Führungszeugnis vorzulegen. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Universität die Einschreibung des Betroffenen aufgrund der Eintragung ablehnen kann bzw. ablehnen wird. Das Gegenteil ergibt sich bereits daraus, daß der Betroffene bereits in der Vergangenheit - trotz der Eintragung im Führungszeugnis - das Studium der Humanmedizin wieder hat aufnehmen können. Soweit der Betroffene möglicherweise für die spätere Approbation ein eintragungsfreies Führungszeugnis benötigt, ist eine Entscheidung zum derzeitigen Zeitpunkt erheblich verfrüht. Denn der Abschluß des Studiums (einschließlich Tätigkeit als Arzt im Praktikum) ist frühestens in siebeneinhalb Jahren nach Aufnahme zu erwarten. Nach Ablauf eines solch langen Zeitraums könnte daher erneut geprüft werden, ob die Aufnahme der Eintragung noch im öffentlichen Interesse steht.
Darüber hinaus wird im angefochtenen Bescheid des Generalbundesanwalts zutreffend darauf hingewiesen, daß es nicht Aufgabe der Registerbehörde sein kann, Entscheidungen anderer Behörden durch die Anordnung einer vorzeitigen Tilgung zu beeinflussen. Der Hinweis auf die im Jahre 1986 angeordnete Maßregel nach § 63 StGB bindet keine Behörde in ihrer Entscheidung, den Betroffenen zu einem bestimmten Beruf zuzulassen oder nicht. Vielmehr liefert sie ihr nur eine entsprechende Beurteilungsgrundlage. Sie hat dann jeweils im eigenen Ermessen zu entscheiden, ob die Grunderkrankung des Betroffenen, sein Werdegang seit Beendigung der Maßregel und sein derzeitiger psychischer Zustand ihn für den erstrebten Beruf geeignet erscheinen lassen. Diese Entscheidung kann nicht von der Registerbehörde abstrakt getroffen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".