Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

RVG Entscheidungen

§ 61

Übergangsrecht beim Wahlverteidiger

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Düsseldorf, Beschl. v. 10. 06. 2005, XI 1 Qs 66/05

Fundstellen:

Leitsatz: 1. In Strafsachen bilden das vorbereitende Verfahren und das Hauptverfahren sowohl nach § 15 RVG als auch nach § 13 BRAGO dieselbe Angelegenheit. Bei unbedingter Auftragserteilung für das vorbereitende Verfahren vor dem 01.07.2004 richtet sich die Verteidigervergütung gem. § 61 Abs. 1 S. 1 RVG daher auch dann nach der BRAGO, wenn der Verteidigung im Hauptverfahren ein nach dem 01.07.2004 erteilter Auftrag zugrunde liegt.
2. Soweit der Gesetzgeber in § 61 Abs. 1 S. 1 RVG zur Konkretisierung des Begriffs der Angelegenheit auf § 15 RVG Bezug nimmt, handelt es sich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers, weil sich der vor dem 01.07.2004 erteilte Auftrag nur auf den Angelegenheitsbegriff in § 13 BRAGO beziehen kann. Bei einer Auftragserteilung vor Inkrafttreten des RVG können Rechtsanwalt und Mandant nur von den Vergütungsfolgen der BRAGO ausgehen.


Landgericht Düsseldorf
Beschluss
XI l Qs 66/05
16 Cs 110 Js 5053/04 (497/04) (Amtsgericht Langenfeld) 110 Js 5053/04 (Staatsanwaltschaft Düsseldorf)
der Strafsache gegen PP.
Verteidiger: Rechtsanwalt P., wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort
wird die sofortige Beschwerde des Verteidigers vom 14. April 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld vom 08. April 2005, Az.: 16 Cs 110 Js 5053/04 (497/04), als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Gründe:
Die am 15. April 2005 beim Amtsgericht Langenfeld eingegangene, gemäß § 464 b Satz 3 StPO i. V. m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Verteidigers vom 14. April 2005 gegen den ihm am 13. April 2005 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld ist zulässig, aber nicht begründet. Die Gebührenfestsetzung durch das Amtsgericht Langenfeld ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht ist das Amtsgericht bei der Festsetzung der Gebühren zunächst dem Grunde nach von der alleinigen Anwendbarkeit der BRAGO ausgegangen. Die Unanwendbarkeit des RVG folgt aus § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG. Danach ist die BRAGO grundsätzlich auch über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des RVG hinaus anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag des Mandanten vor dem 01. Juli 2004 erteilt worden ist. Das ist hier der Fall, da der Beschwerdeführer von seinem Mandanten ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten Vollmacht (Bl. 18 d. GA) am 16. Juni 2004 mandatiert worden ist.
An der sonach festzustellenden ausschließlichen Anwendbarkeit der BRAGO vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich - dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge - das ursprüngliche Mandatsverhältnis nur auf die Vertretung im Ermittlungsverfahren bezogen hat und die Verteidigung in der Hauptverhandlung auf einen neuen Auftrag zurückgegangen ist, der erst im November 2004 und damit nach Inkrafttreten des RVG erteilt worden sein soll. Denn gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist bei der Prüfung der Frage, ob der Rechtsanwalt noch nach BRAGO oder schon nach RVG abrechnen muss, auf den Zeitpunkt des erstmaligen unbedingten Auftrages abzustellen, wenn und soweit er die Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG zum Gegenstand hat. Danach kommt es im vorliegenden Fall allein auf die Mandatierung im Juni 2004 und nicht mehr auf den im November 2004 erfolgten Folgeauftrag an, da Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung in Strafsachen - wie von § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG für die Anwendung der BRAGO vorausgesetzt - nach § 15 RVG ebenso dieselbe Angelegenheit darstellen wie schon nach der alten Rechtslage gemäß § 13 BRAGO (so im Ergebnis auch Hartmann, "Kostengesetze", 34. Auflage, München, 2004, § 15 RVG Rn. 44, Stichwort "Strafsachen"; Burhoff in: "RVG. Straf- und Bußgeldsachen", 1. Auflage 1004, Vergütungs - ABC, Stichwort "Angelegenheiten (§§ 15 ff.)", Rn. 5 mit eingehender Begründung).
Aber auch dann, wenn man zugunsten des Beschwerdeführers der bislang - soweit ersichtlich - im Wesentlichen nur von Schneider (in: Gebauer/Schneider (Hrsg.), "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz", I. Auflage, Bonn, 2004, § 61 RVG Rn. 42) vertretenen Gegenauffassung folgt, wonach in Straf- und Bußgeldsachen vorbereitendes Verfahren und gerichtliches Verfahren seit Inkrafttreten des RVG im Gegensatz zur Rechtslage nach § 13 BRAGO jeweils verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 RVG bilden, vermag dies im vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn anders als Schneider meint folgt aus seiner Rechtsauffassung keineswegs, dass immer dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Auftrag zur Verteidigung im Ermittlungsverfahren bereits vor dem 01. Juli 2004,
ist, die Änderung des Gebühre n rechts zu beachten ist. Denn soweit das Gesetz in § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG zur Konkretisierung des Begriffs der "Angelegenheit" auf § 15 RVG Bezug nimmt, handelt es sich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers (zutreffend Goebel/Gottwald, "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz", 1. Auflage, Freiburg/Berlin 2004, § 61 RVG Rn. 16 ff. m. w. N.). Ein vor dem 01. Juli 2004 und damit vor Inkrafttreten des RVG erteilter Auftrag kann sich nämlich schlechterdings nicht auf den Begriff der "Angelegenheit" in § 15 RVG, sondern nur auf den der "Angelegenheit" im Sinne des § 13 der zu dieser Zeit noch allein gültigen BRAGO beziehen. Dafür, dass der Gesetzgeber dieses Problem schlichtweg übersehen hat, spricht nicht zuletzt der Umstand, dass es in der Gesetzesbegründung, die den Verweis auf § 15 RVG nicht näher erläutert, schlichtweg unerwähnt geblieben ist. Richtigerweise ist daher entgegen dem Gesetzeswortlaut bei der Definition des Begriffs der "Angelegenheit" allein auf die zu §13 BRAGO entwickelten Kriterien abzustellen. Dies gilt unabhängig davon, ob dadurch letztlich der Rechtsanwalt oder sein Kostenschuldner begünstigt wird. Denn nur diese Sicht der Dinge ist zwanglos auch mit allgemeinen Vertragsgrundsätzen zu vereinbaren, da Rechtsanwalt und Mandant bei einer Auftragserteilung vor Inkrafttreten des RVG nicht von dessen Vergütungsfolgen, sondern naturgemäß allein von denjenigen der BRAGO ausgehen konnten.
Ist nach all dem bei der Bestimmung des Begriffs der "Angelegenheit" in jedem Fall von § 13 BRAGO auszugehen, so hat es das Amtsgericht zu Recht abgelehnt, die Vergütung für die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung nach den Grundsätzen des RVG festzusetzen. Denn zu Recht hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Düsseldorf in seiner Stellungnahme vom 27. April 2005 darauf hingewiesen, dass es zur Zeit der Geltung der BRAGO anerkanntes Rechts gewesen ist, dass vorbereitendes Verfahren und Hauptverfahren in Strafsachen dieselbe Angelegenheit bilden. Da das Amtsgericht überdies die Höhe der dem Verteidiger für seine Tätigkeit nach den Grundsätzen der BRAGO zustehenden Vergütung zutreffend berechnet hat und der Beschwerdeführer insoweit mit Recht keine Einwendungen erhoben hat, war die Beschwerde im Ergebnis wie tenoriert als unbegründet zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.
Düsseldorf, 10.06.2005 Landgericht, XII. große Strafkammer

Einsender: Dipl.Rechtspfleger Jochen Volpert, Wittlich

Anmerkung:


den gebührenrechtlichen Newsletter abonnieren


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".