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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss OWi 413/03 OLG Hamm

Leitsatz: Bei einem Zeitablauf von nur einem Jahr und neun Monaten zwischen Tat und tatrichterlichem Urteil kann durchaus noch ein Fahrverbot verhängt werden.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrverbot, langer Zeitablauf zwischen Tat und Urteil, Vorbelastungen

Normen: BKatVO 4

Beschluss: Bußgeldsache
gegen E.A.
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 5. März 2003 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 07. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Geldbuße auf 125,00 € festgesetzt wird.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

Gründe:
Der Betroffene ist durch das angefochtene Urteil wegen „fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb der geschlossenen Ortschaft“ zu einer Geldbuße von 155,- € verurteilt worden. Außerdem ist ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden, dessen Wirksamkeit eintritt, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 12. Oktober 2001 um 16.30 Uhr in Recklinghausen mit einem PKW die Friedrich-Ebert-Straße, bei der es sich um einen innerörtlichen Bereich mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h handelt, mit einer Geschwindigkeit von 94 km/h. Die Messung erfolgte mit dem Laser-Messgerät Riegl-LR 90-235/P, wobei das Amtsgericht bei einem Toleranzabzug von 3 km/h von der gemessenen Geschwindigkeit von 97 km/h eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 44 km/h angenommen hat.
Der Betroffene hat den Umfang der Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten, der Tatrichter seine getroffenen Feststellungen hierzu insbesondere auf die Aussage des die Geschwindigkeit messenden Polizeibeamten und ein eingeholtes Geschwindigkeitsgutachten eines Sachverständigen gestützt.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur in geringem Umfang zur Höhe der verhängten Geldbuße Erfolg.

Soweit der Betroffene die Verletzung formellen Rechts rügt, ist die Rüge nicht in der gebotenen Form ausgeführt und daher unzulässig (§§ 344 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 2 OWiG).

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts vorgenommene Überprüfung des Urteils lässt hinsichtlich des Schuldspruchs Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen.
Der Urteilstenor im Zusammenhang mit den Urteilsgründen lässt auch eindeutig erkennen, gegen welchen Ordnungswidrigkeitentatbestand der Betroffene verstoßen hatte. Der Bestand des Urteils ist auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die im Anschluss an die Urteilsformel aufgeführte Reihe der angewendeten Vorschriften zum Teil unrichtig ist.
Aufgrund der innerörtlichen Lage der Straße und der daher zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h handelt es sich um einen Verstoß gegen die §§ 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO und nicht um einen Verstoß gegen ein Vorschriftszeichen (Zeichen 274/274.1 zu § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO), dessen Missachtung § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO unterstellt. Die tatsächlichen Feststellungen insbesondere auch in Verbindung mit dem Urteilstenor tragen daher die Verurteilung wegen eines solchen Verstoßes zweifelsfrei und machen deutlich, welchen gesetzlichen Tatbestand das Gericht als erfüllt angesehen hat und welche Vorschriften für die Bemessung der Rechtsfolgen maßgeblich waren (vgl. auch Senatsbeschluss vom 19. April 1999 in 2 Ss OWi 37/99), zumal auf Seite 6 UA ausdrücklich § 3 Abs. 3StVO genannt ist.

Soweit die Rechtsbeschwerde vorrangig die Beweiswürdigung des Tatrichters angreift, verkennt sie, dass das Rechtsbeschwerdegericht diese hinnehmen muss, wenn sie frei von Rechtsfehlern ist, also weder Lücken noch Widersprüche aufweist oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Dies ist indes nicht der Fall.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs führt jedoch hinsichtlich der Festsetzung der Geldbuße zur Aufdeckung eines Rechtsfehlers.

Das Amtsgericht hat den in Nr. 11.3.7 der Tabelle 1 c der Anlage zu § 1 BKatV vorgesehenen Regelsatz von 125,- € (zur Tatzeit 250,- DM) für eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 41 bis 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften zwar nur maßvoll erhöht, es hat jedoch zur Begründung angeführt, der Betroffene sei bereits drei Mal straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten und zuletzt - ohne die beiden ersten Verstöße überhaupt zu benennen - mit Bußgeldbescheid vom 14. November 2001, rechtskräftig am 6. Dezember 2001, wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb der geschlossenen Ortschaft um 31 km/h mit einer Geldbuße von 150,- DM belegt worden. Unabhängig davon, dass über die beiden ersten Verstöße keinerlei Angaben gemacht werden und daher der Senat nicht überprüfen kann, ob diese überhaupt noch verwertbar waren, hat es dabei auch übersehen, dass die zitierte Geschwindigkeitsüberschreitung erst mit Bußgeldbescheid vom 14. November 2001 und damit erst etwa einen Monat nach der hier vorliegenden Tat geahndet worden ist. Damit handelt es sich - entgegen den Feststellungen des Tatrichters - nicht um eine einschlägige Vorbelastung des Betroffenen, die eine Erhöhung der Regelbuße hätte rechtfertigen können. Dies wäre allenfalls dann möglich gewesen, wenn festgestellt worden wäre, dass der Betroffene wegen des im November 2001 geahndeten Geschwindigkeitsverstoßes vor Begehung der vorliegenden Tat von der Einleitung des gegen ihn gerichteten Ordnungswidrigkeitenverfahrens in Kenntnis gesetzt worden wäre. Insoweit fehlt es an Feststellungen, wobei auch das Datum der „Vortat“ nicht mitgeteilt wird.

Da der Tatrichter die „Voreintragungen“ jedoch nur zur Erhöhung der Geldbuße herangezogen hat, nicht aber auch im Hinblick auf die Verhängung des Fahrverbots, begegnet diese keinen rechtlichen Bedenken, zumal insoweit alle von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze beachtet worden sind.
Soweit das Amtsgericht im Hinblick auf den Zeitablauf von knapp einem Jahr und fünf Monaten zwischen der Tat und dem Urteil keine Ausführungen zur Notwendigkeit der Verhängung des Fahrverbots gemacht hat, war dies hier nicht erforderlich. Zwar ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass jedenfalls bei einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren zwischen Tat und Ahndung auf Ausführungen hierzu nicht verzichtet werden kann, doch gilt dies nicht für den vorliegenden Zeitraum (vgl. BayObLG zfs 2002, 202; Beschluss des hiesigen 5. Senats für Bußgeldsachen vom 18. Mai 2000 in DAR 2000, 580; Beschluss des hiesigen 3. Senats für Bußgeldsachen vom 25. Juni 2002 in 3 Ss OWi 341/02, wonach bei einem Zeitablauf von nur einem Jahr und neun Monaten durchaus noch ein Fahrverbot hätte verhängt werden können).

Da das Amtsgericht bei der Verhängung des Fahrverbots ausdrücklich nicht auf die „Voreintragungen“ abgestellt hat und ein solches auch bei einer Geschwindigkeits-überschreitung in vorliegender Höhe ohne Hinzutreten von Voreintragungen hätte verhängt werden müssen, ist der Rechtsfolgenausspruch insoweit nicht zu beanstanden.

Da nicht zu erwarten ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere bedeutsame Feststellungen zur Festsetzung der Geldbuße getroffen werden können, hat der Senat von einer Zurückverweisung der Sache abgesehen und von der Möglichkeit des § 79 Abs. 6 OWiG Gebrauch gemacht, in der Sache selbst zu entscheiden. Dabei ist er davon ausgegangen, dass „Voreintragungen“ nicht vorgelegen haben, und hat daher die Regelgeldbuße von 125,- € als angemessen erachtet und festgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 u. 4 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG, wobei es angesichts des nur sehr geringen Erfolgs des Rechtsmittels nicht angezeigt war, den Betroffenen von Kosten und Auslagen freizustellen.


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