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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ws 161/99 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Beschwerde gegen Zwischenermittlungen, weitere Haftbeschwerde, Mord, Zurückstellung der Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht, Anordnung von Zwischenermittlung

Normen: StPO 308 Abs. 2

Beschluss: Strafsache (Ermittlungsverfahren) gegen W.H.,
wegen Mordes.

Auf die (weitere) Beschwerde des Beschuldigten vom 16. 4 1999 gegen den Beschluß der 1. großen Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts Paderborn vom 12. 4 1999 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. 4 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschuldigten verworfen.

Gründe: I. Der am 23.03.1999 vorläufig festgenommene Beschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Paderborn vom 24.03.1999 - 21 Gs 355/99 - seit diesem Tage in Untersuchungshaft. In dem genannten Haftbefehl wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, am 03.09.1997 in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 8.10 Uhr die J. mit sechs Messerstichen getötet und ihr einen Geldbetrag von mehreren 1.000,00 DM geraubt zu haben. Anschließend soll er die Leiche mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und in Brand gesetzt haben.
Gegen diesen Haftbefehl richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten vom 30.03.1999, der das Amtsgericht Paderborn nicht abgeholfen hat. Auf die Beschwerde hat das Landgericht Zwischenermittlungen angeordnet. Es soll untersucht werden, ob sich Bestandteile des in der Sanitätsabteilung der Firma B., dem ehemaligen Arbeitsplatz des Beschuldigten, verwandten Desinfektions- oder Wundalkohols eventuell an den Rückständen des Leichnams oder an der von der Getöteten getragenen Kleidung nachweisen lassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten vom 16. 4 1999, der sich ausweislich der Beschwerdebegründung nicht dagegen wenden will, daß weitere Ermittlungen angestellt werden, der aber meint, einen Anspruch auf unverzügliche Entscheidung über seine Haftbeschwerde zu haben. Der Beschwerde hat das Landgericht Paderborn nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II. 1. Das Rechtsmittel des Beschuldigten ist als weitere Beschwerde statthaft. Die getroffene Anordnung von Zwischenermittlungen, die auf § 308 Abs. 2 StPO beruht, ist eine Entscheidung, die auf die Beschwerde hin ergangen ist. Sie ist deshalb gemäß § 310 StPO mit der weiteren Beschwerde anfechtbar, weil das Verfahren eine Verhaftung betrifft (vgl. Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Auflage, § 308 Rdnr. 19).
2. Die (weitere) Beschwerde des Beschuldigten ist jedoch unbegründet und war daher zu verwerfen.
Die getroffene Anordnung von Zwischenermittlungen durch das Landgericht Paderborn und die damit verbundene Zurückstellung der Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft sind nicht zu beanstanden. Zu einer derartigen Anordnung, die geeignet ist, die Frage der möglichen Täterschaft des Beschuldigten weiter abzuklären, war das Landgericht Paderborn auch unter Berücksichtigung des in Haftsachen stets zu beachtenden besonderen Beschleunigungsgebotes grundsätzlich nach § 308 Abs. 2 StPO berechtigt. Dieser Grundsatz unterliegt zwar gewissen Einschränkungen, die hier aber nicht zum Tragen kommen.
Eine Einschränkung des Rechts, ergänzende Ermittlungen anzuordnen und damit der grundsätzlich bestehenden Pflicht nachzukommen, die für die Beurteilung des Beschwerdegegenstandes möglicherweise erheblichen Tatsachen umfassend zu ermitteln, kann sich aus dem Umstand ergeben, daß sich das Verfahren noch im Ermittlungsstadium befindet. Insoweit obliegt es in erster Linie der Staatsanwaltschaft, Art, Reihenfolge und Umfang der Ermittlungen zu bestimmen. Deshalb dürfen Ermittlungsrichter und Beschwerdegericht in diesem Verfahrensstadium nur ergänzende Ermittlungen über einzelne, noch aufklärungsbedürftige Punkte vornehmen, um der Staatsanwaltschaft nicht das Ermittlungsverfahren aus der Hand zu nehmen (vgl. Karlsruher Kommentar-Engelhardt, StPO, 4. Auflage, § 309 Rdnr. 18).
Die vom Landgericht Paderborn getroffene Anordnung hält sich ersichtlich in diesem Rahmen.
Eine weitere Beschränkung bei der Anordnung von Zwischenermittlungen ergibt sich aus dem in Haftsachen stets zu beachtenden besonderen Beschleunigungsgebot. Eine derartige Anordnung ist deshalb dann unzulässig, wenn damit eine ins Gewicht fallende Verzögerung hinsichtlich der instanzbeendenden Sachentscheidung verbunden ist (vgl. für die gleichgelagerte Entscheidung über einen Haftprüfungsantrag: Karlsruher Kommentar-Boujong, StPO, 4. Auflage, § 117 Rdnr. 10).
Hinsichtlich der angeordneten vergleichenden Untersuchung des bei der Tat verwendeten Brandbeschleunigers mit Alkoholen, die im Bereich des ehemaligen Arbeitsplatzes des Beschuldigten eingesetzt werden, ist zu beachten, daß die Strafkammer auf eine größstmögliche Beschleunigung der Untersuchungen hingewirkt hat, so daß aus Gründen des Beschleunigungsgebotes jedenfalls derzeit noch keine durchgreifenden Bedenken gegen die getroffene Anordnung bestehen. Sollte sich allerdings herausstellen, daß die vom Landgericht veranlaßte sachverständige Untersuchung zeitaufwendiger als erwartet sein wird, wird die Strafkammer eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft gegebenenfalls auch dann zu treffen haben, selbst wenn das Ergebnis der veranlaßten Untersuchungen noch nicht vorliegen sollte.
Schließlich ist die Anordnung der Zwischenermittlung auch nicht deshalb unzulässig, weil die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Haftbefehls nicht mehr vorliegen. Ergänzende Ermittlungen dürfen nämlich dann nicht angeordnet werden, wenn deren Ergebnisse lediglich einen aufhebungsreifen Haftbefehl stützen könnten (vgl. LK-Wendisch, StPO, 24. Auflage, § 114 Rdnr. 51). Aber auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Der Beschuldigte ist unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen gegenwärtigen Standes der Ermittlungen (vgl. Karlsruher Kommentar-Boujong, StPO, 4. Auflage, § 112 Rdnr. 6) der ihm mit dem Haftbefehl des Amtsgerichts Paderborn vom 24.03.1999 zur Last gelegten Tat dringend verdächtig. Insoweit kann auf die zutreffende Darstellung im Haftbefehl Bezug genommen werden. Ergänzend ist insbesondere noch das Verhalten des Beschuldigten anläßlich der Durchsuchung seiner Wohnung am 17.03.1999 anzuführen, das der Zeuge KK B. in einem Vermerk eindrucksvoll niedergelegt hat.
Es besteht auch der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO. Es ist nach den Umständen des Falles zumindest nicht auszuschließen, daß sich der Beschuldigte, der im Verurteilungsfalle mit der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen muß, dem Verfahren durch Flucht entzöge, würde er freigelassen. Das begründet einen erheblichen Fluchtanreiz, dem ausreichende soziale Bindungen nicht entgegen stehen. Der Beschuldigte hat seine Arbeitsstelle verloren, die Bindungswirkung der Beziehung zu seiner Ehefrau erscheint als eingeschränkt. Die Eheleute leben seit Jahren aneinander vorbei. Das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus steht im Alleineigentum der Ehefrau.
Daß die Anordnung und der Vollzug der Untersuchungshaft angesichts des Tatvorwurfs nicht unverhältnismäßig ist, bedarf keiner näherer Darlegung.
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.


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