Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.08.2010 - 1 AR 2/09
Eigener Leitsatz: Zur Zuerkennung einer Pauschgebühr in einer Jugendsache.
1 AR 2/09
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT
BESCHLUSS
Strafsache
gegen pp.
wegen Sachbeschädigung
(hier: Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr)
Auf den Antrag des Rechtsanwalts Olaf Möller, \/ölklingen, vom 11. Februar 2009 auf Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG
hat der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken
am 24. 8. 2010 durch den Richter am Amtsgericht als Einzelrichter (§§ 51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG)
nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Saarbrücken
beschlossen:
Dem Antragsteller wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Antrags für das Verfahren im ersten Rechtszug
anstelle der gesetzlichen Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 132,-- Euro eine Pauschgebühr in Höhe von 300,-- Euro und
anstelle der gesetzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG in Höhe von 112,-- Euro eine Pauschgebühr in Höhe von 250,-- Euro bewilligt.
Gründe:
I.
Der vor Anklageerhebung nicht tätige Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Beschluss des Amtsgerichts St. Ingbert vom 18. September 2008 zum Pflichtverteidiger beigeordnet. Für seine Tätigkeit in der vor dem Jugendrichter in Anwesenheit des Antragstellers in der Zeit von diesem Tag bis zum 25. November 2008 an 7 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung hat der Antragsteller neben Auslagen (Post, Telekommunikations- und Dokumentenpauschale, Fahrtkosten, Tage- und Abwesenheitsgeld) an gesetzlichen Gebühren die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 132,-- Euro, die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG in Höhe von 112,-- Euro und für jeden Tag, an dem er an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, eine Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG in Höhe von 184,-- Euro (7 X 184,-- Euro = 1.288,-- Euro) beantragt und erhalten.
Nach Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 beantragt, ihm gem. § 51 RVG eine Pauschvergütung für den ersten Rechtszug in Höhe von 4.000,-- Euro zuzüglich 19 % MwSt. zu bewilligen. Er ist der Meinung, seine Tätigkeit sei durch die gesetzlichen Gebühren wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht ausreichend vergütet.
Die Bezirksrevisorin ist der Ansicht, dass die Bewilligung einer Pauschgebühr in Höhe von 556,-- bim zuzüglich 19 % Umsatzsteuer gerechtfertigt sei, wobei sie hinsichtlich der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG von der Höchstgebühr und hinsichtlich der Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG vom Doppelten der Höchstgebühr eines Wahlanwalts, jeweils abzüglich der erhaltenen gesetzlichen Gebühren, ausgegangen ist.
Dem Antragsteller ist zu der Stellungnahme der Bezirksrevisorin rechtliches Gehör gewährt worden.
II.
Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr für den ersten Rechtszug ist lediglich insoweit begründet, als dem Antragsteller anstelle der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG sowie der Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG eine Pauschgebühr in Höhe der jeweiligen Wahlanwaltshöchstgebühr zusteht.
1. Nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die dort bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind.
Zweck der Bestimmung ist es, eine Ausgleichsmöglichkeit für solche Fälle zu schaffen, in denen die im Vergütungsverzeichnis zum RVG bestimmten Gebühren die Arbeit des bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts nicht ausreichend abgelten (vgl. Burhoff in: Gerold/ Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 51 Rn. 1). Ihr Anwendungsbereich ist allerdings im Verhältnis zur Vorgängerregelung des § 99 BRAGO insofern eingeschränkt, als Umstände, die nach den neuen Gebührentatbeständen im Vergütungsverzeichnis bereits zu einer gesonderten Vergütung führen, als solche keine Berücksichtigung mehr finden können. Darüber hinaus soll das Kriterium der Unzumutbarkeit der im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Gebühren den Ausnahmecharakter der Bewilligung einer Pauschgebühr zum Ausdruck bringen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf: BT-Drucks. 15/1971, Seite 201). Hierdurch wird zugleich dem Grundrecht des zu öffentlichen Zwecken in Anspruch genommenen Rechtsanwalts auf freie Berufsausübung Rechnung. getragen. Die Regelung des § 51 Abs. 1 RVG stellt sicher, dass ihm kein unzumutbares Opfer abverlangt wird (vgl. BVerfG NStZ-RR 2007, 359, 360). Ein solches unzumutbares Opfer ist nicht schon dann gegeben, wenn der Gebührenanspruch des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechts-anwalts unter dem der jeweiligen Rahmengebühr zu entnehmenden Gebührenanspruch des Wahlverteidigers liegt. Denn dies ist durch einen vom Gesetzgeber im Sinne des Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich, der auch das Interesse an einer Einschränkung des Kostenrisikos berücksichtigt, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Hingegen kann ein unzumutbares Opfer insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Arbeitskraft des Rechtsanwalts durch das Strafverfahren für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen wird, so dass die Höhe des Entgelts für ihn existentielle Bedeutung gewinnt (vgl. BVerfG, a.a.O.).
Die Kriterien des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit sind auch unter der Geltung des RVG maßgeblich.
Besonders umfangreich ist ein Strafverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. August 2006 1 AR 28/06 ; vom 5. März 2008 1 AR 2/08 und vom 20. Mai 2010 1 AR 22/08 ), wenn der von dem Verteidiger erbrachte zeitliche Aufwand erheblich über dem Zeitaufwand liegt, den er in einer normalen" vergleichbaren Sache zu erbringen hat. Als Vergleichsmaßstab dienen dabei nur gleichartige Verfahren, also z.B. für eine Schwurgerichtssache die normalen Schwurgerichtsverfahren, für eine Sache vor der großen Strafkammer die üblicherweise vor den großen Strafkammern durchgeführten Verfahren, usw. (vgl. Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 15). Der besondere Umfang bemisst sich aufgrund der objektiven Gesamtumstände nach dem zeitlichen Aufwand der jeweiligen Verteidigertätigkeit. Dabei sind die Dauer und die Anzahl der einzelnen Verhandlungstage, die Terminsfolge, die Gesamtdauer der Hauptverhandlung, der Umfang und die Komplexität des Verfahrensstoffs sowie das Ausmaß der von dem Rechtsanwalt wahrgenommenen weiteren Tätigkeiten, wie etwa die Durchführung von Mandantenbesprechungen, die Teilnahme an Haftprüfungen, polizeilichen Vernehmungen und Anhörungen von Sachverständigen, das Führen einer umfangreichen Korrespondenz sowie die Wahrnehmung von sonstigen Gesprächsterminen von Bedeutung (vgl. Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 17 ff.; Hartung/Römermann, RVG, § 51 Rn. 16; AnwKomm-RVG/Schneider, 2. Aufl., § 51 Rn. 19 ff.; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, S. 689 ff.; Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 2006 1 AR 30/05, 1 AR 22/06 und vom 15. April 2008 1 AR 19/07 ). Die Anzahl der Hauptverhandlungstage kann mit deren durchschnittlicher Dauer in Beziehung gesetzt werden (vgl. OLG Dresden StV 1998, 619; OLG Brandenburg StV 1998, 92; OLG Schleswig SchIHA 1995, 38; OLG Bamberg JurBüro 1989, 965, 966), zumal dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für jeden dieser Hauptverhandlungstage eine Terminsgebühr vergütet wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 2006 1 AR 30/05, 1 AR 22/06 und zuletzt vom 20. Mai 2010 1 AR 22/08 ). Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht bereits bei der Überprüfung der zu § 99 BRAGO entwickelten fachgerichtlichen Rechtsprechung hervorgehoben, dass eine Vielzahl von jeweils einzeln vergüteten Hauptverhandlungsterminen das gesteigerte Ausmaß eines anderen für die Bemessung einer Pauschvergütung relevanten Merkmals zu kompensieren vermag (vgl. BVerfG NJW 2005, 1264, 1265 m. w. N.). Das gilt für die gegenüber dem früheren Rechtszustand angehobenen und unter Wegfall der Kappungsgrenze neu strukturierten Terminsgebühren nach dem RVG mit ihren gestaffelten Längenzuschlägen erst Recht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 2006 1 AR 30/05, 22/06 , vom 24. April 2008 1 AR 5 + 6/08 und zuletzt vom 20. Mai 2010 1 AR 22/08 ).
Besonders schwierig ist ein Strafverfahren, wenn es aus besonderen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art über das normale Maß einer vergleichbaren Sache hinaus verwickelt ist (vgl. vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. August 2006 1 AR 28/06 , vom 5. März 2008 1 AR 2/08 und vom 20. Mai 2010 1 AR 22/08 ; Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 28).
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die Voraussetzungen für die beantragte Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG im vorliegenden Fall lediglich hinsichtlich des dem Antragsteller im ersten Rechtszug außerhalb der Hauptverhandlungstermine entstandenen besonderen Arbeits- und Zeitaufwands erfüllt, nicht jedoch bezüglich seiner Tätigkeit in der Hauptverhandlung.
Bereits der Aktenumfang bei der Beiordnung des Pflichtverteidigers lag erheblich über dem durchschnittlichen Umfang einer vor dem Jugendrichter zu verhandelnden Sache. Die Verfahrensakten umfassten einschließlich 75 Fallakten rund 1.000 Seiten, in die sich der Antragsteller zur sachgerechten Verteidigung einarbeiten und die er im Einzelnen mit seinem Mandanten besprechen musste. Der Aktenumfang ist auch bis zur Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens weiter angewachsen. Ein erhöhter Arbeitsaufwand und damit ein besonderer Umfang der Sache ergibt sich darüber hinaus im vorliegenden Fall aus dem Umstand, dass dem im vorbereitenden Verfahren noch nicht tätigen Antragsteller für die Einarbeitung in die Sache und die Vorbereitung der Hauptverhandlung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung stand (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Februar 2007 1 AR 10/06 , vom 12. Juni 2007 1 AR 11/07 und zuletzt vom 20. Mai 2010 1 AR 22/08 ), wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass dem Antragsteller nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anders als bei der unter der Geltung der BRAGO maßgeblichen Vorverfahrensgebühr nach Nr. 4100 VV RVG eine gesonderte Grundgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall auch in diesem Fall zusteht. Des Weiteren ist auch die Anzahl der gehörten Zeugen für ein Verfahren vor dem Jugendrichter als über-durchschnittlich anzusehen.
Demgegenüber rechtfertigt der Umstand, dass die Frage des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbotes bezüglich der Geständnisse des Angeklagten im Ermitt-lungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 67 JGG zu prüfen war und die Verteidi-gungsstrategie darauf ausgerichtet wurde, entgegen der Auffassung des Antragstellers noch nicht die Annahme, das Verfahren hebe sich nach seiner Schwierigkeit in besonderem Maße von einem vergleichbaren Verfahren ab. Denn die Prüfung einer derartigen Rechtsfrage ist auch für eine Straf- bzw. Jugendrichtersache nicht außergewöhnlich.
c) Die genannten Kriterien (Aktenumfang, kurze Einarbeitungszeit und Anzahl der gehörten Zeugen) werden jedoch durch die geringe Terminsdichte und die für eine Sache vor dem Jugendrichter unterdurchschnittliche Terminsdauer weitgehend kompensiert. Insgesamt lag der jeweilige Zeitaufwand für die Vertretung in der Hauptverhandlung auch unter Berücksichtigung der mit den Terminsgebühren mit abgegoltenen Vor- und Nachbereitungszeit nicht außerhalb des für eine Strafsache vor dem Jugendrichter üblichen Aufwands eines Pflichtverteidigers, wie sich der der dem Antragsteller bekannten Stellungnahme der Bezirksrevisorin beigefügten und von dem Senat überprüften Übersicht (BI. 747 d.A.), auf die Bezug genommen wird, entnehmen lässt.
Danach belief sich die Dauer der sieben Hauptverhandlungstermine, an denen der Antragsteller teilgenommen hat, im Durchschnitt auf 1 Stunde und 44 Minuten. Die Dauer der einzelnen Hauptverhandlungstermine lag damit keineswegs über, sondern unter dem für eine Strafsache vor dem Straf- und Jugendrichter üblichen Umfang von bis zu zwei Stunden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Mai 2003 1 AR 16/03 und vom 3. August 2006 1 AR 28/06 ), zumal dieses für die Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO für wesentlich erachtete zeitliche Kriterium im Hinblick auf die im Vergütungsverzeichnis zum RVG für die mehr als 5- bzw. mehr als 8- stündige Teilnahme des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung vorgesehenen so genannten Längenzuschläge (z.B. Nr. 4110, 4111 VV RVG) nur noch in Ausnahmefällen zum Tragen kommen kann (vgl. Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 13, 24).
Allein für seine Tätigkeit in der Hauptverhandlung hat der Antragsteller 7 Terminsgebühren nach Nr. 4108 VV RVG in Höhe von jeweils 184,-- Euro (= 1.288,-- Euro) für jeden bis zu 5 Stunden dauernden Hauptverhandlungstermin erhalten. Mit diesen gesetzlichen Gebühren ist eine anwaltliche Tätigkeit in der Hauptverhandlung von bis zu 35 Stunden (7 X 5 Stunden) abgegolten; wie sich aus der Übersicht errechnen lässt, hat der Antragsteller jedoch lediglich 12 Stunden und 9 Minuten an der Hauptverhandlung teilgenommen. Danach sind im Falle des Antragstellers mit den gesetzlichen Gebühren nach dem RVG bereits 22 Stunden und 51 Minuten an Zeit vergütet, die er für die Tätigkeit in der Hauptverhandlung, die grundsätzlich deren Vor- und Nachbereitung ebenso umfasst wie das Stellen von Beweisanträgen und das Führen hierzu notwendiger Gespräche (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. August 2000 1 Ws 152/00 , 29. Juni 2006 1 AR 16/06 und 5. Juni 2008 1 AR 9/08, 1 AR 11/08 ), nicht aufwenden musste. Dass der Antragsteller in dieser Zeit die von ihm behaupteten zusätzlichen Tätigkeiten (Einarbeitung in die Akten und den Sachstand einschließlich der Problematik der Verwertbarkeit der Geständnisse des jugendlichen Angeklagten im Ermittlungsverfahren, Besprechungen mit dem Mandanten, Vorbereiten und Abfassen eines 21 Seiten umfassenden Schriftsatzes) nicht hätte ausführen können, ist weder dargetan noch ersichtlich. Insoweit vermag das Vorbringen des Antragstellers, es hätten intensive Besprechungen mit dem Angeklagten stattgefunden, die Bewilligung einer Pauschgebühr bereits deshalb nicht zu rechtfertigen, weil es an einem substantiierten Vorbringen der Anzahl und der jeweiligen Dauer der einzelnen Besprechungstermine ebenso fehlt wie an einer nachvollziehbaren Darlegung, weshalb über den üblichen Umfang der Verteidigertätigkeit hinausgehende, mit der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG nicht abgegoltene Besprechungstermine besonderen Umfangs notwendig waren (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Mai 2007 1 AR 10/07 ).
Hinzu kommt, dass sich die Dichte der Aufeinanderfolge der Termine in den Wochen, in denen überhaupt verhandelt wurde, auf höchstens einen Termin pro Woche (vgl. BVerfG NJW 2005, 1264, 1265) belief. Angesichts dieser Terminsdichte liegt es auf der Hand, dass der Antragsteller nicht mit seiner kompletten Arbeitskraft ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich im hiesigen Verfahren gebunden und an der Wahrnehmung anderer Termine gehindert gewesen ist, was aber Voraussetzung für die Gewährung einer (höheren) Pauschgebühr gewesen wäre (vgl. hierzu: BVerfG NJW 2005, 1264, 1265; NStZ-RR 2007, 359, 360).
d) Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann der zusätzliche Aufwand, der ihm durch Fahrten von seinem Kanzleisitz in Völklingen zum Gerichtsort entstanden ist, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats weder die Bewilligung noch die Erhöhung einer aus anderen Gründen zu gewährenden Pauschgebühr rechtfertigen, weil dieser besondere Zeitaufwand sich nicht, wie § 51 Abs. 1 S. 1 RVG voraussetzt, vom Verfahren selbst ableiten lässt (vgl. nur Beschluss des Senats vom 23. Juli 2008 1 AR 20/08, 1 AR 21/08 m.w.N.). Im Übrigen werden die besonderen Belastungen eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts durch die Zahlung von Fahrtkostenentschädigung nebst Tage- und Abwesenheitsgeld abgegolten (Nr. 7004, 7005 VV RVG).
e) Nach alldem ist dem Antragsteller im ersten Rechtszug ein erhöhter, durch die gesetzlichen Gebühren nicht zumutbar abgegoltener Zeitaufwand lediglich im Abgeltungsbereich der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG sowie der gerichtlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 W RVG entstanden.
Bei der Bemessung der Höhe der insoweit entstandenen Pauschgebühr hat der Senat teilweise abweichend von der Auffassung der Bezirksrevisorin die jeweiligen Höchstgebühren des Wahlanwalts zugrunde gelegt. Zwar ist die Pauschgebühr der Höhe nach nicht beschränkt und darf grundsätzlich auch die gesetzlichen Rahmenhöchstgebühren des Vergütungsverzeichnisses überschreiten, allerdings hat die Höchstgebühr eines Wahlanwalts in der Vergangenheit in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in der Regel die obere Grenze gebildet (vgl. OLG Bremen, JurBüro 1981, 1193; OLG Koblenz, Rpfleger 1992, 268; OLG Düsseldorf AnwBl. 1982, 265; OLG Karlsruhe RVGreport 2005, 315; Senatsbeschlüsse vom 13. Februar 2007 1 AR 10/06 , vom 5. Juni 2008 1 AR 9/08, 1 AR 11/08 und vom 20. Mai 2010 1 AR 23/08 ). Überschritten wurde diese Grenze nur in Sonderfällen und zwar dann, wenn auch die Wahlverteidigerhöchstgebühr in einem grob unbilligen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers gestanden hätte oder wenn die Strafsache über einen längeren Zeitraum die Arbeitskraft des Verteidigers aus-schließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen hat (vgl. OLG Hamm, StraFo 1998).
Diese Voraussetzungen sind bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nach den vorstehenden Ausführungen vorliegend nicht gegeben. Danach war der Antragsteller durch das hiesige Strafverfahren zwar zum Beginn seiner Tätigkeit aufgrund der erforderlichen Einarbeitung in den umfangreichen Verfahrensstoff stark in Anspruch genommen. Dieser erhöhte Zeit- und Arbeitsaufwand wurde jedoch im Verlauf des Verfahrens durch die Anzahl der jeweils gesondert vergüteten Hauptverhandlungstage mit geringer Terminsdichte und überwiegend unterdurchschnittlicher Terminsdauer weitgehend kompensiert. Weder war Arbeitskraft des Antragstellers durch das Strafverfahren über einen längeren Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich gebunden noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Wahlanwaltshöchstgebühr in einem grob unbilligen Missverhältnis zu seiner Inanspruchnahme steht.
Demgegenüber kann von vornherein nicht davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit des Antragstellers in der Hauptverhandlung durch die ihm nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG zustehenden Terminsgebühren nicht ausreichend abgegolten ist, geschweige denn davon, dass ihm diese nicht zumutbar sind. Weder die Gesamtdauer des Verfahrens noch ein anderes für die Bemessung einer Pauschgebühr maßgebliches Merkmal führt für sich genommen zur Bewilligung einer Pauschgebühr geschweige denn eines Faktors, mit dem die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG zu multiplizieren sind. Vielmehr wird der in der Gesamtdauer des Verfahrens liegende Aufwand des Antragstellers gerade dadurch kompensiert, dass dieser für eine Mehrzahl von insgesamt unterdurchschnittlich langen und nicht in dichter Folge durchgeführten Hauptverhandlungsterminen jeweils eine gesonderte Terminsgebühr nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG erhalten hat.
3. Da die Pauschgebühr nicht zusätzlich zu den gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren, sondern an deren Stelle bewilligt wird, sind die bereits festgesetzten und dem Antragsteller ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei Fertigung der Zahlungsanweisung von der bewilligten Pauschvergütung abzusetzen (vgl. Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 49 m.w.N.).
Einsender: RA Olaf Möller, Völklingen
Anmerkung:
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