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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi 410/03 OLG Hamm

Leitsatz: Soll die Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs zugelassen werden, muss der Zulassungsantrag so begründet werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages in der Lage ist zu prüfen, ob die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht.

Senat: 4

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Zulassung, Rechtsbeschwerde; Versagung des rechtlichen Gehörs; Begründung des Zulassungsantrags; Verfassungsbeschwerde

Normen: OWiG 80, StPO 344, GG Art. 103

Beschluss: Bußgeldsache
gegen O.N.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß
§§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 6. Dezember 2002 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 06. 2003 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 2 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Gründe:
Der Oberbürgermeister der Stadt Münster hat gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 4. April 2001 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft von 100 km/h um 36 km/h eine Geldbuße in Höhe von 160,- DM festgesetzt. Nachdem der Betroffene rechtzeitig dagegen Einspruch eingelegt hatte, beraumte das Amtsgericht Münster verschiedentliche Termine zur Hauptverhandlung, letztmalig zum 6. Dezember 2002, an. Die Terminsladungen für den Betroffenen, der von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen im Hauptverhandlungstermin nicht entbunden worden war, enthielten die Belehrung gemäß § 74 Abs. 3 OWiG.

In der Hauptverhandlung vom 6. Dezember 2002 hat das Amtsgericht das unentschuldigte Ausbleiben des Betroffenen festgestellt und dessen Einspruch durch Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Es hat darin ausgeführt, die von dem Betroffenen vorgetragenen Gründe seien keine genügende Entschuldigung, weil das vorgelegte ärztliche Attest nicht substantiiert sei. Der Betroffene stelle seit mehr als einem Jahr Verlegungsanträge; „inzwischen werde offensichtlich, dass hierdurch der Eintritt der Verjährung angestrebt werde“.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügt mit der Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt. Weiterhin rügt er die Verletzung rechtlichen Gehörs. Hierzu hat er vorgetragen: „Im Falle seiner Anhörung vor dem Amtsgericht hätte sich der Betroffene nämlich dahingehend eingelassen, dass bei seiner ganz offensichtlich durch das ProViDa-System ermittelten Geschwindigkeit erhebliche (Mess-)Fehler aufgetreten sind, so dass von daher der Bußgeldbescheid der Stadt Münster vom 04.04.2001 auch zu Unrecht gegen ihn ergangen sei.“

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

1. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wird bei Geldbußen von nicht mehr als 100,- € (vormals von nicht mehr als 200,- DM) die Rechtsbeschwerde wegen Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG kann - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - aber nur mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl.,
§ 74 Rdnr. 48 b m.w.N.). In Fällen geringerer Bedeutung (hier Geldbußen von nicht mehr als 200,- DM) ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verwerfung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid durch ein gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ergangenes Urteil daher nicht vorgesehen.

2. Auch die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist nicht in zulässiger Weise erhoben worden (vgl. §§ 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO).

Die Behauptung der Versagung des rechtlichen Gehörs ist im Wege der Verfahrensrüge geltend zu machen. Handelt es sich jedoch - wie hier - um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit, so kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen eines Verfahrensfehlers grundsätzlich nicht in Betracht (§ 80 Abs. 2 OWiG). Es kann dahinstehen, ob dies auch für den Fall der Versagung des rechtlichen Gehörs gilt (so OLG Düsseldorf, JMBl. NW 1991, 285) oder ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs unabhängig von der Beschränkung des § 80 Abs. 2 OWiG stets geltend gemacht werden kann (so OLG Köln, NStZ 1988, 31; VRS 79, 53), weil eine dahingehende Verfahrensrüge jedenfalls nicht in der vorgeschriebenen Form ausgeführt ist. Nach der amtlichen Begründung der gesetzlichen Regelung (vgl. BT-Drs. Nr. 10/2652, S. 29) sollen durch die Neufassung des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG bereits im Zulassungsbereich einschlägige Verfassungsbeschwerden gerade vermieden werden, weil in begründeten Fällen der Verfassungsverstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG schon innerhalb des Fachgerichtsbereichs bereinigt wird (vgl. BT-Drs. a.a.O.). Das Rechtsbeschwerdegericht muss deshalb aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages in der Lage sein zu prüfen, ob die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht. Für den Rechtsbeschwerdevortrag nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG muss also das Gleiche verlangt werden, wie für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde (vgl. OLG Schleswig, SchlHA 1989, 116; BayObLG, MDR 1992, 802). Es ist substantiiert vorzutragen, was der Beschwerdeführer bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, weil nur dann geprüft und entschieden werden kann, ob die angegriffene Entscheidung auf dem Verfassungsverstoß beruht (vgl. BVerfGE 28, 17/19 f). Im Gegensatz zum Strafverfahren, in dem das Revisionsgericht abstrakt von der Möglichkeit des Beruhens des angefochtenen Urteils auf einem Verfahrensverstoß ausgeht, reicht also im Rechtsbeschwerdeverfahren die bloße Behauptung der Versagung rechtlichen Gehörs nicht aus. Vielmehr bedarf es der konkreten Angabe der Tatsachen, aufgrund derer die Beruhensfrage geprüft werden kann. Diesen Voraussetzungen genügt die vorliegende Begründung des Zulassungsantrages nicht. Der Betroffene hat lediglich ausgeführt, er hätte geltend gemacht, dass bei seiner offensichtlich über das ProViDa-System ermittelten Geschwindigkeit erhebliche (Mess-)Fehler aufgetreten seien, so dass von daher der Bußgeldbescheid der Stadt Münster vom 4. April 2001 auch zu Unrecht gegen ihn ergangen sei. Dem Antragsvorbringen sind konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich Messfehler herleiten könnten, nicht zu entnehmen. Die vorgetragene pauschalierte Behauptung eines Messfehlers, die nicht auf einem konkreten Tatsachenvortrag beruht, reicht hierzu keinesfalls aus.

Da eine Sachrüge nicht erhoben ist, war die Rechtsbeschwerde nicht in zulässiger Weise begründet worden. Ist aber die Rechtsbeschwerde selbst unzulässig, ist es auch der Zulassungsantrag (vgl. Göhler, a.a.O., § 80 Rdnr. 31 m.w.N.).


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