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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 641/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen, wenn dem Angeklagten eine gefährliche Körperverletzung in Form der gemeinschaftlichen Begehung zur Last gelegt wird.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Körperverletzung; gefährliche; gemeinschaftliche Begehung; Anforderungen an die Feststellungen

Normen: StGB 224

Beschluss: Strafsache
gegen M.S.
wegen gefährlicher Körperverletzung.

Auf die (Sprung)Revision des Angeklagten vom 16. Juli 2003 gegen das Urteil des Amtsgerichts Altena vom 14. Juli 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11. 12. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig gem. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Altena zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung nach den §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die formelle und die materielle Rüge erhoben wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

II.
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - mit der Sachrüge Erfolg.

1. Die formelle Rüge ist unzulässig, da sie nicht ausreichend im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet ist. Der Angeklagte trägt zur Begründung seiner Verfahrensrüge nämlich keinen Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften vor. Seine Ausführungen begründen vielmehr nur einen Verstoß gegen das materielle Recht.

2. Die Revision hat jedoch mit der ebenfalls erhobenen Sachrüge Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung auf folgende tatsächliche Feststellungen gestützt:

„Der Angeklagte betreibt im Nebenberuf einen Sicherheitsdienst. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er am 29.09.2002 in Altena in der Schützenhalle in Dahle anlässlich einer dort stattfindenden Party eingesetzt. Er versah dort den Sicherheitsdienst.

Gegen 02:30 Uhr begann der Angeklagte mit weiteren Mitarbeitern, die Halle zu räumen, Der Zeuge M.G. befand sich zu diesem Zeitpunkt an der Theke, er wollte noch etwas trinken. Da der Zeuge G. nicht ohne weiteres bereit war, die Halle zu verlassen, kam es zu einem Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen G.. Im Verlauf des Streitgesprächs versetzte der Angeklagte dem Zeugen G. einen Faustschlag in das Gesicht. Der Zeuge G. ging zu Boden.

Nachdem ein weiterer Mitarbeiter des Angeklagten hinzugekommen war, ergriff der Angeklagte die Füße des Zeugen und der weitere Mitarbeiter die Arme des Zeugen, um diesen aus der Halle zu tragen. Bei dem Versuch, sich zu befreien, fiel der Zeuge zu Boden und erhielt von dem Angeklagten oder dem unbekannten Mittäter drei bis vier Kniestöße in das Gesicht, welche zu einer Nasenbeinfraktur und fünf Tagen stationären Krankenhausaufenthaltes führten.“

Diese Feststellungen sind lückenhaft (§ 267 StPO). Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen bei einer Verurteilung des Angeklagten in den Urteilsgründen die vom Tatrichter für erwiesen erachteten Tatsachen angegeben werden, in denen die gesetzlichen Merkmal der Straftat gefunden werden. Das gilt sowohl für die sogenannten äußeren Tatsachen als auch für den inneren, subjektiven Tatbestand. Diesen Anforderungen genügt das amtsgerichtliche Urteil nicht, da sich ihnen nicht entnehmen lässt, dass der Angeklagte die festgestellte Tat „gemeinschaftlich mit einem anderen Beteiligten“ i.S. des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB begangen hat. Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt:

„Bei der Tatbegehung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass mehrere Beteiligte bewusst zusammenwirken; nicht notwendig ist, dass jeder Beteiligte sich eigenhändig an der Misshandlung beteiligt, es genügt sogar, wenn eine am Tatort anwesende Person unmittelbar den tatausführenden Willen bestärkt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Auflage, § 224 Rdnr. 11; Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage, § 224 Rdnr. 11). Das amtsgerichtliche Urteil lässt jedoch jegliche Tatsachen zu dem Umstand des bewussten Zusammenwirkens des Angeklagten und des unbekannten Beteiligten vermissen, Feststellungen zur subjektiven Tatseite fehlen zur Gänze. Aus den Feststellungen ergibt sich nur, dass der Angeklagte und der unbekannte Beteiligte den Geschädigten vor den - von einem von beiden ausgeführten - Kniestößen gemeinsam getragen haben. Das bloße „Dabeisein" genügt für die Verwirklichung der gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung jedoch nicht aus.“

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat nach eigener Prüfung bei. Er weist zusätzlich auf seinen Beschluss vom 18. August 2003 in 2 Ss 483/03, http://www.burhoff.de, hin. Das Amtsgericht wird also weitere tatsächliche Feststellungen, die den Schluss auf das Qualifizierungsmerkmal „gemeinschaftlich mit einem anderen Beteiligten“ i.S. des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB zulassen, treffen müssen. Ggf. wird das Amtsgericht auch noch aufklären müssen, wie massiv der Angeklagte den Zeugen G. mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Denn schon ein einziger gezielter wuchtiger Faustschlag kann genügen, um eine das Leben gefährdende Behandlung und damit die Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu bejahen (vgl. Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 7. August 2001 in 3 Ss 623/01, http://www.burhoff.de).

III.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

1. Die bislang vom Amtsgericht vorgenommene Würdigung der erhobenen Beweise dürfte kaum den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung entsprechen. Der Tatrichter hat die von ihm erhobenen Beweise erschöpfend zu würdigen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., 2003, § 267 Rn. 12 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH). Die bloße Wiedergabe der Aussagen der vernommenen Zeugen genügt nicht.

2. Auch die zum Rechtsfolgenausspruch getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind derzeit noch lückenhaft (§ 267 StGB). Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt:

„Der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben. Die Erwägungen des Tatgerichts zur Strafzumessung sind rechtsfehlerhaft. Das Amtsgericht hat zu Lasten des Angeklagten die beiden Vorverurteilungen durch das Amtsgericht Remscheid vom 19.11.1997 wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu 90 Tagessätzen zu je 40,00 DM und vom 11.03.1998 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung infolge Trunkenheit zu 40 Tagessätzen zu je 50,00 DM berücksichtigt. Die Daten der Rechtskraft hat es nicht mitgeteilt. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 a BZRG beträgt die Tilgungsfrist bei Geldstrafen, die 90 Tagessätze nicht überschreiten, fünf Jahre, wobei für den Eintritt der Tilgungsreife insgesamt nach § 47 Abs. 3 BZRG auf den Ablauf der Fünf-Jahres-Frist nach der letzten Verurteilung (hier am 11.03.1998) abzustellen ist. Die Vorverurteilungen könnten daher dem Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG unterliegen, mit der Folge, dass das Gericht diese nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigen durfte.“

Dem tritt der Senat ebenfalls bei.


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