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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss OWi 649/03 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß.
2. Den Urteilsgründen muss zu entnehmen sein, dass der Tatrichter sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, von einem an sich verwirkten Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße absehen zu können.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Rotlichtverstoß; Haltelinie; tatsächliche Feststellungen; Fahrverbot; Möglichkeit bewusst

Normen: StVO 37; StPO 267, BKatV 4

Beschluss: Bußgeldsache
gegen A.I.
wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 03. September 2003 auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gem. § 346 Abs. 2 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 OWiG gegen den Beschluss des Amtsgerichts Recklinghausen vom 25. August 2003 sowie auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 03. Juni 2003 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 23. 10. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht auf Antrag bzw. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers gem. § 349 Abs. 2 und 4 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 OWiG einstimmig beschlossen:

Der Beschluss vom 25. August 2003 wird aufgehoben.
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Amtsgericht Recklinghausen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Recklinghausen hat den Betroffenen wegen eines fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes, wobei die Rotphase bereits mehr als eine Sekunde andauerte, nach §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 125,00 € verurteilt. Zugleich hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt mit der Maßgabe, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:

„Zur Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeit hat das Gericht auf die nach dem Bußgeldkatalog zu verhängenden Sanktionen (125,00 EUR Buße, 1 Monat Fahrverbot) erkannt. Gründe, die ein Abweichen von diesen Sätzen zugunsten des Betroffenen ermöglicht hätten, konnte das Gericht in der Hauptverhandlung nicht feststellen. Das gilt insbesondere auch für das Fahrverbot. Soweit darauf hingewiesen wird, der Betroffene lebe zur Zeit in Scheidung und sei zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, hindert das ausgesprochene Fahrverbot ihn nicht, seinen Beruf als Lagerarbeiter weiterhin auszuführen. Die insoweit gegebenen Erschwernisse nämlich die Fahrt zu Arbeitsstelle sind als selbstverschuldet hinzunehmen. Zudem hat der Betroffene es in der Hand, sich innerhalb der „4-Monatsfrist“ um Urlaub bzw. eine Fahrgelegenheit zu bemühen.“

Gegen dieses ihm am 03. Juni 2003 verkündete Urteil hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 06. Juni 2003, der am gleichen Tag beim Amtsgericht einging, Rechtsbeschwerde eingelegt. Das angefochtene Urteil wurde dem Verteidiger am 20. Juni 2003 zugestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 21. Juli 2003, der auch an diesem Tag beim Amtsgericht einging, hat der Betroffene die Rechtsbeschwerdeanträge angebracht und die Rechtsbeschwerde begründet, wobei er unter näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügte.

Mit Beschluss vom 25. August 2003 hat das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unzulässig verworfen mit der Begründung, sie sei nicht innerhalb der sich aus § 345 Abs. 1 StPO ergebenden Frist von einem Monat begründet worden. Diese Entscheidung ist dem Verteidiger des Betroffenen am 29. August 2003 zugestellt worden. Mit am 03. September 2003 beim Amtsgericht eingegangen Schriftsatz gleichen Datums hat dieser „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde“ beantragt sowie „die Entscheidung des OLG Hamm gem. § 346 II StPO und die Aufhebung des Beschlusses vom 25. August 2003, zugestellt am 29. August 2003, mit dem die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen wurde.“ Hinsichtlich der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 03. September 2003 Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts vom 25. August 2003 aufzuheben und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 25. August 2003 war aufzuheben. Der fristgerecht gestellte Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 346 Abs. 2 StPO ist zulässig und begründet.

Soweit der Betroffene neben seinem Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, ist dieser gegenstandslos, da eine Frist nicht versäumt wurde.

Die Rechtsbeschwerdeanträge und ihre Begründung sind rechtzeitig vor Ablauf der Frist von einem Monat gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 345 Abs. 1 StPO angebracht worden. Der die Anträge und ihre Begründung enthaltene Schriftsatz ging am Montag, dem 21. Juli 2003, beim Amtsgericht ein. An diesem Tag endete die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde. Die Frist von einem Monat zur Begründung der Rechtsbeschwerde begann gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 345 Abs. 1 StPO mit der Zustellung des Urteils an den Verteidiger des Betroffenen am 20. Juni 2003. Da das Fristende somit auf den 20. Juli 2003, einen Sonntag, fiel, endete die Frist gem. § 43 Abs. 2 OWiG mit Ablauf des 21. Juli 2003 als dem nächsten Werktag.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat zumindest vorläufig teilweise Erfolg.

Soweit sich die unbeschränkt erhobene Rechtsbeschwerde gegen den Schuldspruch wendet, war sie gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO), da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.

Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen gerade noch die Verurteilung des Betroffenen wegen eines fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes, wobei die Rotphase bereits mehr als eine Sekunde andauerte.

Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme Folgendes ausgeführt:

„Der von dem Amtsgericht angenommene qualifizierte Rotlichtverstoß erfordert die Feststellung, dass der Fahrzeugführer das Rotlicht nach einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde missachtet hat, wobei nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie und, wenn diese nicht vorhanden ist, das Einfahren in den von der Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereich ausschlaggebend ist (zu vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflg., Rdn. 61 zu § 37 StVO m. w. N.). Um dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Überprüfung des Verstoßes zu ermöglichen, hat das Tatgericht nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes zu treffen. Insbesondere wenn die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Messgerätes beruhen, sind wegen der damit verbundenen zahlreichen Fehlermöglichkeiten klare und erschöpfende Feststellungen zum Zeitablauf sowie zur Entfernung des Fahrzeugs zum Einmündungsbereich, zur Lichtzeichenanlage und zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie zu treffen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16.11.1995 4 Ss OWi 1281/95 ). Diesen Anforderungen wird das Amtsgericht zwar nur zum Teil gerecht, die Urteilsgründe belegen jedoch noch mit der erforderlichen Sicherheit, dass die Rotlichtphase beim Einfahren in den Kreuzungsbereich länger als eine Sekunde währte. Das Amtsgericht hat nicht mitgeteilt, ob an der Kreuzung eine Haltelinie vorhanden war. Darüber hinaus fehlen Angaben dazu, wie die Polizeibeamten den Abstand von 30 m zum Kreuzungsbereich ermittelt haben und aus welchen Gründen das Amtsgericht von einer Geschwindigkeit des Betroffenen beim Annähern an den Kreuzungsbereich von 50 km/h ausgegangen ist. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass Schätzungen von Zeugen grundsätzlich den Nachweis eines qualifizierten Rotlichtverstoßes erbringen können, wenn eine gezielte Überwachung der Lichtzeichenanlage auf Verstöße erfolgt und die Schätzung durch weitere hinzutretende Umstände erhärtet wird (zu vgl. Hentschel, a. a. O.). Das Urteil hat folgende Feststellungen getroffen:
„Der Betroffene fuhr am 04.12.2002 gegen 07.23 Uhr die Leveringhäuser Straße in Waltrop mit nördlicher Fahrtrichtung. Er missachtete dabei das Rotlicht der Lichtzeichenanlage an der Kreuzung Elisenstraße / Messingfeldstraße. Dieser Verstoß wurde von den Zeugen G. und O. beobachtet, die zum Tatzeitpunkt eine gezielte Rotlichtüberwachung vornahmen. Es handelt sich insoweit auch um eine Schulwegsicherung nach früheren Unfällen. Die Polizeibeamten konnten von ihrem Standort auf der Messingfeldstraße westlich der Lichtzeichenanlage den Bereich vor der Lichtzeichenanlage auf mindestens 30 m einsehen. Der Phasenwechsel von Gelb auf Rot erfolgte, als das Fahrzeug des Betroffenen noch nicht einmal sichtbar war. Somit betrug der Abstand des Betroffenen zur Lichtzeichenanlage beim Phasenwechsel auf Rot mindestens 30 Meter und die Rotphase betrug mindestens 2 Sekunden. Als der Betroffene die Fußgängerfurt überquerte, hatten die Fußgänger bereits Grün. Auf der westlichen (aus der Fahrtrichtung des Betroffenen gesehen; linken Seite) stand derweil ein Schulkind, welches die Fahrbahn überqueren wollte. Die Polizeibeamten hatten vor Beginn ihrer Überwachung die ordnungsgemäße Funktion der Lichtzeichenanlage überprüft. Nach dem Anhalten erklärte der Betroffene den einschreitenden Polizeibeamten, es sei doch gerade erst Rot gewesen, ob das nicht anders geregelt werden könne.“
Insofern kann festgestellt werden, dass die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten eine gezielte Überwachung vorgenommen und lediglich einen Mindestabstand benannt haben, wobei bei den in dieser Funktion eingesetzten Polizeibeamten eine gewisse Übung und Erfahrung beim Einschätzen von Abständen unterstellt werden darf. Des Weiteren hat das Amtsgericht die gefahrene Geschwindigkeit des Betroffenen in Widerspruch zu dessen Angaben auf 50 km/h festgesetzt und daraus eine bereits andauernde Rotlichtphase von mehr als zwei Sekunden beim Einfahren in den Kreuzungsbereich berechnet. Diese Berechnung ist rechtsfehlerhaft, da das Amtsgericht nicht dargelegt hat, aus welchen Umständen es auf eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 50 km/h geschlossen hat. Eine Schätzung ohne nähere Darlegung der Grundlagen reicht insoweit ebenso wenig aus wie die Tatsache, dass der Verkehrsverstoß innerorts begangen sein soll und die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort 50 km/h beträgt (zu vgl. OLG Hamm, Beschuss vom 22.08.2002 3 Ss OWi 692/02 -). Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes nicht zum Nachteil des Betroffenen aus, da auch bei Zugrundelegung der von ihm angegebenen Geschwindigkeit von 50 60 km/h = 13,89 16,67 sec/m ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt. Bei Berücksichtigung der angegebenen Maximalgeschwindigkeit von 60 km/h verbleibt zur Feststellung einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde eine Toleranz von ca. 13 m. Insofern kann es vorliegend nicht darauf ankommen, ob sich der von den Polizeibeamten geschätzte Abstand auf eine möglicherweise vorhandene Haltelinie oder die Fluchtlinie des Kreuzungsbereichs bezogen hat, denn nach diesen Feststellungen hatte das Fahrzeug des Betroffenen einen so deutlichen Abstand von dem Kreuzungsbereich, der vernünftige Zweifel an einer bereits andauernden Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde nicht aufkommen lässt, während er in den Kreuzungsbereich einfuhr. Die Feststellungen der Polizeibeamten werden dadurch erhärtet, dass der Betroffene vor Ort den Rotlichtverstoß eingeräumt hat und die Lichtzeichenanlage für die Fußgängerfurt bereits Grün zeigte, als der Betroffene diese mit seinem Fahrzeug passierte.
Der Betroffene hat sich zwar in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, er sei bei Gelb in den Kreuzungsbereich eingefahren, insoweit ist das Amtsgericht jedoch in rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Einlassung eine unzutreffende Schutzbehauptung darstellt. Weiterhin ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden, soweit das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der die Einlassung des Betroffenen bestätigenden Aussage der Zeugin Kocaoglu nicht zu folgen sei. Die Erwägungen des Tatrichters hierzu, die Zeugin habe keine Veranlassung gehabt, das Fahrverhalten des Betroffenen „zu beurteilen“, da sie selbst keinen Führerschein besitze und der Betroffene ihr als Fahrer vertraut gewesen sei, stellen auch keinen wie in der Rechtsbeschwerde behauptet nicht zu belegenden Erfahrungssatz auf, sondern sind zu berücksichtigende Gesichtspunkte bei Würdigung ihrer Aussage.“

Diesen zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft tritt der Senat nach eigener Prüfung bei. Dabei weist der Senat darauf hin, dass es wünschenswert gewesen wäre, wenn das Amtsgericht genaue Feststellungen zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie bei der Lichtzeichenanlage getroffen hätte. Grundsätzlich sind, um dem Rechtsbeschwerdegericht die erforderliche Überprüfung zu ermöglichen, nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes notwendig. Insbesondere wenn die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Messgerätes beruhen, sind wegen der damit verbundenen Fehlermöglichkeiten klare und erschöpfende Feststellungen zum Zeitablauf sowie zur Entfernung des Fahrzeugs zum Einmündungsbereich, zur Lichtzeichenanlage und zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie zu treffen (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 29. August 2002 in 3 Ss OWi 729/02 = NZV 2002, 577; vom 22. August 2002 in 3 Ss OWi 692/02; vom 03. August 1999 in 4 Ss OWi 790/99). Hierauf weist der Senat nochmals hin.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt jedoch entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Rechtsfehler erkennen, die insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht sich bei der Begründung der Verhängung des Fahrverbotes nicht auch mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob nicht von der Verhängung bei gleichzeitiger Erhöhung der festgesetzten Geldbuße abgesehen werden konnte, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch auf diese Weise erreicht werden kann. Zwar ist das Gericht bei Vorliegen eines Regelfalls nach der Bußgeldkatalog-Verordnung, wenn keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein Abweichen erkennbar sind, von der Verpflichtung enthoben, die grundsätzliche Angemessenheit der Verhängung eines Fahrverbotes besonders zu begründen. Der Tatrichter muss sich jedoch der Möglichkeit, von der Verhängung eines Fahrverbotes unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße ggf. absehen zu können, bewusst gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen grundsätzlich erkennen lassen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 06. September 2001 in 2 Ss OWi 787/01 = DAR 2002, 324 m. w. N.; vom 15. Mai 2000 in 2 Ss OWi 409/00 = VA 2000, 66 m. w. N.; vom 29. November 1996 in 2 Ss OWi 1314/96 = DAR 1997, 117 m. w. N.; vom 27. Juli 1995 in 2 Ss OWi 808/95 = NStZ-RR 1996, 51 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 04. Februar 2003 in 4 Ss OWi 74/03 = ZAP EN 355/03).
Daran fehlt es hier. Den Ausführungen des Amtsgerichts zum Rechtsfolgenausspruch lässt sich auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht entnehmen, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit bewusst gewesen ist, trotz Annahme eines Regelfalls nach der Bußgeldkatalog-Verordnung von der Verhängung eines Fahrverbotes unter Erhöhung der Geldbuße absehen zu können. Das Amtsgericht hat erkennbar nur die Frage geprüft hat, ob wegen Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden könnte.
Da die Ausführungen des Amtsgerichts zum Rechtsfolgenausspruch unvollständig sind, war dieser wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße insgesamt aufzuheben. Somit war die Sache im dargelegten Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 354 Abs. 2 StPO). Dieses hat in der neuen Entscheidung auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu befinden, da deren Erfolg noch nicht feststeht.


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