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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 235/2002 OLG Hamm

Leitsatz: Bestellt aber im Verfahren nach § 67 e StGB der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer dem Verurteilten einen Pflichtverteidiger, so gilt die Bestellung für das gesamte Verfahren bis zum Vollstreckungsende; die Beiordnung beschränkt sich nicht auf den jeweils zu entscheidenden Vollstreckungsabschnitt.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Pflichtverteidigerbestellung, Umfang, STrafvollstreckungsverfahren

Normen: StPO 140; StGB 67 e

Beschluss: Maßregelvollzugssache
gegen L.W.,
wegen gefährlicher Körperverletzung (hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers).

Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 13. September 2002 gegen den Be-
schluss des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 21. August 2002 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts
Hamm am 10. 10. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht Stilke-Wassel nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zurückverwiesen.

Gründe:
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 31. Oktober 1991 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Außerdem ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, die seit dem 13. Oktober 1994 vollzogen wird. Durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 22. Mai 2002 ist die bedingte Entlassung des Untergebrachten letztmalig abgelehnt worden. Gleichzeitig ist bestimmt worden, dass ein neuer Antrag des Untergebrachten vor Ablauf eines Jahres ab Rechtskraft dieses Beschlusses unzulässig ist. Zuvor hatte der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer unter dem 30. April 2002 dem Verurteilten Rechtsanwalt S. aus Hamm als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2002 hat der Beschwerdeführer beantragt, ihm einen Rechtsanwalt aus Werl beizuordnen. Diesen Antrag hat er in einer Erklärung gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl dahin konkretisiert, dass er die Beiordnung eines neuen Rechtsanwaltes erstrebe, da er mit der Vertretung durch den ihm von der Strafvollstreckungskammer Arnsberg beigeordneten Rechtsanwalt S. nicht einverstanden sei. Mit Beschluss vom 21. August 2002 hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer den Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass zur Zeit kein Anlass bestehe, einen Pflichtverteidiger beizuordnen, weil kein Verfahren anhängig oder auch nur angekündigt sei. Ein Antrag auf bedingte Entlassung sei zur Zeit auch unzulässig, weil durch den Beschluss der Kammer vom 22. Mai 2002 eine Frist von einem Jahr festgesetzt worden sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Untergebrachten vom 13. September 2002.

Die zulässige Beschwerde des Verurteilten hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Eine Entscheidung über die Beiordnung eines Pflichtverteidigers war nicht veranlasst, da dem Verurteilten bereits auf Anordnung des Vorsitzenden vom 30. April 2002 Rechtsanwalt S. als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist. Bestellt aber im Verfahren nach § 67 e StGB der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer dem Verurteilten einen Pflichtverteidiger, so gilt die Bestellung für das gesamte Verfahren bis zum Vollstreckungsende; die Beiordnung beschränkt sich nicht auf den jeweils zu entscheidenden Vollstreckungsabschnitt (OLG Stuttgart, NJW 2000, 3367; a.A. OLG Schleswig, SchlHA 89, 105). Rechtsanwalt S. ist für das Vollstreckungsverfahren zum Verteidiger bestellt worden. Das Vollstreckungsverfahren läuft aber so lange, wie die Vollstreckung tatsächlich andauert. Gerade in Unterbringungssachen erscheint die Beschränkung der Verteidigerbestellung auf einen kurzen Verfahrensabschnitt auch nicht sinnvoll, da einmal in regelmäßigen Zeitabständen über die Fortdauer der Unterbringung zu entscheiden ist und zum anderen Handlungsbedarf auch für den Verurteilten und seinen Verteidiger zur Vorbereitung späterer Entscheidungen - wie etwa die Anregung, Gutachten oder Stellungnahmen einzuholen - bestehen kann. Angesichts der Tatsache, dass dem Verurteilten bereits ein Pflichtverteidiger bestellt war, bestand daher für den Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer keine Veranlassung, erneut darüber zu entscheiden mit der Folge, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben war.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Beschwerdeführer bereits ein Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist, ist der Antrag des Verurteilten nach seinem Sinn und Zweck vielmehr dahingehend auszulegen, dass er die Entpflichtung von Rechtsanwalt S. und die Beiordnung von Rechtsanwalt Herfurth erstrebt. Eine solche Entpflichtung kommt dann in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die den Zweck der Pflichtverteidigung, dem Beschuldigten (hier dem Untergebrachten) einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13. Oktober 2000 - 2 Ws 267/00 m.w.N. -). Die Frage, ob diese Voraussetzungen für eine Entpflichtung von Rechtsanwalt S. vorliegen, hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer jedoch noch nicht geprüft. Aus diesem Grunde war die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zurückzuverweisen. Eine Entscheidung des Senats kam nicht in Betracht, da eine Entscheidung des zunächst berufenen Gerichts noch nicht vorliegt.


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