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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi ¾ OLG Hamm

Leitsatz: Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn der Tatrichter einen Entbindungsantrag des Betroffenen grundlos abgelehnt hat.

Senat: 4

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Versagung rechtlichen Gehörs, rechtliches Gehör, Zulassung der Rechtsbeschwerde, Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen, grundlose Ablehnung, Verwerfung des Einspruchs, Verwerfungsurteil wegen Nichterscheinens

Normen: OWiG 73, OWiG 74

Beschluss: Bußgeldsache gegen U. B.
wegen fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 10. Juli 2003 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 27. Juni 2003 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19. Januar 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 2 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird wegen Versagung rechtlichen Gehörs zugelassen.
Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Münster zurückverwiesen.

Gründe:
Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Münster vom 19. Februar 2003 wegen eines fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes ein Bußgeld in Höhe von 65,00 EUR festgesetzt worden. Der Betroffene soll am 14. Oktober 2002 um 14.22 Uhr in Münster an der Lichtzeichenanlage Weseler Straße/Geiststraße als Führer des Lkw MAN mit dem amtlichen Kennzeichen xx das Rotlicht mißachtet haben. Seinen dagegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht gemäß § 74 Abs. 2 OWiG (formularmäßig) verworfen, weil der Betroffene, der von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen nicht entbunden worden sei, in der Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt.
Die Rechtsbeschwerde ist wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 5 und 6 OWiG).
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 12. Januar 2004 ausgeführt:
"Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor.
Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nur dann zuzulassen, wenn dies wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen zur Fortbildung des Rechts oder wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten ist.
Die Rechtsbeschwerde ist im vorliegenden Fall wegen Versagung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen zuzulassen. Sie dringt mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge des § 74 Abs. 2 OWiG und der Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs, die dem Gesamtzusammenhang der Rechtsbeschwerdebegründung hinreichend entnommen werden kann, durch.
Eine Versagung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG liegt nämlich vor, wenn der Tatrichter den Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung abgelehnt hat, ohne dafür nachvollziehbare Gründe angeführt zu haben (zu vgl. OLG Köln, zfs 2002, 254, 255).
So liegt der Fall hier.
Mit Schriftsatz vom 17.06.2003, eingegangen bei dem Amtsgericht Münster am selben Tage, hatte der Verteidiger des Betroffenen beantragt, den Betroffenen, der bereits mit Verteidigerschriftsatz vom 09.05.2003 eingeräumt hatte, Fahrer des Lkw zum Zeitpunkt des fraglichen Vorfalls gewesen zu sein und eine Sachverhaltsdarstellung abgegeben hatte, von der Verpflichtung des persönlichen Erscheinens in der Hauptverhandlung zu entbinden. Gleichzeitig hatte der Verteidiger ausgeführt, der Betroffene werde in der Hauptverhandlung keine weiteren Angaben machen. Ihm sei im Übrigen wegen der weiten Entfernung von seinem Wohnsitz zum Gerichtsort ein persönliches Erscheinen nicht zuzumuten.
Diese Ausführungen sprachen dafür, eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Der Tatrichter hat nämlich einem Entbindungsantrag des Betroffenen zu entsprechen, wenn sich der Betroffene zur Sache geäußert hat und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist (§ 73 Abs. 2 OWiG). Da aber weder die Ablehnung des Entbindungsantrages durch den Tatrichter noch das angefochtene Urteil eine auf § 73 Abs. 2 OWiG zurückführbare Begründung erkennen lassen, ist diese Entscheidung nicht mehr verständlich und verletzt das Gebot rechtlichen Gehörs."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat unter ergänzendem Hinweis auf die Entscheidungen des OLG Hamm (1. Senat, Beschluß vom 28. Oktober 2003 - 1 Ss OWi 664/03 -, 2. Senat vom 7. April 2003, veröffentlicht in NZV 2003, 588) an.
Der Senat hat - auch wegen der Behandlung des Antrags auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in zeitlicher Hinsicht und der nach der Aktenlage nicht nachvollziehbaren äußerst zögerlichen Bearbeitung der Akteneinsichtsgesuche vom 10. und 29. Juli 2003 - erwogen, die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen, dafür jedoch noch keinen genügenden Anlaß gesehen.


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