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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1148/02 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Bei der Verwertung von Voreintragungen eines Betroffenen im Rahmen der Fahrverbotsentscheidung sind grundsätzlich das Datum des Erlasses des Bußgeldbescheides und das seiner Rechtskraft anzugeben.
2. Das Absehen von einem nach der BußgeldkatalogVO indizierten Fahrverbot ist nicht nur bei Vorliegen einer „Härte außergewöhnlicher Art„ möglich. Vielmehr reichen dazu schon „erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände„ aus.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrverbot, Voreintragungen, erforderliche Feststellungen, Absehen vom Fahrverbot, Vielzahl von Härten

Normen: StPO 267, BKatV 2

Beschluss: Bußgeldsache
gegen B.S.
wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne- Wanne vom 10. Oktober 2002 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 01. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Herne-Wanne zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen „einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG„ zu einer Geldbuße von 150 EURO verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Rechtsfolgenausspruch des angegriffenen Urteils aufzuheben.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat - zumindest vorläufig - Erfolg.

1. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß den §§ 3 Abs. 3, 41 (Zeichen 274) 49 StVO, 24 StVG. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das angefochtene Urteil sich hinsichtlich der Feststellungen zur Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung darauf beschränkt, dass die Messung mit dem Radargerät „Multanova 6 F„ vorgenommen worden sei, und der Tatrichter - ersichtlich zum Ausgleich von Messungsgenauigkeiten - ein Toleranzwert von 5 km/h von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen hat. Dies ist, wenn - wie hier - keine Besonderheiten vorliegen, ausreichend (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Senats VRS 102, 218 = NZV 2002, 245 = DAR 2002, 226 = zfs 2002, 404 = VD 2002, 379 (Ls.) mit weiteren Nachweisen; so auch schon OLG Hamm NStZ 1990, 546; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 3 StVO Rn. 59 mit weiteren Nachweisen), zumal der Betroffene weder die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich noch deren Höhe bestritten hat. Damit ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs wirksam.

2. Die Rechtsbeschwerde hat hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg. Insoweit sind die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nämlich lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft (§ 267 StPO).

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:

„Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist auch ein - zumindest vorläufiger - Erfolg nicht zu versagen.

Zwar tragen die Feststellungen des Amtsgericht die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG, zumal sich den Urteilsgründen aufgrund der festgesetzten Regelgeldbuße (noch) hinreichend sicher entnehmen lässt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften erfolgte. Die auf die allgemein erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts hin vorzunehmende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung führt jedoch zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, da den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, ob die zur Begründung des angeordneten Fahrverbots herangezogene verkehrsrechtliche Voreintragung des Betroffenen überhaupt verwertbar war.

Bei der Verwertung von Voreintragungen eines Betroffenen sind grundsätzlich das Datum des Erlasses des Bußgeldbescheides und das seiner Rechtskraft anzugeben (zu vgl. Senatsentscheidung vom 15.10.1996, 2 Ss OWi 1131/96). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, da das Amtsgericht lediglich mitteilt, dass der Betroffene am 17.07.2000 auf der L 511 in Herten die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 21 km/h überschritten habe und dass deshalb eine Geldbuße von 80,00 DM verhängt worden sei.

Diese Ausführungen ermöglichen es dem Revisionsgericht nicht, Feststellungen zur Verwertbarkeit der zu Lasten des Betroffenen berücksichtigten Voreintragung zu treffen, da nicht erkennbar ist, ob die aufgrund des Vorfalls vom 17.07.2000 ergangene Bußgeldentscheidung zum Zeitpunkt des Urteils am 10.10.2002 bereits rechtskräftig oder evtl. schon tilgungsreif war.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil in Bezug auf die Festsetzung des Fahrverbots auf diesem Fehler beruht, da das Amtsgericht seine Ablehnung einer Geldbußenerhöhung zur Abwendung des Fahrverbots unter anderem damit begründet hat, dass der Betroffene durch sein verkehrsrechtliches Vorverhalten gezeigt habe, dass er sich allein eine Geldbuße nicht zur Warnung dienen lasse.

Das Urteil kann demnach im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.„

Dem tritt der Senat nach eigener Prüfung bei. Demgemäss war das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

III.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Das Amtsgericht hat in Zusammenhang mit seinen Erwägungen zum Absehen vom Fahrverbot ausgeführt:

„Darüber hinaus ist in diesem Fall ein Fahrverbot von 1 Monat regelmäßig zu verhängen, es sei denn, die erstrebte Einwirkung auf den Betroffenen könnte auch durch eine erhöhte Geldbuße bei Reduzierung des Fahrverbots erreicht werden.

Ein solcher Ausnahmefall liegt indes nicht vor.

Von der Verhängung des Regelfahrverbotes ist nur abzusehen, wenn entweder Tatumstände äußerer oder innerer Art eine Ausnahme rechtfertigen oder die Anordnung des Fahrverbotes eine Härte außergewöhnlicher Art bedeuten würde.......„

Diese Formulierung ist nicht rechtsbedenkenfrei. Das Amtsgericht scheint nämlich zu übersehen, dass nicht erst eine „Härte außergewöhnlicher Art„ ein Absehen von einem nach der BußgeldkatalogVO indizierten Fahrverbot ermöglicht. Vielmehr reichen dazu schon „erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände„ aus. Dies entspricht der inzwischen wohl überwiegenden Meinung der Obergerichte (vgl. nur BGHSt 38, 125 = NZV 1992, 117; wegen weiterer Nachweise, Hentschel, a.a.O., § 25 StVG Rn. 24), insbesondere aber auch der des OLG Hamm (vgl. OLG Hamm NZV 1997, 281; DAR 2000, 129; Senat VA 2001, 189 = VRS 101, 298 = BA 2002, 59 = DAR 2002, 324, jeweils mit weiteren Nachweisen). Der vom Amtsgericht zugrunde gelegte Maßstab gilt nur für die Festsetzung eines Fahrverbotes nach einem Verstoß gegen § 24 a StVG (OLG Hamm, a.a.O.).

Das Amtsgericht wird bei der erneuten Entscheidung diesen (milderen) Maßstab zu berücksichtigen haben. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass nach den derzeit getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Fahrverbotsentscheidung des Amtsgerichts auch unter Berücksichtigung dieses Maßstabs nicht zu beanstanden sein dürfte. Das Amtsgericht ist bislang zutreffend davon ausgegangen, dass ein sog. „Augenblicksversagen„ nicht vorliegt. Auch rechtfertigen die beruflichen Auswirkungen des festgesetzten Fahrverbotes ein Absehen von dessen Verhängung nicht. Die Rechtsbeschwerde übersieht nämlich, dass bislang nicht festgestellt ist, dass der Betroffene aufgrund der Verhängung des Fahrverbotes seinen Arbeitsplatz verlieren wird bzw. dieses droht. In der Regel ist aber nur dann die Ausnahme vom Fahrverbot gerechtfertigt (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Hentschel, a.a.O., § 25 Rn. 25; siehe auch OLG Hamm DAR 1995, 374 = VRS 90, 146; DAR 1999, 178 = VRS 96, 291 = NZV 1999, 301).


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