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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 176/02 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen, wenn dem Betroffenen vorgeworfen wird, vorsätzlich Ausländer ohne erforderliche Genehmigung beschäftigt zu haben.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: ausländischer Arbeitnehmer, Beschäftigung, Arbeitsamt, Genehmigung, Vorsatz, erforderlicher Umfang der Feststellungen

Normen: SGB II 404, SGB 284; StPO 267

Beschluss: Bußgeldsache
gegen J.B.
wegen Ordnungswidrigkeit (Zuwiderhandlung gegen § 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III).

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 19. November 2001 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 05. 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, wie folgt begründet:
„I.
Das Amtsgericht Hagen hat den Betroffenen durch Urteil vom 19.11.2001 wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen §§ 404 Abs. 1 Nr. 2, 284 Abs. 1 S. 1 SGB III zu einer Geldbuße von 2.000,00 DM verurteilt (Bl.77, 86 ff d.A.).
Dabei ist es zu folgenden Feststellungen gelangt:
„Auf dem Grundstück G. 27 in H. wurden die Zeugen S.R., N.R., Z.D. und S.A. in verschmutzter Arbeitskleidung angetroffen. Sie waren damit beschäftigt, einen etwa eineinhalb Meter hohen Sandhaufen mit Schubkarren und Spaten abzutragen. Während der Kontrolle der vier Zeugen erschien der Betroffene und erklärte, man solle die Leute nicht stören, der Sandhaufen müsse abgetragen werden, es sei bereits eine neue Ladung unterwegs.
Die vier Zeugen wurden vom Betroffenen für ihre Tätigkeit entlohnt, zumindest mit Frühstück, Bier und Benzingeld für das von ihnen benutzte Auto, nach Überzeugung des Gerichts darüber hinaus jedoch auch mit Geldbeträgen in nicht bekannter Höhe. Gegen die vier Zeugen, die - was der Betroffene wusste - alle nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis waren, erging später jeweils in Bußgeldbescheid wegen Ordnungswidrigkeit nach §§ 404 Abs. 3 Nr. 3, 284 Abs. 1 S. 1 SGB III. Alle Zeugen haben die Geldbuße in Höhe von 240,00 DM akzeptiert.“
Das Amtsgericht hat darüber hinaus im Rahmen der rechtlichen Würdigung Folgendes festgestellt: „Der Betroffene .... ließ zur Tatzeit die vier Zeugen zumindest eineinhalb Tage lang Erdarbeiten auf seinem Grundstück ausführen, obwohl die erforderliche Arbeitserlaubnis nicht vorlag. Er hat rechtswidrig und schuldhaft, nämlich vorsätzlich gehandelt. Dem Betroffenen war das Erfordernis der Arbeitserlaubnis bekannt.“

Gegen dieses, seinem Verteidiger am 23.01.2002 zugestellte (Bl.95 d.A.) Urteil hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20.11.2001 (Bl.93 d.A.), eingegangen bei dem Amtsgericht Hagen am 21.11.2001 (Bl. 93 d.A.), Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verletzung materiellen Rechts (Bl.99 f d.A.) begründet.

II.
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte, form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde hat in der Sache - zumindest vorläufig - teilweise Erfolg.

Das angefochtene Urteil ist auf die Sachrüge aufzuheben, weil die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils die Verurteilung des Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 404 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III nicht tragen.

Gemäß § 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III Ausländer ohne erforderliche Genehmigung beschäftigt. Nach § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen. Durch die Verwendung des Begriffes „Arbeitgeber“ wird deutlich, dass unter Beschäftigung im Sinne des § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III ausschließlich Tätigkeiten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen und Heimarbeitsverhältnissen zu verstehen sind (OLG Hamm, Beschluss vom 23.11.2000 - 1 Ss OWi 1037/00 - m.w.N.). Ein Arbeitsverhältnis liegt nach allgemeiner Auffassung vor, wenn der eine Tätigkeit Ausübende aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienste eines anderen gegen Entgelt zu fremdbestimmter abhängiger Arbeit verpflichtet ist (zu vgl. Erbs/Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, § 404 SGB III Rdnr. 22 m.w.N.). In Abgrenzung zu einem Gefälligkeitsverhältnis muss für ein Arbeitsverhältnis festgestellt werden, dass ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht, dass der „Arbeitgeber“ Weisungsbefugnis hinsichtlich Dauer und Einhaltung der Arbeitszeit inne hat und dass das Entgelt als Gegenleistung für die geleistete Tätigkeit gezahlt wird (zu vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

Nach den Urteilsgründen übten vier Personen auf der Baustelle des Betroffenen Tätigkeiten aus, die üblicherweise von kurzzeitig benötigten Bauhelfern verrichtet werden. Das Über- und Unterordnungsverhältnis und die sich hieraus ergebende Weisungsbefugnis wird noch hinreichend deutlich durch die Feststellungen zum Verhalten des Betroffenen bei Eintreffen des Zeugen Scholz. Insbesondere hat die Tatrichterin auch ausreichende Feststellungen zur Frage der entgeltlichen Tätigkeit getroffen. Sie hat klargestellt, dass die Sachleistungen gerade als Gegenleistung für die Tätigkeit auf der Baustelle und nicht unabhängig von dieser Tätigkeit geleistet wurden. Sachbezüge können auch bereits ein Entgelt darstellen. Voraussetzung ist nur, dass das Erbringen der Tätigkeit sowie das in Sachbezügen geleistete Entgelt in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen (zu vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Darüber hinaus hat die Tatrichterin hier festgestellt, dass über die Sachbezüge hinaus auch Geldbeträge für die Tätigkeiten gezahlt worden sind. Die Höhe muss bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen des Amtsgerichts zum Vorsatz des Betroffenen sind jedoch aus Rechtsgründen zu beanstanden.

Die Merkmale der inneren Tatseite müssen - sofern sie sich nicht von selbst aus den Sachverhaltsschilderungen ergeben - durch tatsächliche Feststellungen belegt werden; die Rechtsbegriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit müssen in ihre tatsächlichen Bestandteile aufgelöst werden. Grundsätzlich bedarf die Annahme vorsätzlichen Handelns näherer Begründung. Beruht die Feststellung des inneren Tatbestandes auf Schlussfolgerungen, so muss der Tatrichter nachprüfbar darlegen, dass seine Überzeugung nicht nur auf bloßen Vermutungen, sondern auf tragfähigen Erwägungen beruht; er muss auch die Feststellungen zum Vorsatz aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme herleiten. Nähere Darlegungen sind nur dann nicht notwendig, wenn eine andere Schlussfolgerung als die Annahme vorsätzlichen Handelns denkgesetzlich nicht möglich ist (OLG Köln, VRS 82, 30, 32 f m.w.N.).

Entsprechende Darlegungen fehlen hier. Sie wären aber erforderlich gewesen, da es nicht selbstverständlich ist, dass der Betroffene Kenntnis von der fehlenden Arbeitserlaubnis hatte. Ebenso wenig ist es selbstverständlich, dass der Betroffene Kenntnis von dem Erfordernis einer Arbeitserlaubnis hatte. Vielmehr legen die Feststellungen, dass der Betroffene den Tatvorwurf der entgeltlichen Beschäftigung bestritten hat und die vier Zeugen über einen Zeitraum von nur 1 1/2 Tagen beschäftigt waren, eine fahrlässige Begehungsweise nahe.

Dies wird der zur neuen Entscheidung berufene Tatrichter zu klären haben.“

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die entweder eine vorsätzliche oder auch eine fahrlässige Begehung der genannten Ordnungswidrigkeit belegen, so dass die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen und der Betroffene nicht etwa, wie er beantragt hat, freizusprechen war.


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