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RVG Entscheidungen

§ 48

Erstreckung, Verbindung von Verfahren, Beiordnungsantrag, Erforderlichkeit, Voraussetzungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 18.01.2011 - III 5 Ws 394/10

Fundstellen:

Leitsatz: Die Erstreckung ist zumindest dann auszusprechen, wenn im hinzuverbundenen Verfahren die Beiordnung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger unmittelbar bevorgestanden hätte. Die Frage, ob ein Beiordnungsantrag vom Rechtsanwalt vor der Verbindung gestellt sein muss, kann offen bleiben.


Strafsache
gegen pp.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a., (hier: Erstreckung der Beiordnung des Pflichtverteidigers auf hinzu verbundenes Verfahren gem. § 48 Abs. 5 S. 3 RVG).

Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts D.W. in Dorsten vom 25. August 2010 gegen den Beschluss der XVII. großen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 4. August 2010 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.01.2011 durch beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Wirkungen der Beiordnung als Pflichtverteidiger werden auf das hinzu verbundene Verfahren 71 Js 460/08 Staatsanwaltschaft Essen erstreckt.

Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer war dem früheren Angeklagten mit Beschluss des Amtsge-richts Borken vom 30. April 2009 als Pflichtverteidiger in dem bei der Staatsanwalt-schaft Münster laufenden Ermittlungsverfahren 220 Js 77/09 beigeordnet worden. Dieses Verfahren legte die Staatsanwaltschaft Münster unter dem 2. Juli 2009 der Staatsanwaltschaft Essen zwecks Übernahme zu den dort gegen den früheren An-geklagten laufenden Ermittlungsverfahren vor. Mit Verfügung vom 3. Juli 2009 im Verfahren 71 Js 339/09 übernahm die Staatsanwaltschaft Essen das Verfahren der Staatsanwaltschaft Münster. Zugleich trennte sie aus dem ebenfalls bei ihr gegen den früheren Angeklagten sowie weitere Personen laufenden Ermittlungsverfahren 71 Js 460/08 die diesen betreffenden Verfahrensteile ab. Insoweit übernahm sie das Verfahren 71 Js 460/08 ebenfalls zum Verfahren 71 Js 339/09, welches führendes Verfahren blieb.

Den Antrag des Beschwerdeführers, seine Beiordnung zum Pflichtverteidiger des früheren Angeklagten gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG auch auf das hinzu verbundene Verfahren 71 Js 460/08 Staatsanwaltschaft Essen zu erstrecken, hat das Landgericht Essen mit Beschluss vom 4. August 2010 abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde, der das Landgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2010 nicht abgeholfen hat.

II.
Die Beschwerde ist nach § 304 Abs. 1 StPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG waren die Wirkungen der Beiordnung des Beschwerde-führers zum Pflichtverteidiger des früheren Angeklagten auf das hinzu verbundene Verfahren 71 Js 460/08 der Staatsanwaltschaft Essen zu erstrecken. Die Wirkungen des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG – Vergütung auch für anwaltliche Tätigkeiten vor der Be-stellung – können nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG auf Verfahren erstreckt werden, in de-nen vor ihrer Verbindung keine Bestellung erfolgt war.

Eine Erstreckung ist auszusprechen, wenn die Beiordnung oder Bestellung unmittel-bar bevorgestanden hätte, falls die Verbindung unterblieben wäre (vgl. Ge-rold/Schmidt-Burhoff, RVG, 19. Aufl., § 48 Rn. 150).
Ob hierfür die Stellung eines Beiordnungsantrages bereits vor der Verbindung der Verfahren erforderlich ist, wie dies das Landgericht meint (so auch LG Berlin, Be-schluss vom 28.09.2005, JurBüro 2006, 29; LG Bielefeld, Beschluss vom 27.03.2008, RVG professionell 2008, 154), oder ob ein solcher Antrag entbehrlich ist (so Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 19. Aufl., § 48 Rn. 150; LG Kiel, Beschluss vom 29.08.2006, RVG professionell 2006, 202), kann vorliegend offen bleiben. Die Straf-kammer hat nämlich offenbar übersehen, dass vor Übernahme des Verfahrens 71 Js 460/08 und Verbindung mit dem führenden Verfahren 71 Js 339/09, was seitens der Staatsanwaltschaft Essen unter dem 3. Juli 2009 erfolgte, vom Beschwerdeführer ein Beiordnungsantrag gestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009, der per Fax am selben Tag bei der Staatsanwaltschaft einging, beantragte der Beschwerdeführer im Verfahren 71 Js 460/08, dem früheren Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden (vgl. Bd. I Bl. 120).

Dass ein Beiordungsantrag ansonsten erfolgreich gewesen wäre, wird auch nach Auffassung des Landgerichts nicht in Frage gestellt. Im angefochtenen Beschluss führt die Strafkammer aus, dass eine Beiordnung als Pflichtverteidiger im hinzu ver-bundenen Verfahren aufgrund der dort gegen den früheren Angeklagten erhobenen Tatvorwürfe, die auch Gegenstand der Anklage wurden, voraussichtlich erfolgt wäre. Diese Auffassung wird bestätigt vom Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabtei-lung des Oberlandesgerichts Hamm in seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2010 zu dem vom Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren gestellten Antrag auf Bewilli-gung einer Pauschgebühr für die Pflichtverteidigung des früheren Angeklagten.
Einer Beiordnung im hinzu verbundenen Verfahren entgegenstehende Umstände sind im übrigen auch nicht ersichtlich.

Da eine Beiordnung des Beschwerdeführers als Pflichtverteidiger im hinzu verbun-denen Verfahren somit unmittelbar bevorgestanden hätte, sind die Voraussetzungen für eine Erstreckung nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG erfüllt.

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und festzustellen, dass die Wir-kungen der Beiordnung auch auf das hinzu verbundene Verfahren 71 Js 460/08 StA Essen erstreckt werden.

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