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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi 442/99 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Aufhebung, abgekürztes Urteil, Verkündung in Abwesenheit des Betroffenen, Zustellung an StA, vollständiges Urteil nach Rechtsmittel, Sachrüge, Urteilsergänzung, Bekanntmachung des Urteils

Normen: OWiG 77 b

Beschluss: Bußgeldsache gegen L.B.,
wegen Zuwiderhandlung gegen § 37 StVO.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 11.12.1998 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 06.05.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Steinfurt zurückverwiesen.

Gründe: Das Amtsgericht Steinfurt hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach §§ 37 Abs. 2, 49 StVO i.V.m. § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 250,- DM festgesetzt und ihm für die Dauer eines Monats untersagt, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Es hat ausgesprochen, daß das Fahrverbot erst wirksam werde, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde mit der im einzelnen ausgeführten Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Rechtsbeschwerde hat bereits mit der Sachrüge Erfolg.
Das Amtsgericht hat zunächst ein nicht mit Gründen versehenes (abgekürztes) Urteil zu den Akten gebracht (Bl. 40 R d.A.). Dabei ist das Amtsgericht davon ausgegangen, die Voraussetzungen des § 77 b OWiG lägen vor (vgl. Bl. 44 d.A.). Das traf jedoch nicht zu. Weder hatten alle zur Anfechtung Berechtigten auf die Einlegung der Rechtsbeschwerde verzichtet noch war innerhalb der Frist eine Rechtsbeschwerde nicht eingelegt worden. Da das Urteil in Abwesenheit des Betroffenen verkündet worden war, begann für ihn die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde erst mit der Zustellung des Urteils. Das abgekürzte Urteil wurde dem Betroffenen jedoch nicht zugestellt, allerdings der Staatsanwaltschaft Arnsberg (Bl. 44 d.A.). Nachdem der Betroffene unter dem 22.01.1999 Rechtsbeschwerde eingelegt hatte, hat das Amtsgericht eine (diesmal) mit Gründen versehene Urteilsurkunde erstellt (vgl. Bl. 55 ff. d.A.) und Ausfertigung hiervon dem Betroffenen und seinem Verteidiger zugestellt.
Ob die Ergänzung der Urteilsgründe zulässig war, ist auf die Sachrüge hin vorab zu prüfen, ohne daß es einer entsprechenden Verfahrensrüge bedarf (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29.01.1991 in 4 Ss OWi 79/91 OLG Hamm und vom 27.08.1996 in 4 Ss OWi 933/96; OLG Köln VRS 67, 45 (46); OLG Düsseldorf, NJW 1989, 466).
Hier war die Ergänzung der Urteilsgründe nicht statthaft.
Zwar dürfen die Urteilsgründe innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO noch geändert oder ergänzt werden, bevor das schriftliche Urteil aus dem internen Dienstbetrieb des Gerichts herausgegeben wird (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.N.). Ist die Urteilsurkunde aber nach außen bekanntgemacht worden, so ist eine nachträgliche Anfertigung der Urteilsgründe unzulässig, wenn nicht ein Fall des § 77 b Abs. 2 OWiG vorliegt (vgl. OLG Köln, VRS 56, 149 (150); 67, 45 (46); OLG Celle VRS 75, 461, 462; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 77 b Rdnr. 8). In dieser Vorschrift sind die Fälle abschließend aufgeführt, in denen das Urteil noch ergänzt werden darf, nachdem es bereits aus dem internen Dienstbetrieb herausgegeben wurde (vgl. OLG Celle, a.a.O.). Da das Amtsgericht Steinfurt das abgekürzte Urteil bereits der Staatsanwaltschaft in Arnsberg zugestellt hatte, wäre somit eine Ergänzung der Urteilsgründe nur nach § 77 b Abs. 2 OWiG zulässig gewesen. Ein Fall dieser Vorschrift liegt aber nicht vor.
§ 77 Abs. 2 OWiG ist auch nicht entsprechend anwendbar, wenn wegen irrtümlicher Annahme der Rechtskraft des Urteils von dessen schriftlicher Begründung abgesehen wurde (vgl. BayObLG, NStZ 1992, 136) .
Die Ergänzung der Urteilsgründe ist somit unbeachtlich.
Das abgekürzte Urteil wird nicht den Anforderungen gerecht, die auch in Bußgeldsachen an die Urteilsbegründung zu stellen sind. Insoweit muß dem Urteil zu entnehmen sein, welche Feststellungen das Amtsgericht getroffen hat, damit das Rechtsbeschwerdegericht die richtige Rechtsanwendung überprüfen kann. Diesen Mindestanforderungen entspricht das Urteil nicht, da bei einem Rotlichtverstoß die Grundlagen mitgeteilt werden müssen, aus denen sich die Zuwiderhandlung ergibt. Schon deshalb leidet das angefochtene Urteil an einem sachlich-rechtlichen Mangel. Es war daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Steinfurt zurückzuverweisen.


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