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RVG Entscheidungen

§ 15a

Anrechnung; Geschäftsgebühr; Neuregelung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Jena, Beschl. v. 27..7. 2009, 3 WF 242/09

Fundstellen:

Leitsatz: Die Rechtsprechung kann nur geltendes, nicht zukünftiges Recht anwenden. Ein Pflicht zum vorauseilenden Gehorsam der Rechtsprechung gegenüber dem Gesetzgeber besteht nicht.


3 WF 242/09
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
Beschluss
In dem Vergütungsfestsetzungsverfahren

Rechtsanwalt pp.
Erinnerungsführer und Beschwerdeführer -
gegen Bezirksrevisor bei dem Landgericht Erfurt als Vertreter der Staatskasse
Erinnerungsgegner und Beschwerdegegner -
hat der 3. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 27.07.2009 beschlossen:
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Erfurt vom 19.06.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
Im vorliegenden Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG besteht Streit darüber, ob auf die 1,3 Verfahrensgebühr die unstreitig vorgerichtlich gegenüber seinem Mandanten angefallene Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 des VV zu § 2 Abs. 2 RVG in Höhe einer 0,85 Gebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Der Bevollmächtigte meint, im PKHVergütungsfestsetzungsverfahren seien die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr nicht anwendbar. Die Rechtspfiegerin hat die dem Bevollmächtigten zu gewährende Vergütung unter Anrechnung einer 0,65 Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr auf 561,02 € festgesetzt. Die hiergegen erhobene Erinnerung des Bevollmächtigten blieb erfolglos. Gegen den zurückweisenden Erinnerungsbeschluss des Amtsgerichts vom 19.06.2009, gegen den das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat, hat der Bevollmächtigte am 23.06.2009 entsprechend Rechtsbehelf eingelegt. Er vertritt weiterhin seine bereits im Festsetzungsverfahren vertretene Rechtsauffassung, die er vor allem damit begründet, dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr hier nicht geboten sei, da er diese gegenüber seinem Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht durchsetzen könne. Zudem sei zu berücksichtigen, dass eine Gesetzesneuregelung vorsehe, dass eine Anrechnung in den hier vorliegendem Fall gerade nicht mehr erfolgen könne. Die Rechtsprechung könne sich nicht gegen den Willen des Gesetzgebers stellen.

Die Erinnerung ist, nachdem sie das Amtsgericht ausdrücklich zugelassen hat, gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch im übrigen zulässig. Die Bemerkung im Beschwerdeschreiben, wonach die Beschwerde „im Namen des Antragstellers" eingelegt werden sollte, legt der Senat so aus, dass damit der Antragsteller des Vergütungsfestsetzungsverfahren gemeint ist, da nicht erkennbar ist, inwieweit der Antragsteller des Ehescheidungsverfahrens von der angefochtenen Entscheidung beschwert ist.

In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Erinnerung zu Recht zurückgewiesen. Der Senat geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG gelten (siehe nur Senat, Beschluss vom 15.05.2008, Az.: 3 WF 151/08, Senat JurBüro 2009, 23 f.). Die Anrechnung ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV. Es ist aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, warum dies im Verfahren nach § 55 RVG anders sein soll. Die teilweise vertretenen Gegenargumente überzeugen nicht: So steht die Vorschrift des § 58 Abs. 2 RVG einer Anrechnung der Geschäftsgebühr nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt die Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung bereits erhalten hat. Bei der Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV handelt es sich aber nicht um Vorschüsse oder Zahlungen auf einen Vergütungsanspruch. Vielmehr entsteht die Verfahrensgebühr von vorneherein im reduzierten Umfang (so auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.09.2008, Az.: 2 W 358108).

Soweit der Beschwerdeführer meint, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr sei deshalb nicht geboten, weil der Anwalt diese gegen den prozesskostenhilfeberechtigten Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht durchsetzen könne, so verkennt er, dass sich die bewilligte Prozesskostenhilfe gerade nicht auf die außergerichtliche Vertretung erstreckt und damit auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hier nicht einschlägig ist. Der Senat verkennt zwar nicht, dass es faktisch in vielen Fällen schwierig sein dürfte, gegen eine prozesskostenhilfearme Partei den Vergütungsanspruch durchzusetzen. Hier ist jedoch zu bedenken, dass die Möglichkeit bestand, insoweit Beratungshilfe zu beantragen (OLG Jena JurBüro 2009, 23 f.).

Auch die - mit großer Wahrscheinlichkeit - in Kürze in Kraft tretende Neuregelung der §§ 15a, 55 Abs. 5 RVG führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Rechtsprechung kann nur geltendes, nicht zukünftiges Recht anwenden. Ein Pflicht zum vorauseilenden Gehorsam" der Rechtsprechung gegenüber dem Gesetzgeber besteht nicht. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

Einsender: RA Dr. Helkenberg, Erfurt

Anmerkung:


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