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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ss 2/04 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Urteil beruht in der Regel auf einer fehlenden Dolmetschervereidigung nach § 189 GVG

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Dolmetscher, Vereidigung; Fehlen, Beruhen

Normen: GVG 189, StPO 337

Beschluss: Strafsache
gegen H.M.
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 01. Oktober 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20. 01. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Gründe:
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 01. Oktober 2003 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Die Reststrafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden. Diesem Urteil liegen folgende Feststellungen zugrunde:
„Am 07. August 2003 wurde der Angeklagte in Dortmund gegen 19.15 Uhr im Bereich Osterlandwehr 21Ecke Osterholzstraße von Polizeibeamten angehalten und überprüft.
Dabei wurde in der Hose des Angeklagten eine zerknüllte Zigarettenschachtel der Marke Marlboro gefunden, in der sich ein Folienbeutel mit Kokain im Gewicht von 4,26 Gramm brutto befand. Das Rauschgift wurde sichergestellt."
Nach der Beweiswürdigung des amtsgerichtlichen Urteils hat der Angeklagte zunächst keine Angaben zur Sache gemacht, später jedoch den Besitz der bei ihm sichergestellten Schachtel eingeräumt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Sprungrevision des Angeklagten mit der Sachrüge sowie mit der Verfahrensrüge der Verletzung des § 189 GVG. Diesbezüglich beanstandet die Revision, dass in der Hauptverhandlung vom 01. Oktober 2003 für den der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten ein Dolmetscher tätig geworden sei, der entgegen § 189 GVG weder vereidigt worden sei, noch sich auf einen allgemeinen geleisteten Eid berufen habe.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache.
Die Revision hat bereits mit der in zulässiger Weise erhobenen, auf die fehlende Vereidigung des Dolmetschers gem. § 189 GVG gerichteten Verfahrensrüge Erfolg.
Durch § 189 GVG ist die Beeidigung eines nach § 185 GVG zugezogenen Dolmetschers zwingend vorgeschrieben. Die Nichtvereidigung ist ein Verfahrensverstoß, der weder durch Rügeverzicht - etwa durch widerspruchslose Entgegennahme der Übersetzung - geheilt noch durch sonstiges Verhalten - etwa durch erklärten Verzicht aller Prozessbeteiligten auf die Vereidigung des Dolmetschers - verwirkt werden kann (Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 189 GVG Rdnr. 3; OLG Hamm, Strafverteidiger 1996, 532; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2003, 88).
Der Verfahrensfehler ist auch erwiesen. Die Beachtung des § 189 GVG ist eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens, deren Einhaltung oder Nichteinhaltung gem. § 274 StPO grundsätzlich nur durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen werden kann (Meyer-Goßner, a. a. O.). Hier enthält das Hauptverhandlungsprotokoll keinen Hinweis darauf, dass der Dolmetscher, Herr A.F., zu Beginn der Hauptverhandlung gem. § 189 Abs. 1 Satz 1 GVG vereidigt worden sei oder sich gem.
§ 189 Abs. 2 GVG auf einen früher geleisteten Dolmetschereid berufen habe. Durch das Schweigen des Sitzungsprotokolls wird daher die fehlende Vereidigung unwiderlegbar bewiesen.
Obwohl es sich nach dem Gesetz nur um einen relativen Revisionsgrund handelt, wird grundsätzlich angenommen, dass ein Urteil in der Regel auf einer fehlenden Dolmetschervereidigung nach § 189 GVG beruht; nur in Ausnahmefällen wird ein Beruhen ausgeschlossen sein, so wenn die Richtigkeit der Übersetzung leicht kontrollierbar war (BGH NStZ 1998, 204) oder anderweitig bestätigt worden ist (BGH NStZ 1994, 230). Eine derartige Ausnahme liegt hier nicht vor. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der hinzu gezogene Dolmetscher, hätte er den nach § 189 Abs. 1 GVG vorgeschriebenen Eid geleistet oder sich nach § 189 Abs. 2 GVG auf einen allgemein geleisteten Eid tatsächlich berufen, gewissenhafter als geschehen übersetzt und infolge dessen die Sachverhaltsaufklärung zu anderen, dem Angeklagten günstigeren Feststellungen und hiernach zu einer anderen Entscheidung des Gerichts geführt hätte.
Da bereits die Rüge der Verletzung des § 189 GVG durchdringt, bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit der ebenfalls erhobenen Sachrüge, wenngleich die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts Anlass zu Bedenken geben.


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