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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 405/02 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Fluchtgefahr, wenn sich der Angeklagte lange Zeit für das Verfahren zur Verfügung gehalten hat.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Haftbeschwerde, Fluchtgefahr, Verfahrensablauf, Kaution, zur Verfügung gehalten.

Normen: StPO 112, StPO 116

Beschluss: Strafsache
gegen T.Z.
wegen Beihilfe zum schweren Raub (hier: (Haft-)Beschwerde des Angeklagten).

Auf die (Haft-)Beschwerde des Angeklagte vom 17. September 2002 gegen den Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 06. September 2002 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 10. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bochum vom 28. Januar 2001 (64 Gs 459/99) in der Form des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 27. Juni 2001 und der Form des Beschlusses des Senats vom 6. November 2001 (2 Ws 275/01) wird auf Kosten der Landeskasse, die auch die dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, aufgehoben.

Gründe:
I.
Dem Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft Bochum vorgeworfen, am 25. Januar 2000 an einem zum Nachteil des Inhabers einer Lottoannahmestelle in Bochum begangenen Raubes beteiligt gewesen zu sein. Deswegen erließ das Amtsgericht Bochum am 28. Januar 2000 gegen den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Raubes nach den §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB Haftbefehl. Der Angeklagte befand sich sodann bis zum 21. März 2000 in Untersuchungshaft. An diesem Tag wurde der Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft außer Vollzug gesetzt.

Am 27. Juni 2001 wurde der Angeklagte vom Landgericht Bochum wegen der Vorwürfe, die auch Gegenstand des Haftbefehls vom 28. Januar 2001 sind, wegen Beihilfe zum schweren Raub zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach Urteilsverkündung wurde der Haftbefehl vom 28. Januar 2001 von der Strafkammer wieder in Vollzug gesetzt.

Die dagegen gerichtete Haftbeschwerde des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 17. Juli 2001 verworfen. Auf eine weitere Haftbeschwerde des Angeklagten hin hat der Senat sodann mit Beschluss vom 6. November 2001 gegen eine Kaution von 20.000 DM den Haftbefehl erneut außer Vollzug gesetzt. Der Angeklagte befindet sich seit dem 7. November 2001 wieder auf freiem Fuß.

Gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. Juni 2001 hat der Angeklagte Revision eingelegt. Auf diese Revision hin hat der BGH das landgerichtliche Urteil mit Beschluss vom 13. Dezember 2001 - inzwischen veröffentlicht in StV 2002, 182 = wistra 2002, 154 = NStZ 2002, 555 - mit den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen. Dort soll nunmehr am 20. November 2002 die neue Hauptverhandlung stattfinden. Frühere Hauptverhandlungstermine mussten wegen vordringlicher anderer Haftsachen aufgehoben werden.

Der Verteidiger des Angeklagten hat die Aufhebung des Haftbefehls vom 28. Januar 2001 und des Haftverschonungsbeschlusses des Senats vom 6. November 2001 beantragt. Die Strafkammer hat das im angefochtenen Beschluss abgelehnt. Dagegen richtet sich nunmehr die Haftbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, diese zu verwerfen.

II.
Die (Haft-)Beschwerde ist gemäß § 304 StPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Haftbefehl war nunmehr aufzuheben.

Dahinstehen kann, ob gegen den Angeklagten „dringender Tatverdacht„ im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO wegen Beihilfe zum schweren Raub bejaht werden kann oder ob nur - wie der Verteidiger meint - der Vorwurf der Hehlerei erhoben werden kann. Denn selbst wenn man - insoweit zu Lasten des Angeklagten - auch nach Aufhebung des Urteils vom 27. Juni 2001 durch den Beschluss des BGH vom 13. Dezember 2001 noch vom Vorwurf der Beihilfe zum schweren Raub ausgehen kann, kann ein Haftgrund im Sinne von § 112 Abs. 2 StPO nicht mehr angenommen werden. Der Senat hat schon in seinem Beschluss vom 6. November 2001 (2 Ws 275/01, http://www.burhoff.de) die Fluchtgefahr als so gemindert angesehen, dass ihr durch Auflagen, wie z.B. der Kaution von 20.000 DM, begegnet werden konnte. Zusätzliche Umstände führen nun dazu, dass im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau aller Umstände die Fluchtgefahr verneint werden muss. Es darf nämlich nunmehr nicht übersehen werden, dass dem Angeklagten eine höhere Strafe als drei Jahre nicht droht, wovon bereits rund sechs Monate durch die vollzogene Untersuchungshaft verbüßt sind. Auch spricht vieles nach Auffassung des Senats dafür, dass dem Angeklagten wohl nur eine Hehlerei wird nachgewiesen werden können, so dass er mit einer erheblich niedrigeren Strafe als den durch Urteil vom 27. Juni 2001 verhängten drei Jahren rechnen kann. Hinzukommt, dass seit Erlass des Beschlusses des Senats vom 6. November 2001 inzwischen fast ein Jahr vergangen ist, in dem sich der Angeklagte weiterhin für das Verfahren zur Verfügung gehalten hat. Dies alles lässt nach Überzeugung des Senats die Annahme zu, dass der Angeklagte sich auch ohne den Druck des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls dem weiteren Verfahren, in dem nun bald Hauptverhandlung ansteht, nicht entziehen wird. Demgemäss war der Haftbefehl nunmehr insgesamt aufzuheben.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 467 StPO.


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