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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 5 Ws 21 u. 22/99 OLG Hamm

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf der Strafaussetzung, Verlängerung der Bewährungszeit, Aufhebung, Höchstmaß der Verlängerung

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafsache gegen U.H.,
wegen Betruges u. a.,
(hier: Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 23.12.1998 gegen den Beschluss der 4. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 02.12.1998 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.08.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Widerruf der Aussetzung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 12.03.1991 - 12 KLs 35 Js 3/90 - zur Bewährung und der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 15.01.1997 - 28 Ds 37 Js 551/95 (558/96) - wird abgelehnt.
Die Bewährungszeit wird in beiden Verfahren jeweils um ein Jahr sechs Monate verlängert, das heißt hinsichtlich des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Bochum bis zum 27.12.1999 und hinsichtlich der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen bis zum 18. 12. 2001.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe: I. 1. Das Landgericht Bochum hat den Verurteilten am 12.03.1991 wegen Betruges in hundert Fällen und Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sechs Monaten verurteilt. Nachdem der Verurteilte Zweidrittel dieser Strafe verbüßt hatte, setzte die 4. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund mit Beschluss vom 29.11.1993, der am 28.12.1993 rechtskräftig geworden ist, den Strafrest auf die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aus. Am 24.06.1997 verlängerte die Strafvollstreckungskammer die Bewährungszeit um ein Jahr sechs Monate, das heißt bis zum 27.06.1998, weil der Verurteilte sich in der Zeit von 6. bis 10. 1995 des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266 a StGB schuldig gemacht hatte und deshalb am 15.01.1997 durch das Amtsgericht Recklinghausen zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt (vgl. unten I 1) und außerdem gegen ihn wegen einer am 16.01.1996 abgegebenen falschen Versicherung an Eides statt durch Strafbefehl des Amtsgerichts Recklinghausen vom 21.11.1996 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,00 DM verhängt worden war. Von einem Widerruf der Reststrafenaussetzung sah die Strafvollstreckungskammer ab, weil das Amtsgericht Recklinghausen die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt hatte.
2. Am 15.01.1997 hat das Amtsgericht Recklinghausen den Verurteilten wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (siehe oben) und die Vollstreckung der Strafe auf die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Da das Urteil am 19.06.1997 rechtskräftig geworden ist, läuft die vom Amtsgericht Recklinghausen festgesetzte Bewährungszeit bis zum 18.06.2000.
Am 06.07.1998 erließ das Amtsgericht Recklinghausen - 28 Cs 56 Js 654/98 (480/98) - gegen den Verurteilten einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 20,00 DM wegen Betruges, weil der Verurteilte in der Zeit von Ende 4 bis Ende 6. 1997 den Druck von Werbeanzeigen in Auftrag gegeben hatte, obwohl er bei Auftragserteilung weder bereit noch in der Lage war, die dafür anfallenden Rechnungsbeträge, die sich auf insgesamt 1.582,67 DM beliefen, zu begleichen. Der Strafbefehl ist seit dem 25.07.1998 rechtskräftig. Diese neue Straffälligkeit des Verurteilten nahm die Strafvollstreckungskammer zum Anlass, durch den angefochtenen Beschluss die Strafaussetzung zur Bewährung in beiden vorliegenden Verfahren zu widerrufen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.
II. Das nach § 453 Abs. 2 Satz 3 statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Ablehnung des beantragten Widerrufs und zur Verlängerung der Bewährungszeit.
Es ist zwar zutreffend, dass der Verurteilte innerhalb beider laufenden Bewährungszeiten erneut straffällig geworden und deshalb - wie oben ausgeführt - durch das Amtsgericht Recklinghausen wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB für den Widerruf der mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 29.11.1993 bewilligten Reststrafenaussetzung wie auch der Bewährung hinsichtlich der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 15.01.1997 erfüllt. Gleichwohl hat es der Senat für angezeigt gehalten, vom Widerruf abzusehen, weil es seiner Ansicht nach ausnahmsweise noch ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (§ 56 f Abs. 2 Nr. 2 StGB).
Grundlage der - von der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer und dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft abweichenden - Wertung des Senats sind folgende Erwägungen:
Gegen den Verurteilten spricht zwar, dass er wiederum einen Betrug begangen hat, das heisst einschlägig straffällig geworden ist. Hinzu kommt, dass wegen einer gleichartigen Straftat gegen ihn das Verfahren 22 Ds 56 Js 1038/98 (353/98) AG Heilbronn geführt wird, in dem ihm zur Last gelegt wird, im Frühjahr 1997 aus Anlass des Abschlusses eines Leasingvertrages über einen Pkw den Leasinggeber durch Vortäuschen von - nicht vorhandener - Zahlungsbereitschaft und - Fähigkeit zur Übergabe des Fahrzeugs veranlasst und ihm durch dessen Benutzung ohne Mietzinszahlung um ca. 20.000,00 DM geschädigt zu haben.
Andererseits sind diese neuen Straftaten nicht von einem solchen Gewicht, dass um ihretwillen der Widerruf der Bewährungen unvermeidbar ist. Dies folgt hinsichtlich des Strafbefehls des Amtsgerichts Recklinghausen vom 06.07.1998 schon daraus, dass "lediglich" auf eine Geldstrafe erkannt worden ist. Das vor dem Amtsgericht Heilbronn anhängige Verfahren ist, wie dieses Amtsgericht dem Senat mitgeteilt hat, in der Hauptverhandlung vom 24.06.1999 gemäß § 153 a StPO unter der Auflage, dass der Verurteilte einen Geldbetrag vom 3.000,00 DM in sechs Raten an eine gemeinnützige Einrichtung zahlt, vorläufig eingestellt worden. Daraus folgt, dass nach Einschätzung des mit dieser Sache befassten Gerichts die Schuld des Verurteilten nicht als so schwer einzustufen ist, dass sie einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO entgegenstünde. Deswegen ist selbst wenn es mangels Erfüllung der erteilten Auflage nicht zu einer (endgültigen) Einstellung des Verfahrens kommen und gegen den Verurteilten ein Urteil ergehen sollte, die Verhängung einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe nicht zu erwarten. Bei dieser Sachlage hält der Senat es für gerechtfertigt, vom Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung abzusehen und statt dessen die Bewährungszeit angemessen zu verlängern.
Daran war er, hinsichtlich des Verfahrens 28 Ds 37 Js 551/95 (558/96) Amtsgericht Recklinghausen auch nicht wegen des möglichen Vorrangs der Gesamtstrafenbildung gehindert. Eine solche kommt hier, was den Strafbefehl des Amtsgerichts Recklinghausen vom 06.07.1998 angeht, nicht in Betracht, weil der Zeitpunkt der letzten Tathandlung des abgeurteilten Betruges über den Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Recklinghausen vom 15.01.1997 hinausgeht.
Angemessen erschien dem Senat eine Verlängerung der Bewährungszeit in beiden Verfahren um jeweils ein Jahr sechs Monate. Eine Verlängerung um diese Zeit war auch hinsichtlich der Reststrafenaussetzung aus dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 29.11.1993 möglich. Zwar ist in jenem Verfahren die ursprünglich auf drei Jahre bestimmte Bewährungszeit bereits einmal um ein Jahr sechs Monate auf dann vier Jahre sechs Monate verlängert worden. Die Bewährungszeit kann jedoch wiederholt verlängert und dabei auch das Regelhöchstmaß des § 56 a Abs. 1 Satz 2 StGB von fünf Jahren überschritten werden (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 04.08.1998 - 4 Ws 248/98 - m.w.N.). Allerdings darf die letzte, zum Überschreiten von insgesamt fünf Jahren führende Verlängerung nicht mehr als die Hälfte der ursprünglich festgesetzten Bewährungszeit - von hier: drei Jahren - betragen, da gemäß § 56 f Abs. 2 Satz 2 StGB, der nur für die Fälle einer Verlängerung über fünf Jahre hinaus Anwendung findet (vgl. OLG Hamm a.a.O.), insoweit eine Beschränkung auf die Hälfte der ursprünglich bestimmten Bewährungszeit zu erfolgen hat. Ausgehend hiervon durfte aber die von zunächst drei Jahren auf vier Jahre sechs Monate verlängerte Bewährungszeit abermals um ein Jahr sechs Monate, das heisst hier wie geschehen auf insgesamt sechs Jahre verlängert werden.
Da die Verlängerung der Bewährungszeit gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Folge hat, dass vom Widerruf abzusehen ist, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467, 473 StPO. Der Verurteilte hat das mit seinem Rechtsmittel angestrebte Ziel, ihm "die bewilligten Strafaussetzungen zur Bewährung wieder einzuräumen" erreicht.


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