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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ss 462/03 OLG Hamm
1 Ws 258/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Begründung eines Urteils, durch das der Einspruch des Angeklagtem gegen den Strafbefehl wegen unentschuldigten Ausbleibens verworfen wird.

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Verwerfung; Einspruch; Ausbleiben des Angeklagten im Termin; Anforderungen an die Urteilsbegründung

Normen: StPO 412; StPO 329; StPO 344

Beschluss: Strafsache
gegen L.B
wegen Erschleichens von Leistungen

Auf die (Sprung-)Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 21. Januar 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 31. 07. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig (§349 Abs. 4 StPO) beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
Gegen die Angeklagte ist durch Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 14. August 2002 wegen Beförderungserschleichung in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 € festgesetzt worden. Ihren hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Urteil mit folgender Begründung verworfen:

„Die Angeklagte hat gegen den in der Urteilsformel bezeichneten Strafbefehl zwar rechtzeitig Einspruch erhoben, ist aber in dem heutigen Termin zur Hauptverhandlung, ungeachtet der durch die Urkunde vom 14.09.2002 nachgewiesenen Ladung, ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden.

Der erhobene Einspruch war daher nach § 412 der Strafprozessordnung zu verwerfen.

Die Kostentragungspflicht folgt aus § 465 der Strafprozessordnung.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die (Sprung-)Revision der Angeklagten. Zugleich hat sie gegen die Kostenentscheidung des Urteils sofortige Beschwerde eingelegt.

Die form- und fristgemäß eingelegte Revision hat Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 18. Juli 2003 beantragt, das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückzuverweisen. Sie hat dazu u. a. ausgeführt:

„Die Revision ist auch fristgemäß und in noch zulässiger Form begründet worden. Mit dem Revisionsvorbringen soll ersichtlich geltend gemacht werden, das Verwerfungsurteil nach §§ 412, 329 Abs. 1 StPO gehe zu Unrecht davon aus, die Angeklagte sei nicht genügend entschuldigt gewesen. Die revisionsrechtliche Überprüfung dieses Vorbringens setzt die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus. An die Zulässigkeit dieser Verfahrensrüge werden jedoch keine strengen Anforderungen gestellt (OLG Köln, StV 89, 53 m. w. N.), zumal das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, die in der Revisionsbegründung nicht wiederholt zu werden brauchen, gebunden ist.
Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung noch gerecht. Zwar fehlt der konkrete Hinweis auf die §§ 412, 329 Abs. 1 StPO. Dies ist aber unschädlich, da dem Zusammenhang des Begründungsschreibens diese Beanstandung zweifelsfrei zu entnehmen ist. Auch die nicht den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Bezugnahme auf Kopien bleibt im Ergebnis ohne Auswirkungen. Der Begründung selbst sind nämlich die erforderlichen Tatsachen noch in der gebotenen Form zu entnehmen. Die Angeklagte hat dargelegt, sie habe dem Gericht Beweise darüber vorgelegt, dass sie ein Kleinstkind zu versorgen habe und die Reise zur Hauptverhandlung nicht antreten könne, ohne gesundheitliche Gefahren für das Kind befürchten zu müssen.

Die Revision der Angeklagten hat zumindest vorläufig deshalb Erfolg, weil die formularmäßige Begründung des angefochtenen Urteils aus Rechtsgründen zu beanstanden ist. Sie genügt nämlich nicht den von der Rechtsprechung an den notwendigen Inhalt eines gem. §§ 412, 329 Abs. 1 StPO ergangenen Verwerfungsurteils zu stellenden Anforderungen (Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, Rdziff. 33 zu § 329 m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte muss das nach § 329 Abs. 1 StPO ergangene Urteil so begründet sein, dass das Revisionsgericht die maßgebenden Erwägungen des Berufungsgerichts nachprüfen kann. Namentlich müssen vorgebrachte Entschuldigungsgründe und als Entschuldigung in Betracht kommende Tatsachen wiedergegeben und gewürdigt werden. Dies folgt schon daraus, dass das Revisionsgericht bei der Prüfung der Frage, ob das erkennende Gericht die in §§ 412, 329 StPO enthaltenen Rechtsbegriffe verkannt hat, an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gebunden ist. Es darf sie weder in Frage stellen noch im freien Beweisverfahren ergänzen (zu vgl. BGHSt 28, 384). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Obwohl dem Amtsgericht die von der Angeklagten vorgetragenen Gründe ihres Ausbleibens vor der Hauptverhandlung mitgeteilt worden waren, hat es sich mit diesen inhaltlich im Urteil nicht auseinandergesetzt. Dies wäre aber nach dem zuvor Gesagten zwingend erforderlich gewesen, um dem Revisionsgericht die Grundlage der Überprüfung auf Rechtsfehler zu eröffnen.“

Dem tritt der Senat bei. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache gem. § 354 Abs. 2 StPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund, die auch über die Kosten der Revision zu befinden hat, zurückzuverweisen. Mit dieser Entscheidung des Senats ist die von der Angeklagten eingelegte Kostenbeschwerde gegenstandslos.


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