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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 764/99 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Bewährungswiderruf, wenn in neuer Verurteilung Bewährung gewährt wurde.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf der Strafaussetzung, neue Verurteilung, Bewährungsstrafe

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafsache gegen W.V.,
wegen Trunkenheit im Verkehr

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 01.10.1999 gegen den Beschluss der 23 . Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 13.09.1999 hat der 3 . Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.12.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Bewährungszeit aus dem Urteil des Amtsgerichts Warendorf vom 26.03.1996 wird um 1 Jahr bis zum 25. 3. 2002 verlängert.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Verurteilten in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe: I. Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Amtsgerichts Warendorf vom 26.03.1996 wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt mit einem Mofa zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Die Strafe wurde auf 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zuvor war er bereits 18 mal, davon 5 mal einschlägig, strafrechtlich in Erscheinung getreten.
Nachdem ihn das Amtsgericht Beckum am 21.01.1998 wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt hatte, verlängerte das Amtsgericht Warendorf mit Beschluss vom 08.5.1998 die Bewährungszeit aus dem Urteil vom 26.03.1996 um 1 Jahr.
Am 13.10.1998 verurteilte ihn das Amtsgericht Warendorf - 4 Ds 62 Js 1182/98 AK 455/98 - erneut wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt im Straßenverkehr mit einem Motorroller (Führerscheinklasse 4) in Tateinheit mit fahrlässigem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten. Gleichzeitig verhängte das Amtsgericht eine Sperrfrist von 5 Jahren für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und ein Fahrverbot von 3 Monaten. Am 14.01.1999 verwarf das Landgericht Münster die hiergegen eingelegte Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe, dass das Fahrverbot entfiel. Diese Strafe hat er in der Zeit vom 08. 4 bis zum 07.8.1999 vollständig verbüßt.
Am 18.03.1999, also vor Antritt der Freiheitsstrafe, beging der Beschwerdeführer mit seinem Motorroller (Führerscheinklasse 4) erneut eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis. Deswegen verurteilte in das Amtsgericht Warendorf - 4 Ds 622 Js 367/99 AK 394/99 - am 18.11.1999 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dazu führte das Amtsgericht aus:
"Gemäß § 56 Abs. l StGB konnte die Vollstreckung der Freiheitsstrafe jedoch ein letztes Mal unter Zurückstellung einiger Bedenken zur Bewährung ausgesetzt werden, da das Gericht die Erwartung hat, dass sich der Angeklagte diese Verurteilung nunmehr als ausreichende Warnung dienen lassen wird, um in Zukunft ohne weitere Einwirkung des Strafvollzuges straffrei zu bleiben. Hierbei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits eine viermonatige Freiheitsstrafe verbüßt hat, die auch nach Einschätzung seiner Bewährungshelferin bei ihm einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Infolge dieser Haftstrafe hat sich der Angeklagte erstmals mit seinem Alkoholproblem intensiv auseinander gesetzt und sich in eine Drogenberatung begeben und darüber hinaus seinen führerscheinpflichtigen Motorroller verkauft. Da der Angeklagte nunmehr bereits einmal den Eindruck des Strafvollzuges über sich hat ergehen lassen müssen und darüber hinaus ab 12. 1999 wieder die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der Firma Horizonte in Ennigerloh durch das Arbeitsamt bewilligt bekommen wird, besteht die begründete Erwartung, dass der Angeklagte in Zukunft ein straffreies Leben führen wird. Es besteht daher eine günstige Sozialprognose, sodass die Vollstreckung der Strafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt werden konnte."
Mit seiner am 04.10.1999 beim Landgericht Bielefeld eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 01.10.1999 wendet sich der Verurteilte gegen den ihm am 28.09.1999 zugestellten Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 13.09.1999, durch den auf Antrag der Staatsanwaltschaft Münster und nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Warendorf vom 26.03.1996 nach § 56 f Abs. 1. Nr. 1 StGB wegen der Verurteilung durch das Amtsgericht Warendorf vom 13.10.1998 widerrufen worden ist.
II. Die gemäß § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 56 f StGB statthafte und rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.
Von einem Widerruf der Aussetzung der dem Beschwerdeführer bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB kann abgesehen werden. Eine Verlängerung der Bewährungszeit nach § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB reicht angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles aus.
Allerdings ist der Verurteilte in der Bewährungszeit mehrfach einschlägig straffällig geworden. So ist er durch Urteil des Amtsgerichts Warendorf vom 13.10.1998 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Am 18.11.1999 hat ihn wiederum das Amtsgericht Warendorf wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt. Die Widerrufsvoraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB sind demnach grundsätzlich erfüllt.
Bei der nunmehr gegebenen Sach- und Verfahrenslage kann jedoch gemäß § 56 f Abs. 2 Satz 1 StGB von einem Widerruf abgesehen werden, weil es ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern. Der Widerruf ist kein Instrument der Ahndung von Verfehlungen in der Bewährungszeit, sondern eine Berichtigung der ursprünglichen, sich aber als unrichtig herausgestellten Prognose (Tröndle/Fischer, StGB, 49. Auflage, § 56 f Rdn. 3c). Daher ist von einem Widerruf abzusehen, wenn zum Entscheidungszeitpunkt (wieder) von einer für den Verurteilten günstigen Entscheidung ausgegangen werden kann.
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist es in der Regel geboten, sich wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten des letzten Tatgerichts dessen sach- und zeitnaherer Prognose anzuschließen (zu vgl. BVerfG, NStZ 1985, 357; Senat, Beschluss vom 01.9.1998 - 3 Ws 360 und 361/99 -, OLG Köln, StV 1993, 429 m.w.N., Tröndle/Fischer, aaO). Dies gilt zwar nicht, wenn die erneute Strafaussetzung zur Bewährung der Überzeugungskraft entbehrt (BVerfG a.a.O.) und wesentliche Gesichtspunkte nicht oder völlig unzutreffend bewertet werden (OLG Köln a.a.O.; OLG Düsseldorf, VRS 89, 33, 34; Tröndle/ Fischer aaO.). Davon kann aber hier nicht ausgegangen werden. Das Amtsgericht Warendorf hat zur Begründung der erneuten Strafaussetzung zur Bewährung insbesondere berücksichtigt, dass der Verurteilte zwischenzeitlich die durch Urteil vom 13.10.1998 verhängte Freiheitsstrafe verbüßt und sich während der Haftzeit eingehend mit seiner Alkoholproblematik auseinander gesetzt hat. Diese Begründung ist insbesondere aufgrund der in dem Urteil mitgeteilten Lebensumstände des Beschwerdeführers überzeugend.
Es erscheint jedoch geboten, die Bewährungszeit gemäß §§ 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 StGB um die gesetzlich zulässige Frist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Auflage, § 56 a Rdnr. 3 m.w.N.) zu verlängern, um dem Verurteilten Gelegenheit zu geben, sich des mit dem Absehen vom Widerruf in ihn gesetzten Vertrauens würdig zu erweisen. Durch die spürbare Verlängerung der Bewährungszeit kann der mit der Reststrafenaussetzung verfolgte Zweck - zukünftige straffreie Lebensführung des Verurteilten - erreicht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 3 und 4 StPO.


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