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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss 1210/98 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Betrug, Aufhebung, Beschränkung auf Rechtsfolgenausspruch, Unwirksamkeit der Beschränkung, Rechtsmittelbeschränkung, Täuschungshandlung, materielle Berechtigung von Scheckeinreichern, Scheckbetrug, mitbestrafte Nachtat, Abhandenkommen, Irrtumserregung, Täuschungshandlung, lückenhafte Feststellungen

Normen: StGB 263, StPO 318

Beschluss: Strafsache gegen P.Z.,
wegen Betruges

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XIX. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 14.05.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26.08.1999 durch die Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe: I. 1. Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 15.10.1997 wegen Betruges in 16 Fällen, wobei es in 10 Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 17.10.1997 Berufung eingelegt, die ausdrücklich auf das Strafmaß beschränkt worden ist.
Mit dem angefochtenen Urteil hat die Strafkammer die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Berufung sei wirksam auf den Strafausspruch beschränkt worden. Die Feststellungen in dem amtsgerichtlichen Urteil zur Tat seien ausreichend vollständig und bildeten eine hinreichende Grundlage für die Prüfung des Rechtsfolgenausspruches. Der amtsgerichtliche Schuldausspruch mit den ihn tragenden Gründen sei daher in Rechtskraft erwachsen.
Das Amtsgericht hatte folgende Feststellungen getroffen:
"In der Zeit von 7. 1995 bis zum 10. 1996 gelang es dem Angeklagten, sich insgesamt 16 Schecks zu verschaffen, auf welche Art und Weise wollte der Angeklagte nicht angeben, die auf irgendeine Art und Weise abhanden gekommen waren. Auch hierzu konnte das Gericht keine Feststellungen treffen. Diese insgesamt 16 Schecks legte er bei verschiedenen Banken zur Gutschrift auf Konten vor, über die er verfügungsberechtigt war.
Im einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:
1.) Im 7. 1995 reichte er einen Scheck über 11.604,09 DM, ausgestellt am 27.07.1995 durch das Modehaus R.GmbH in Nürnberg, auf das Konto der Dr. Z. KG bei der Stadtsparkasse Düsseldorf ein. Nachdem der Angeklagte die gutgeschriebene Schecksumme verbraucht hatte, ersetzte er im Nachhinein den entstandenen Schaden.
2.) Des weiteren reichte er einen Scheck über 110.653,35 DM, ausgestellt durch den Sütex Textilverband AG in Sindelfingen, auf das Konto der Z. KG bei der Stadtsparkasse Dresden ein. Die Schecksumme wurde jedoch sogleich von der Bank nach Eingang zurückgebucht.
3.) Demgegenüber wurde ein von dem Angeklagten auf das Konto bei der Stadtsparkasse Düsseldorf eingereichter Scheck über 38.793,08 DM, ausgestellt von der Firma UBM GmbH in Oberursel, gutgeschrieben. Der Angeklagte konnte daher die Schecksumme verbrauchen, ersetzte aber im Nachhinein den entstandenen Schaden.
4.) Am 28.05.1996 reichte der Angeklagte einen Scheck über 34.809,75 DM, ausgestellt am 24.05.1996 durch die Goldix-Werke in Neuburg/Donau, auf das Konto der Dr. Z. KG bei der HypoBank München ein, wobei die Schecksumme von der Bank nach Eingang sogleich zurückgebucht wurde.
5.) Dasselbe gilt für einen von dem Angeklagten am 17.06.1996 eingereichten Scheck über 137.164,54 DM, ausgestellt am 15.06.1996 durch die Firma Schiesser AG in Radolfzell, dessen Schecksumme ebenfalls. nach Eingang zurückgebucht wurde.
6.) Demgegenüber wurde ein von dem Angeklagten am 15.07.1996 auf das Konto der Hypo-Bank München eingereichter Scheck über 133.652,26 DM, ausgestellt am 11.07.1996 durch die Firma A. und Söhne in B., gutgeschrieben und die Schecksumme daraufhin von dem Angeklagten verbraucht.
7.) Ein von dem Angeklagten am 05.08.1996, auf das Konto der Dr. Z. KG bei der Hypo-Bank München eingereichter Scheck über 13.403,25 DM, ausgestellt am 02.08.1996 durch die Firma Ph. in Hamburg, wurde nach Eingang durch die Bank zurückgebucht.
8.) Ein von dem Angeklagten am 16.09.1996 auf dasselbe Konto
eingereichter Scheck aber 11.787,00 DM, ausgestellt am 09.09.1996 durch die Firma D. in O., wurde ebenfalls gutgeschrieben. Nach Verbrauch der Schecksumme glich der Angeklagte den Schaden jedoch wieder aus.
9.) Am 16.09.1996 reichte der Angeklagte auf das Konto bei der Hypo-Bank München einen Scheck über 53.992,62 DM, ausgestellt am 12.09.1996 durch die Leonische Drahtwerke AG in Nürnberg, ein, der dem Konto gutgeschrieben wurde. Diese Schecksumme verbrauchte der Angeklagte in der Folgezeit für sich, ohne dass eine Schadensregulierung erfolgte.
10.) Ein von dem Angeklagten am 16.09.1996 eingereichter Scheck über 13.836,04 DM, ausgestellt an 12.09.1996 durch die Handelsgesellschaft der Ploucquat-Gruppe GmbH in Hiedenheim, wurde bereits von der Bank nach Eingang zurückgebucht.
11.) Das gleiche gilt für einen von dem Angeklagten am selben Tag eingereichten Scheck über 61.149,53 DM, ausgestellt am 15.08.1996 durch die Firma Bosch Telecom GmbH, der ebenfalls nach Eingang durch die Bank zurückgebucht wurde.
12.) Am 16.09.1996 reichte der Angeklagte einen Scheck über 61.977,36 DM, ausgestellt am 12.09.1996 durch die Firma Karstadt AG in Essen, auf das Konto der Dr. Z. KG bei der Hypo-Bank in München ein. Nach Gutschrift der Schecksumme verbrauchte der Angeklagte diese und machte den Schaden in der Folgezeit auch nicht wieder gut.
13.) Am 30.09.1996 versuchte der Angeklagte einen Scheck über 185.272,00 DM, ausgestellt am 27.09.1996, durch die Raiffeisenzentralgenossenschaft eG in Karlsruhe, auf das Konto der Dr. Z. KG bei der Hypo-Bank in München einzureichen, wobei der Scheck von der Bank jedoch nicht angenommen wurde.
14.) Das gleiche gilt für einen von dem Angeklagten am 08.10.1996 bei der Volksbank in Essen vorgelegten Scheck über 40.577,00 DM, ausgestellt am 27.09.1996 von der Firma Bähr Buntpapierfabrik in Kassel.
15.) Ein weiterer von dem Angeklagten am selben Tag bei der Volksbank in Essen vorgelegter Scheck über 124.181,15 DM, ausgestellt am 27.09.1996 von der Firma E. KG in Oberschönegg, wurde ebenfalls von der Bank nicht angenommen.
16.) Schließlich reichte der Angeklagte im 10. 1996 einen Scheck über 20.937,54 DM, ausgestellt am 01.10.1996 durch die Firma Loreal in Düsseldorf, bei der Stadtsparkasse Düsseldorf ein, der jedoch nach Eingang von der Bank sogleich zurückgebucht wurde."
Das Amtsgericht hat den Angeklagten auf der Grundlage dieser Feststellungen des vollendeten Betruges in den Fällen 1.), 3.), 6.), 8.), 9.) und 12.) und des versuchten Betruges in den übrigen Fällen für schuldig befunden.
Mit der gegen das landgerichtliche Urteil vom 14.05.1998 eingelegten Revision des Angeklagten wird sowohl die Verletzung formellen als auch materiellen Rechts gerügt, Unter näheren Ausführungen wird außerdem geltend gemacht, die Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch sei unwirksam, da die Sachverhaltsfeststellungen des amtsgerichtlichen Urteils in einem solchen Maße unvollständig und unklar seien, sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bildeten.
II. Die Revision hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils im vollen Umfang und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Essen. Infolge dessen konnte es dahingestellt bleiben, ob außerdem die erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts hier durchgreift.
Zu Recht wird mit der Revision geltend gemacht, durch die mit Schriftsatz vom 17.10.1997 in der Berufungsinstanz erklärte Beschränkung des Rechtsmittels auf das Strafmaß sei eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht eingetreten.
Eine wirksame Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt nach herrschender Meinung voraus, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht. Unwirksam ist dagegen eine Beschränkung, wenn die Schuldfeststellungen in dem angefochtenen Urteil derart knapp, unvollständig unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 318 Rdziff. 16 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall ist die Berufungsbeschränkung deshalb als unwirksam anzusehen, weil die durch das Amtsgericht getroffenen Feststellungen zu den dem Angeklagten vorgeworfenen 16 Betrugsstraftaten jeweils sowohl bezüglich der äußeren als auch der inneren Tatseite derart lückenhaft sind, dass sie eine Überprüfung des Schuldumfangs nicht ermöglichen.
1. Der Tatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB setzt voraus, dass der Täter einen anderen zu dem Zwecke täuscht, bei diesem einen entsprechenden Irrtum hervorzurufen und ihn dadurch zu einer vermögensschädigenden Verfügung zu veranlassen, wobei der Täter stoffgleich aus dem Vermögensschaden eine rechtswidrige Bereicherung für sich oder einen Dritten anstrebt.
Aus dem amtsgerichtlichen Urteil lassen sich aber Täuschungshandlungen des Angeklagten im Sinne des § 263 StGB in den hier in Rede stehenden 16 Fällen nicht entnehmen.
Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen waren die 16 Schecks, deren Besitz sich der Angeklagte verschafft hatte, "auf irgendeine Weise abhanden gekommen", womit wohl gemeint ist, dass sie dem damals materiell Berechtigten (dem Aussteller, dem Scheckempfänger oder einem späteren Erwerber) abhanden gekommen waren. Weiterhin sind die amtsgerichtlichen Feststellungen, auch wenn dies nicht ausdrücklich ausgeführt worden ist, dahingehend auszulegen, dass dem Angeklagten dieser Umstand bekannt war, als er die Schecks zur Gutschrift auf Konten, über die er verfügungsberechtigt war, eingereicht hat. Der Angeklagte hat daher die Schecks als materiell Nichtberechtigter entweder den bezogenen Banken zur Einlösung oder Inkassobanken zur Gutschrift - auch dies lässt sich dem amtsgerichtlichen Urteil nicht entnehmen - vorgelegt. Dass der Angeklagte bei der Einreichung der Schecks ausdrücklich oder konkludent vorgespiegelt hat, deren materiell Berechtigter und daher zu ihrer Einlösung bzw. Einziehung befugt zu sein - eine solche Täuschungshandlung käme hier in den Einzelfällen in Betracht -, hat das Amtsgericht nicht festgestellt. Ausführungen dazu waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil Tathandlungen der hier festgestellten Art jeweils ein entsprechender objektiver Erklärungswert beizumessen ist. Vielmehr beinhaltet die bloße Vorlage eines Schecks nicht ohne weiteres die schlüssige Erklärung der materiellen Berechtigung des Vorlegenden, also die stillschweigende Behauptung der Gebrauchsberechtigung (vgl. BGH NJW 1962, 1261).
Wird ein Inhaberscheck (Inhaberverrechnungsscheck) zur Einziehung oder Einlösung vorgelegt, so wird der Einreicher durch den Besitz des Schecks formell legitimiert. Aufgrund dieser formellen Legitimation besteht die Vermutung seiner materiellen Berechtigung. Auf die durch den Scheckbesitz begründete Legitimation des Scheckeinreichers darf sich die Bank, der ein Scheck zur Einziehung vorgelegt wird, verlassen, und sie ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, die materielle Berechtigung des Einreichers nachzuprüfen. Eine solche Pflicht besteht erst dann, wenn besondere Umstände vor allem in der Person des Einreichers oder der Ungewöhnlichkeit des Geschäfts den Verdacht nahe legen, der Scheck könne abhanden gekommen sein (vgl. BGH NJW 1993, 1583; NJW 1993, 1066, jeweils m.w.N.). Nur wenn die Bank bei dem Erwerb des Schecks die mangelnde sachliche Berechtigung des Vorlegenden gekannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat, ist sie dem materiell Berechtigten zur Herausgabe des Schecks nach § 985 BGB verpflichtet und hat sie diesem gegebenenfalls Schadenersatz gemäß §§ 990, 989 BGB zu leisten (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Rdziff. 5 a ff). Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Inhaberscheck (Inhaberverrechnungsscheck) der bezogenen Bank zur Einlösung vorgelegt wird (vgl. Baumbach/Hefermehl, WG und SchG, 20. Auflage, Art. 21 SchG Rdziff. 8). Die Bankangestellten werden sich daher in der Regel keine Gedanken über die materielle Berechtigung des Einreichers eines Inhaberschecks machen, sondern vor einer oder Gutschrift oder Auszahlung des Scheckbetrages lediglich die ihnen stets obliegende Überprüfung, ob die vorgelegte Urkunde nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eine wirksame Scheckurkunde darstellt (vgl. Baumbach/Hefermehl, am angegebenen Ort, Art. 21 SchG Rdziff. 14 a), vornehmen. Auch für Einreicher eines Inhaberschecks besteht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen regelmäßig kein Anlass zu einer Täuschung über seiner sachliche Berechtigung. Angesichts dessen kann grundsätzlich in der bloßen Vorlage eines Inhaberschecks (Inhaberverrechnungsschecks) nach der Verkehrsanschauung, die insoweit für die Frage maßgebend ist, ob in einer bestimmten Handlungsweise eine stilIschweigende Erklärung zu sehen ist (vgl. Fischer in Tröndle/Fischer, StGB, 49. Auflage, § 263 Rdziff. 7) nicht der objektive Erklärungswert beigelegt werden, der Scheckeinreicher sei materiellrechtlich zur Verwertung des Schecks berechtigt (ebenso BayObLG, NJW 1999, 1648). Vielmehr bedarf es für die Annahme, der Scheckeinreicher habe über seine materielle Berechtigung getäuscht und auch täuschen wollen, der Feststellung konkreter Tatsachen, die einen entsprechenden Rückschluss zulassen.
Auch bei einem Orderscheck i.S.d. Art. 5 Abs. 1 SchG ist nach Art. 35 SchG die bezogene Bank grundsätzlich nur verpflichtet, die formelle Berechtigung des Vorlegenden zu überprüfen. Allerdings reicht der bloße Besitz an einem Orderscheck nicht aus, um die Vermutung der materiellen Berechtigung des Inhabers zu begründen, sondern es müssen zusätzlich die Voraussetzungen des Art. 19 SchG gegeben sein, wonach eine bis auf den ersten Schecknehmer zurückreichende, ununterbrochene Indossamentenkette vorliegen muss. Nach Art. 35 SchG hat die bezogene Bank die Ordnungsmäßigkeit der Reihe der Indossamente und damit nur die förmliche Berechtigung des Scheckinhabers zu überprüfen, nicht aber auch die Echtheit der Unterschriften der Indossanten sowie die Vertretungsmacht der Unterzeichner (BGH NJW 1996, 195; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 35 SchG Rdziff. 1). Wird ein Orderscheck i.S.d. Art. 5 Abs. 1 SchG nicht der bezogenen Bank, sondern einer Inkassobank zur Einziehung vorgelegt, so trifft im Verhältnis der Banken zueinander gem. Nr. I 3 des Abkommens zur Vereinfachung des Einzugs von Orderschecks die erste Inkassobank die Prüfungspflichten nach Art. 35 SchG. Auch im Verhältnis zu sonstigen Scheckberechtigten - Art. 35 SchG betrifft das Verhältnis der bezogenen Bank zum Scheckaussteller - sind die Inkassobank bzw. die bezogene Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, die materielle Berechtigung des Einreichers zu überprüfen, sondern beschränkt sich ihre Prüfungspflicht auf das Vorliegen der formellen Legitimation desjenigen, der den Orderscheck zur Einziehung bzw. zur Einlösung vorlegt. Die sachliche Berechtigung ist dagegen im Regelfall erst dann zu prüfen, falls besondere Umstände gegeben sind, die trotz der formellen Legitimation des Einreichers den Verdacht nahelegen, dessen materielle Berechtigung sei nicht gegeben oder der Scheck könne abhanden gekommen sein. Die auf das Vorliegen besonderer Verdachtsmomente beschränkte Prüfungspflicht der Bank gegenüber dem Scheckberechtigten als Eigentümer des Schecks beruht auf Art. 21 SchG (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Art. 21 SchG Rdziff. 8). Auch in der bloßen Vorlage eines Orderschecks gem. Art. 5 Abs. 1 SchG, der den Einreichenden als formell legitimiert gemäß Art. 19 SchG ausweist, ist daher grundsätzlich nicht die konkludente Erklärung des Vorlegenden zu sehen, er sei im Bezug auf den Scheck materiell berechtigt.
Eine Täuschungshandlung des Angeklagten über seine materielle Scheckberechtigung wäre daher bei der Vorlage eines abhanden gekommenen Orderschecks dann nicht gegeben gewesen, wenn sich aus dem Scheck seine formelle Berechtigung ergeben hätte, was z.B. aufgrund eines Blankoindossamentes, durch das jeder Inhaber formell legitimiert worden wäre, der Fall gewesen sein könnte.
Eine andere Beurteilung käme aber dann in Betracht, wenn bei der Vorlage von Orderschecks durch den Angeklagten die Voraussetzungen des Art. 19 SchG nicht vorgelegen haben sollten. Denn bei dieser FalIgestaltung hätte der Angeklagte Rechte aus einem Orderscheck nicht als formell Legitimierter, sondern nur gestützt auf seine (angebliche) sachliche Berechtigung, die trotz des Fehlens eines ihn begünstigenden Indossaments nicht ausgeschlossen gewesen wäre, sondern etwa aufgrund einer Abtretung des Schecks nach § 398 ff BGB hätte vorliegen können, geltend machen können, so dass eine Täuschung des Angeklagten über seine sachliche Berechtigung in Betracht kommen kann. Wie das Bayerische Oberste Landesgericht in der bereits oben zitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, wird die Präsentation eines Orderschecks zur Einziehung bei einer Inkassobank jedenfalls in Verbindung mit der auf der Rückseite geleisteten Unterschrift des Vorlegenden, die gemäß Art. 16 Abs. 2 SchG als Blankoindossament anzusehen ist, regelmäßig den objektiven Erklärungsinhalt haben, aus dem Scheck entsprechend den für die Übertragung von Orderschecks geltenden Regeln berechtigt zu sein. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die Unterschrift des Scheckeinreichers auf der Rückseite des Schecks bei einer Einlösung bzw. Gutschrift durch die kontoführende Stelle der bezogenen Bank nach der Bankpraxis nur als Quittung und nicht als Indossament gewertet wird (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Art. 20 SchG Rdziff. 3 und Art. 34 Rdziff. 1). Allerdings bedarf es bei den oben dargelegten Fallgestaltungen jeweils einer sorgfältigen Prüfung hinsichtlich der Frage eines Täuschungsbewusstseins des Angeklagten (ebenso BayObLG, NJW 1999, 1648).
Zudem könnte ein Irrtum der jeweiligen Bank- und Sparkassenangestellten betreffend die materielle Berechtigung des Angeklagten dann fraglich sein, wenn diese bei der Vorlage von Orderschecks gemäß Art. 5 Abs. 1 SchG durch den Angeklagten das Fehlen dessen formeller Legitimation nach Art-. 19 SchG lediglich übersehen haben sollten, sie sich also mit der Frage der materiellen Berechtigung des Angeklagten überhaupt nicht befasst hätten. Hinzuweisen ist insoweit darauf, dass sich der Tatrichter in keinem Fall damit begnügen kann, einen Irrtum des Verfügenden ungeprüft zu unterstellen (vgl. BGH StV 1994, 83).
2. Aus den amtsgerichtlichen Feststellungen lässt sich auch nicht entnehmen, welche konkreten Vermögensverfügungen im Sinne des § 263 StGB in den Fällen 1.), 3.), 6.), 8.), 9.) und durch die Banken- und Sparkassenfilialen getroffen worden sind, sowie, wem dadurch ein Schaden entstanden sein soll. Unklar bleibt nämlich nach den amtsgerichtlichen Feststellungen, ob die Banken - und Sparkassenfilialen die Scheckbeträge vorläufig oder endgültig den jeweiligen Konten, über die der Angeklagte verfügungsberechtigt war, gutgeschrieben haben, sowie, ob den Banken- und Sparkassenfilialen dadurch oder durch die Abhebung der Schecksummen ein Vermögensschaden entstanden ist oder ob letztlich die materiell Scheckberechtigten durch den Verbrauch der Scheckbeträge eine Schaden erlitten haben.
Die Frage, wem durch die Gutschriften und der Abhebung der Scheckbeträge ein Schaden entstanden ist, ist hier auch deshalb von Bedeutung, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Betrugsstraftaten um mitbestrafte Nachtaten zu bereits zuvor begangenen Eigentumsdelikten an den 16 Schecks gehandelt haben könnte. Der Angeklagte könnte nämlich dadurch, dass er sich entschloss, die Schecks für sich zu verwerten, und er sie zur Verwirklichung dieses Planes entweder zur Einlösung bei den bezogenen Geldinstituten oder zur Einziehung bei Inkassobanken oder Sparkassenfilialen vorlegte, sich selbst unter Verdrängung der wahren Eigentümers der Schecks eine eigentümerähnliche Stellung angemaßt und die darin liegende Zueignung des in den Urkunden verkörperten Wertes nach außen manifestiert haben. In einem solchen Verhalten wäre eine Unterschlagung im Sinne des § 246 StGB zu sehen (vgl. BayObLG NJW 1999, 1648 m.w.N). Etwaige Betrugshandlungen des Angeklagten würden sich dann, wenn durch sie den bereits durch die Unterschlagung der Schecks Geschädigten, also den zum Zeitpunkt der Vorlegung des Schecks durch den Angeklagten materiell Berechtigten (Aussteller, Scheckempfänger oder späterer Erwerber) ein weitergehender Schaden nicht entstanden und durch die Betrugshandlungen auch kein sonstiger neuer selbständiger Vermögensschaden angerichtet worden wäre, als mitbestrafte Nachtaten darstellen (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1957, 452; StV 1992, 272; NStZ 1993, 591; BayObLG, a.a.O.). Dass der Angeklagte die Schecks möglicherweise bereits durch ein Eigentums- oder Vermögensdelikt erlangt haben könnte, steht einer solchen Bewertung nicht entgegen. Die Staatsanwaltschaft Essen hat nämlich vor Anklageerhebung durch Verfügung vom 30.09.1997 das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt, soweit es die Erlangung der in diesem Verfahren in Frage stehenden Schecks betrifft.
Falls Täuschungshandlungen durch den Angeklagten begangen und dadurch entsprechende Irrtümer bei den Banken- und Sparkassenangestellten erregt worden sein sollten, wäre ein neuer selbständiger Vermögensschaden nur eingetreten, wenn die Banken oder Sparkassen durch die Gutschriften bzw. den Verbrauch der Scheckbeträge durch den Angeklagten geschädigt worden wären.
Dass die Scheckbeträge nach den amtsgerichtlichen Feststellungen in den Fällen 1.), 3.), 6.), 8.), 9.) und 12.) auf Konten, über die der Angeklagte verfügungsberechtigt war, gutgeschrieben und von dem Angeklagten verbraucht worden sind, lässt für sich allein noch nicht den Rückschluss zu, dass die Kreditinstitute dadurch Vermögensschäden in entsprechender Höhe erlitten haben. Denn ein in einer Gutschrift möglicherweise liegende Vermögensgefährdung kann durch ausreichende Sicherungsrechte der Bank ausgeschlossen gewesen oder durch ihr zustehende Rückgriffs- oder Aufwendungsersatzansprüche ausgeglichen worden sein. Der bezogenen Bank steht nämlich bei der Einlösung eines Schecks entweder aus § 669 BGB ein Vorschussanspruch oder aus § 670 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch jeweils in Höhe des Scheckbetrages gegen den Scheckaussteller zu, den sie durch eine entsprechende Belastung des Ausstellerkontos realisieren kann. Dies gilt grundsätzlich auch bei der Einlösung eines Schecks gegenüber einem Nichtberechtigten. Nur wenn die Bank dabei grob fahrlässig gehandelt hat, stehen ihr die oben genannten Ansprüche nicht zu und ist sie nicht berechtigt, dass Konto des Ausstellers in Höhe des Scheckbetrages zu belasten (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Art. 21 Rdziff. 6 b). In diesem Fall hat sie daher einen Vermögensschaden erlitten. Eine Inkassobank, die einen Scheck zum Einzug hereinnimmt, erwirbt im allgemeinen an diesem Scheck ein Sicherungsrecht (Sicherungseigentum), wenn sie - wie in der Regel - den Scheckbetrag dem Konto des Einreichenden unter Vorbehalt des Eingangs zunächst vorläufig gutgeschrieben, dem Kunden aber eben sofortiges Verfügungsrecht über diesen Betrag eingeräumt hat (vgl. BGHZ 69, 27; Nr. 9, 15 AGB-Banken und Nr. 9, 25 AGB-Sparkassen). Eine Haftung der Bank gegenüber dem Scheckberechtigten bei einer Scheckeinreichung durch einen Nichtberechtigten aus §§ 990, 989 BGB i.V.m. Art. 21 SchG setzt voraus, dass sie die mangelnde Berechtigung des Einreichers gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat (vgl. BGH NJW 1990, 242; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Art. 21 Rdziff. 5 b). Liegen diese Voraussetzungen vor, hat die Inkassobank durch die Gutschrift und den Verbrauch der Schecksumme einen Vermögensschaden erlitten.
3. In den Fällen 2.), 4.), 5.), 7.), 10.), 11.) und 16.) ist schließlich nicht nachvollziehbar, was das Amtsgericht unter der Feststellung, die Schecksummen seien jeweils nach Eingang zurückgebucht worden, verstanden hat. Insoweit bleibt offen, ob überhaupt und gegebenenfalls welche Vermögensverfügungen getroffen worden sind. Darüber hinaus fehlen in sämtlichen Fällen Angaben zu inneren Tatseite.
Der Schuldausspruch kann daher keinen Bestand haben.
Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Essen zurückzuverweisen.


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