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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 169/02 OLG Hamm

Leitsatz: Bei einer Vorlage gemäß § 138 c Abs. 2 S. 1 und 2 StPO müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich im Falle ihres Nachweises das den Ausschluss des Verteidigers rechtfertigende Verhalten i.S.d. § 138 a Abs. 1 StPO ergibt.

Senat: 4

Gegenstand: Vorlageverfahren

Stichworte: Ausschluss des Verteidigers, Anforderungen an den Antrag. ordnungsgemäße Begründung

Normen: StPO 138 a, StPO 138d, StPO 138c

Beschluss: Strafsache
gegen G.R.,
Vereitelung der Zwangsvollstreckung, (hier: Vorlage gemäß §§ 138 a ff. StPO zwecks Ausschlusses des Wahlverteidigers Rechtsanwalt A.R.).

Auf die Vorlage der Sache gemäß § 138 c Abs. 2 StPO durch das Amtsgericht Lippstadt mit Verfügung vom 28. Juni 2002 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 08. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und de Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Vorlage wird als unzulässig verworfen.

Gründe:
Dem Angeklagten R. wird mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Paderborn vom 4. April 2001 zur Last gelegt, im Mai 2000 bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens veräußert zu haben, indem er als verklagter Schuldner in einem Zivilprozess beim Amtsgericht Lippstadt mit der Mitangeklagten und jetzigen Ehefrau R.-B. am 2. Mai 2000 einen Kaufvertrag über seinen einzig nennenswerten Vermögensgegenstand, einen Fernseher, schloss und das Gerät übereignete, so dass das Amtsgericht Lippstadt auf die Drittwiderspruchsklage der Mitangeklagten die Vollstreckung in den Fernsehapparat zumindest einstweilig untersagte.

Durch Beschluss vom 15. August 2001 hat das Amtsgericht Lippstadt die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Strafrichter eröffnet. Am 27. November 2001 fand vor dem Strafrichter die Hauptverhandlung statt, die sodann ausgesetzt wurde. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für den Ausschluss der Verteidiger nach § 138 a StPO im Fall des dringenden Verdachtes der Tatbeteiligung bzw. Begünstigung etc. nicht ausgeschlossen werden könnten.

Mit Verfügung vom 28. Juni 2002 hat der Richter am Amtsgericht die Akten der Staatsanwaltschaft Paderborn „mit der Bitte“ übersandt, „die Akten gemäß § 138 c StPO dem Oberlandesgericht Hamm vorzulegen“ und dies im Folgenden näher begründet.

Die Staatsanwaltschaft hat einen solchen Antrag nach § 138 c Abs. 2 S. 1 2. Alternative StPO aber nicht gestellt, sondern den Vorgang an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm weitergegeben, die die Akten ihrerseits mit dem Antrag, den Vorlagebeschluss zu verwerfen, dem Senat zugeleitet hat.

Wenn vor diesem Hintergrund die Verfügung des Richters am Amtsgericht vom
28. Juni 2002 als von Amts wegen erfolgte Vorlage durch das Amtsgericht, § 138 c Abs. 2 S. 1 1. Alternative, S. 2 StPO, zu verstehen sein sollte, kann diese nicht zu einer Sachentscheidung des Senats führen, da sich die Vorlage als unzulässig erweist.

Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur müssen bei einer Vorlage gemäß § 138 c Abs. 2 S. 1 und 2 StPO die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich im Falle ihres Nachweises das den Ausschluss des Verteidigers rechtfertigende Verhalten i.S.d. § 138 a Abs. 1 StPO ergibt. Ferner sind die Beweismittel anzuführen, die insoweit den dringenden oder hinreichenden Tatverdacht (§§ 138 a Abs. 1, 203 StPO) begründen. Die Tatsachen und Beweismittel müssen sich schlüssig allein aus der Begründung des Vorlagebeschlusses ergeben (vgl. zu allem OLG Hamm NStZ-RR 1999, 50; OLG Düsseldorf StV 1997, 459, jeweils m.w.N.). Es ist nicht Aufgabe des Oberlandesgerichts im Ausschließungsverfahren, von sich aus nach den Gründen für einen Ausschluss des Verteidigers zu forschen.

Diesen Zulässigkeitserfordernissen wird der Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Lippstadt nicht gerecht.

Ihm fehlt bereits ein gegenüber dem Senat gestellter Antrag ebenso wie die Angabe, welcher der Ausschließungsgründe des § 138 a StPO für gegeben erachtet werden soll. Lediglich in Anwendung von Auslegungsgrundsätzen kann der vom Amtsgericht gegebenen „Begründung“ noch entnommen werden, dass es den Verteidiger des Angeklagten R., Rechtsanwalt R., für dringend verdächtig hält, sich durch den schriftsätzlichen Vortrag als Verfahrensbevollmächtigter der Mitangeklagten R.-B. in ihrem Drittwiderspruchsverfahren gegen B.S.(26 C 192/00 AG Lippstadt) an einem „vorläufig erfolgreichen Prozessbetrug zum Nachteil der Drittwiderspruchsbeklagten sowie der versuchten Vollstreckungsvereitelung beihilfend beteiligt zu haben“. Damit will das Amtsgericht einen der Ausschließungsgründe des § 138 a Abs. 1 Nr. 1 StPO gegen den Verteidiger des Angeklagten geltend machen. Die Gründe der Vorlageverfügung lassen jedoch eine hinreichende Darstellung konkreter Tatsachen, aus denen sich ein solcher dringender oder hinreichender Tatverdacht schlüssig ableiten ließe und erst recht jegliche Angabe von Beweismitteln gegen den Verteidiger zur objektiven und subjektiven Tatseite vermissen. Die Begründung erschöpft sich in tatsächlicher Hinsicht vielmehr - abgesehen von einer kurzen Darstellung des Gegenstandes des Strafverfahrens - in zwei knappen, nicht in einen hinreichenden Verfahrenszusammenhang gestellten Auszügen aus Schriftsätzen des jetzigen Verteidigers des Angeklagten in dem Verfahren 26 C 192/00 AG Lippstadt, der Wiedergabe eines Kaufvertrages der Frau R.-B. über ein Fernsehgerät vom 2. Mai 2000 und der Wiedergabe eines Berichtes des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft (Referendar D. in der Sitzung des Amtsgerichts Lippstadt vom 27. November 2001 in vorliegender Sache über ein Gespräch, das Rechtsanwalt R. seinerzeit mit dem Ziel einer Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO mit diesem führte. Im Übrigen enthält die Begründung lediglich wirtschaftliche und rechtliche Mutmaßungen über den Zweck des „Kaufvertrages“ und des darauf bezogenen Prozessvortrages sowie dazu, wie das Verhalten des Verteidigers angesichts seiner Eigenschaft als „Volljurist“ und seiner Verpflichtung zu wahrheitsgemäßem Sachvortrag auszulegen und zu bewerten sein „dürfte“. Zur Darlegung und zum beweismäßigen Beleg eines dringenden oder hinreichenden Tatverdachts gegen den Verteidiger im Sinne einer Beihilfe zu der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat sind diese Ausführungen nicht im Ansatz geeignet. Dies gilt bereits ungeachtet dessen, dass sie die Darstellung des Verteidigers und der Angeklagten zu den betreffenden Vorgängen nicht einmal erwähnen.

Nach alledem erweist sich die Vorlage mithin als unzulässig.

Bei dieser Sachlage konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung nach § 138 d Abs. 1 StPO entscheiden. Diese dient vornehmlich dem Interesse des betroffenen Verteidigers, um ihm, über das schriftliche Verfahren hinaus, Gelegenheit zu geben, die ihn entlastenden Umstände darzulegen und die ihn belastenden Beweise zu entkräften. Ist die Ausschließungsvorlage jedoch bereits unschlüssig und als Grundlage für eine Sachentscheidung, wie hier, ungeeignet, bedarf es zur Wahrung der Interessen des betroffenen Verteidigers der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht (vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Düsseldorf NStZ 1983, 185; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 138 d Rdnr. 1 m.w.N.).

Der Senat hat im Übrigen keine Veranlassung gesehen, die Akten dem Amtsgericht zu einer etwaigen Nachbesserung zurückzugeben oder von sich aus den Vorlagebeschlussdurch eigene Erhebungen zu ergänzen (vgl. OLG Hamm a.a.O.).


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