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RVG Entscheidungen

Vorbem. 4 Abs. 1 VV

Zeugenbeistand, Abrechnung, Tätigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Koblenz, Beschl. v. 25.11.2009 - 2 StE 3/09-8

Fundstellen:

Leitsatz: Auch die Vergütung des nach § 68b StPO beigeordneten Zeugenbeistands ist grundsätzlich nach den für den Verteidiger geltenden Regelungen des Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG festzusetzen.


2 StE 3/09-8
OBERLANDESGERICHT
KOBLENZ
BESCHLUSS
In der Strafsache gegen pp.
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
hier: Kostenbeschwerde der als Zeugenbeistand beigeordneten
Rechtsanwältin Jennifer Jakobi, Am Dobben 99, 28203 Bremen
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richterin am Ober-landesgericht am 25. November 2009 beschlossen:
Die Erinnerung der Staatskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Koblenz, gegen die Kostenfestsetzung des Oberlandesgerichts — Urkundsbeamter der Geschäftsstelle — Koblenz vom 18. September 2009 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Mit Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 8. September 2009 wurde Rechtsanwältin J. dem Zeugengelb für die Dauer seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen XXX.und als Zeugenbeistand gemäß § 68 b StPO beigeordnet.
Mit Schriftsatz vom 10. September 2009 beantragte die Rechtsanwältin die Festset-zung eines Vorschusses auf die bereits entstandenen Gebühren als Beistand des Zeugen wie folgt:
1. Grundgebühr gemäß Nr. 4100 W RVG = 132,00 €
2. Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4118 W RVG = 264,00 €
Zwischensumme = 396,00 €
zzgl. 19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 75,24 €
Gesamtsumme: 471,24 €

Mit Verfügung vom 18. September 2009 setzte der Rechtspfleger des Oberlandesgerichts Koblenz den Vorschuss antragsgemäß auf 471,24 € fest.

Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Bezirksrevisors hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Nach der Vorbemerkung 4 Abs. 1 W RVG gelte Teil 4 auch für den Rechtsanwalt, der als Zeugenbeistand tätig sei. Es verbiete sich deshalb, die Tätigkeit des Zeugenbei-stands generell unter Nr. 4103 Ziff. 4 W RVG zu subsumieren. Gründe, die dies in vorliegendem Fall rechtfertigen könnten, habe der Bezirksrevisor nicht vorgebracht.

II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, der Rechtspfleger des Oberlandesgerichts hat die Tätigkeit des Zeugenbeistands zutreffend nicht unter Nr. 4103 Ziff. 4 W RVG subsumiert.

Nach Vorbem. 4 Abs. 1 W RVG sind die Vorschriften des 4. Teils auf die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand entsprechend anzuwenden.
Welche Bedeutung diese Vorbemerkung für die Vergütung des dem Zeugen nach § 68b StPO beigeordneten Rechtsanwalts hat, ist in der Rechtsprechung der Obergerichte umstritten (zum Streitstand vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30. Mai 2008 — 5 — 2 StE 2/05, juris).
Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 11 • April 2006 — 1 Ws 201/06 — einem nach § 68b beigeordneten Zeugenbeistand sowohl die Grundgebühr als auch die Verfahrensgebühr zugebilligt.
Zur Begründung hat der Senat in dieser Entscheidung ausgeführt:
„Den Gesetzgebungsmaterialien ist eindeutig zu entnehmen, daß der Rechtsanwalt im Strafverfahren „als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten soff' (BT-Drs. 15/1971, S. 219). Es verbietet sich deshalb, die Tätigkeit des Zeugenbeistands generell unter Nr. 4103 Ziff. 4 W RVG zu subsumieren (a.A. OLG Oldenburg v. 20.12.2005 - 1 Ws 600/05 in www.burhoff.de ). Dieser Gebührentatbestand gilt für einen Rechtsanwalt, der aufgrund eines eng begrenzten Auftrags als Beistand des Beschuldigten in einer bestimmten Verfahrenssituation und gerade nicht als Verteidiger tätig wird. Soweit das OLG Oldenburg argumentiert, die gebührenrechtliche Gleichstellung von Verteidiger und Zeugenbeistand führe „häufig zu einem extremen Missverhältnis von Leistung und Vergütung", über
sieht es die gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers: „Die Gleichstellung mit dem Verteidiger ist sachgerecht, weil die Gebührenrahmen ausreichenden Spielraum bieten, dem konkreten Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts Rechnung zu tragen" (BT-Drs. 15/1971, S. 219). Zu einem Mißverhältnis kann es allenfalls bei der Vergütung des beigeordneten Zeugenbeistands kommen, für den keine Rahmengebühren gelten. Wenn sich der Gesetzgeber aber dafür entscheidet, bestellten oder beigeordneten Rechtsanwälten aufwandsunabhängige Festbeträge zuzubilligen, ist ein in Einzelfällen möglicherweise auftretendes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung als systembedingt hinzunehmen."
An dieser Auffassung hält der Senat fest. Auch die Vergütung des nach § 68b StPO beigeordneten Zeugenbeistands ist somit grundsätzlich nach den für den Verteidiger geltenden Regelungen festzusetzen. Die gegenteilige Auffassung, wonach auf die sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht beschränkte Tätigkeit des nach § 68b StPO beigeordneten Anwalts am ehesten Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG anzuwenden sei (vgl. insoweit nunmehr auch der 2. Senat des OLG Hamm, Beschl. v. 14. Juli 2009, StraFo 2009, 274 m. Anm. Burhoff), übersieht, dass eine solche Beschränkung auch nicht mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar ist. Die Beiordnung nach § 68 b StPO soll eine Verbesserung der Rechtsstellung schutzbedürftiger Zeugen in bestimmten Vernehmenssituationen erreichen. Durch die Unterstützung eines anwaltlichen Beistandes sollen die Zeugen in die Lage versetzt werden, ihnen zustehende Abwehr- und Schutzrechte geltend zu machen. Hieraus folgt das Gebot zur Gewährleistung eines wirkungsvollen Beistandes. Dem kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass sich der Rechtsanwalt auf die Vernehmung im Rahmen der ihm als Beistand zustehenden Befugnisse angemessen vorbereitet. Für diese Vorbereitung muss ihm auch eine Vergütung zustehen (OLG Köln, Beschl. v. 17. Dezember 2007 — 2 Ws 613/07 — juris).
Ob der Zeugenbeistand — anders als der Verteidiger — eine die Verfahrensgebühr (Nr. 4112 W RVG) auslösende Tätigkeit darlegen muss (so KG Beschl. v. 04.11.2005 — 4 Ws 61/05; OLG Köln, Beschl. v.17.12.2007 — 2 Ws 9/06 -, beide ju
ris), ist zweifelhaft, kann hier aber offenbleiben. Denn die beigeordnete Rechtsanwältin hat den Zeugen Mn ausweislich ihres Schriftsatzes vom 03. November 2009 zum Umfang des § 55 StPO beraten, so dass ihre Tätigkeit über die hinausgeht, die mit Grund- und Terminsgebühr abgegolten wird.
Kosten: keine (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG)

Einsender: RÄin J.Jacobi, Bremen

Anmerkung: In der Entscheidung dürften sich Fehler eingeschlichen haben. Es wird mehrfach Bezug genommen auf die Vorschrift 4103 Ziff. 4 VV RVG, richtig muß es aber 4301 Ziff. 4 VV RVG


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