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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 1058/02 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Briefzusteller der Deutschen Post AG, der Postwurfsendungen, wie z.B. Reklameflyer einer Möbelfirma nicht austeilt, sondern in einen Abfallcontainer wirft, unterdrückte unbefugt die der Deutschen Post AG zur Übermittlung anvertrauten Sendungen und macht sich wegen Unterdrückung von Postsendungen nach § 206 Abs. 2 Nr. 3 StGB strafbar.

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: Verletzung des Postgeheimnisses, Wegwerfen von Reklameflyern, Unterdrückung von Postsendungen, anvertraut

Normen: StGB 206

Beschluss: Strafsache
gegen T.J.
wegen Verletzung des Postgeheimnisses

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lippstadt vom 04. Juni 2002 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 01. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seiner Verteidiger einstimmig beschlossen:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte wegen Verletzung des Postgeheimnisses in zwei Fällen gemäß § 206 Abs. 2 Nr. 3 StGB - Unterdrückung von Sendungen - zu einer Gesamtgeldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verurteilt wird.

Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 16. Oktober 2001 vorgeworfen, in Lippstadt am 08. und 09. März 2001 in zwei Fällen als Beschäftigter der Deutschen Post AG Postwurfsendungen, die mit der Tagespost verteilt werden sollten, in einen Altpapierbehälter geworfen zu haben, §§ 206 Abs. 2 Nr. 2, 53 StGB.

Das Amtsgericht Lippstadt hat den Angeklagten am 04. Juni 2002 deswegen - nach Erteilung eines entsprechenden rechtlichen Hinweises - wegen Unterschlagung von Sachen geringen Wertes in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verurteilt.

Die dagegen gerichtete Revision ist zulässig, führt jedoch, wie von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt, unter Verwerfung des Rechtsmittels lediglich zu einer Abänderung des Schuldspruchs.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag wie folgt begründet:

„Die vom Gericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer Unterschlagung geringwertiger Sachen nach §§ 246 Abs. 1, 248 a StGB nicht. Es fehlt an dem Tatbestandsmerkmal der rechtswidrigen Zurechnung. Eine solche liegt im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB nur dann vor, wenn sich der Zueignungswille des Täters in objektiv erkennbarer Weise manifestiert, das heißt es muss zumindest eine kurzfristige Aneignung der Sache vorliegen. Der Angeklagte hat bezüglich der Postwurfsendungen nur eine Eigentümer ähnliche Herrschaftsmacht ausgeübt, jedoch die Flyer nicht zu einem Teil seinem Vermögen zugeführt und einen entsprechenden Nutzen daraus gezogen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat sich der Angeklagte jedoch wegen Verletzung des Postgeheimnisses in zwei Fällen durch Unterdrückung von Postsendungen nach § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB strafbar gemacht. Als Briefzusteller der Deutschen Post AG ist er Beschäftigter eines Unternehmens, welches geschäftsmäßig Postdienste erbringt. Dadurch, dass er die Reklameflyer der Firmen P.B. und Möbel G. GmbH nicht austeilte, sondern in einen Abfallcontainer warf, unterdrückte er unbefugt die der Deutschen Post AG zur Übermittlung anvertrauten Sendungen. Bei den Reklameflyern der genannten Firmen handelt es sich auch um eine Postwurfsendung im Sinne des § 206 StGB, zu der jede beliebige Sendung, das heißt jeder körperliche Gegenstand, der auf dem Postweg versendet werden kann, zählt (zu vergleichen Tröndle/Fischer, StGB, 50. Auflage, § 206 Rdnr. 11). Unerheblich ist, dass der Gegenstand lizenzfrei von jedermann von Haus zu Haus verteilt werden könnte. Abzustellen ist darauf, dass der zu versendende Gegenstand tatsächlich ordnungsgemäß durch Erteilung eines Zustellungsauftrages mit Übergabe an die Deutsche Post AG in den Postverkehr gelangt war.

Gegen den Rechtsfolgenausspruch ist nichts zu erinnern. Zwar ist bei der Strafzumessung der dem § 206 StGB zu entnehmende höhere Strafrahmen maßgeblich. Dieser kann jedoch nicht zu ungunsten des Angeklagten geändert werden. Auch sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die bei der Strafzumessung im Rahmen des § 206 StGB nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.“

Dem schließt sich der Senat an.
Die Bedenken der Verteidigung, der Schutzzweck der Norm des § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB beschränke die Strafbarkeit auf diejenigen Fälle, in denen, anders als bei Postwurfsendungen, die Sendungen für bestimmte Empfänger gekennzeichnet seien, greifen nicht. § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB schützt (nur) das Vertrauen in die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Postverkehrs (vgl. Schönke Schröder/Lenckner, StGB, 26. Aufl., § 206 Rdnr. 15). Dieses Vertrauen ist, unabhängig von Form und Inhalt der fraglichen Sendung und damit auch bei Postwurfsendungen, deren Empfängerkreis im Übrigen hinreichend bestimmt ist (Austeilung mit der Tagespost) schützenswert.
Auch das Tatbestandsmerkmal „anvertraut“ ist vorliegend erfüllt. Zur Übermittlung anvertraut ist jede Sendung, die, wie hier, ordnungsgemäß in den Postverkehr gelangt ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 206 Rdnr. 12).

Die Revision war daher nach allem mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet zu verwerfen.

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft beantragt hat, die Tagessatzhöhe, abweichend vom amtsgerichtlichen Urteil, mit 50,00 Euro zu bemessen, handelt es sich, wie die Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch belegen, offensichtlich um ein Diktat- oder Schreibversehen.


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