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RVG Entscheidungen

Nr. 4142 VV

Einziehungsgebühr; Gegenstandswert; maßgeblicher Zeitpunkt; Höhe

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Magdeburg, Beschl. 07. 12. 2007, 26 Qs 250/07

Fundstellen:

Leitsatz: Der Gegenstandswert für eine im Ermittlungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren erbrachte Tätigkeit im Hinblick auf Einziehung richtet nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten in der der Verfahrensakte und nicht nach dem in der Hauptverhandlung gestellten Schlussantrag der Staatsanwaltschaft.


Landgericht Magdeburg 6 Strafkammer

Geschäftsnummer: 26 Os 250107

BeschIuss
In der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
hier: Kostenbeschwerde
hat die 6. Kleine Strafkammer - Beschwerdekammer -- des Landgerichts Magdeburg am 07. Dezember 2007 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des ehemals Angeklagten und jetzigen Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 23. August 2007 (Az.: 12 Ls 263 Js 2923/06 - 12 Ls 347/07) dahingehend abgeändert, dass die aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des Angeklagten auf 2.630,70 € nebst 5 % über dem Basiszins seit dem 02. Juli 2007 festgesetzt werden.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beschwerdeführer zu 10 % und die Landeskasse zu 90 %.
Der Beschwerdewert wird auf 1.620,45 € festgesetzt.

Gründe:
I.
Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen den im Tenor genannten Kostenfestsetzungsbeschluss wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Herabsetzung der mit Kostenfestsetzungsantrag vom 18. Juni 2007 (BI. 59 Bd. II d. A.) geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren für das Verfahren I. Instanz.

Am 18. Juli 2006 erhob die Staatsanwaltschaft vor dem Schöffengericht Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen. In der Anklageschrift wurde darauf hingewiesen, dass für den Verfall von Wertersatz ein Betrag von 81.700,00 € in Betracht komme (BI. 3 f. Bd. II d.A.).

Mit Beschluss vom 4. August 2006 wurde die Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Schöffengericht eröffnet. In der Ladungsverfügung wurden zwei Verhandlungstage für den 5. und 7. September 2006 anberaumt. Zeugen wurden lediglich für den 7. September 2000 geladen (BI. 4 f. Bd. II d.A.).

Die Hauptverhandlung am 5. September 2006 dauerte sieben Minuten. Die Anklageschrift wurde verlesen. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe und machte zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, worauf das Gericht die Verhandlung bis zum 7. September 2006 unterbrach.

Die Verhandlung am 7. September 2006 dauerte 30 Minuten. Ein Zeuge wurde vernommen. Die Hauptverhandlung endete mit einem Freispruch des Angeklagten. Die notwendigen Auslagen wurden der Landeskasse auferlegt (BI. 33 f. d.A.).

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 18. Juni 2007 machte der Beschwerdeführer über seinen Rechtsanwalt Verteidigerkosten in Höhe von insgesamt 2.769,83 Euro geltend (BI. 59 Bd. II d.A.).

Nach Anhörung des Beschwerdeführers wurden mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Rechtspfleger - vom 23. August 2007 die aus der Landeskasse zu erstattenden Auslagen auf 1.149,38 € festgesetzt (BI. 74 Bd. II d.A.).

Die Differenz beruhte auf folgenden Absetzungen:

die geltend gemachte Verfahrensgebühr in Höhe von netto 1.277 € für ein gerichtliches Verfahren gemäß §§ 2, 13 RVG Nr. 4142 W RVG, ausgehend von einem Wert von 81.700 €, wurde gestrichen mit der Begründung, dass die beschlagnahmten Betäubungsmittel keinen Gegenstandswert gehabt hätten,

die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung gemäß §§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4108 W RVG, am 5. September 2000, beantragt in Höhe von netto 120,00 €, wurde auf netto 60,00 € festgesetzt mit der Begründung, dass der Termin lediglich sieben Minuten gedauert habe, und schließlich wurde

anstelle einer geltend gemachten Umsatzsteuer in Höhe von 19 % ein Steuersatz von 16 % zu Grunde gelegt mit der Begründung, dass die Vergütung bereits im September 2006 fällig geworden sei.

Der Beschluss wurde dem Verteidiger am 4. September 2007 zugestellt. Am gleichen Tag erhob er für seinen Mandanten sofortige Beschwerde, die mit Schriftsätzen vorn 14. September 2007 und 30. Oktober 2007 begründet wurde (BI.

II.
Die zulässige Beschwerde ist weitgehend begründet, §§ 464 a, 464 b, 304 Abs. 3, 311 StPO i V, m. § 104 Abs. 3 ZPO.

1. Begründet ist die Beschwerde insoweit, als dem Beschwerdeführer die geltend gemachte Verfahrensgebühr nach §§ 2, 13 RVG Nr. 4142 W RVG aus einem Wert von 81.700,00 € in Höhe von netto 1.277,00 € zusteht.

Für eine nach Aktenlage gebotene Beratung des Beschuldigten, die sich auf die Einziehung und ihr gleichstehende Rechtsfolgen bezieht, steht dem Verteidiger eine als Wertgebühr ausgestaltete Verfahrensgebühr zu. Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe der Einziehungs- bzw. Verfallsanordnung richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung des Mandanten erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte. Die Verfahrensgebühr findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwaltes mit dem Ziel der Bewahrung des Vermögens des Mandanten abgegolten werden soll. Die Gebühr ist nach dem Wortlaut der Vorschriften - unabhängig vom Umfang der Bemühungen des Rechtsanwaltes - als reine Wertgebühr ausgestaltet.

Die Beratung des Angeklagten war nach der Aktenlage geboten, denn es musste mit einem entsprechenden Antrag auf Verfall in Höhe von über 81.000,00 € der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gerechnet werden. Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe des Verfalls des Wertersatzes kann sich nur nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte, nicht jedoch nach dem in der Hauptverhandlung gestellten Schlussantrag der Staatsanwaltschaft richten. Diese Verfahrensgebühr entsteht auch, wenn keine Hauptverhandlung stattfindet und in der Verhandlung von der Staatsanwaltschaft keine Verfallsanordnung beantragt wurde. Der in der Anklage, die vom Gericht unverändert zugelassen wurde, enthaltene Hinweis auf die in Betracht kommende Rechtsfolge des Verfalls deutet darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer auch insoweit verteidigen musste (so Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 23. August 2007, 3 Bs 267107 zitiert nach Juris).

Die Ausführungen der Kostenbeamtin gehen zudem ersichtlich davon aus, dass der Wert des Verfalls nach dem Wert der Betäubungsmittel zu bemessen wäre. Dies könnte zwar dann zutreffen, wenn dem Angeklagten nur der Besitz von Betäubungsmitteln vorgeworfen worden wäre. Der hier in Rede stehende Verfallswert orientiert sich jedoch an der Summe - der angenommenen Erlöse, die der Angeklagte durch den Verkauf von Drogen erzielt haben sollte. Der Wert der Drogen hat mit dieser Summe, die für den Verfallswert bestimmend ist, nichts zu tun.

2.
Die weitergehende Beschwerde ist indes unbegründet.

Die von der Rechtspflegerin in Höhe von netto 60,00 € festgesetzte Gebühr nach Nr. 4108 W RVG ist nicht zu beanstanden.

Die Dauer einer Verhandlung von sieben Minuten ist als weit unterdurchschnittlich anzusehen. Die Kammer geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landgerichts Hannover (vgl. Niedersächsischer Rechtspfleger 2005, S. 327) davon aus, dass für die Festsetzung der Gebühr nach Nr. 4108 W RVG allein die Dauer des Termins entscheidend ist.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf eine Entscheidung des Thüringischen Oberlandesgerichts vom 14. Juni 2005 (Strafverteidiger 2005, S. 204) bezieht, ist in dieser Entscheidung lediglich ausgeführt, dass der Vorbereitungsaufwand für den ersten Termin mit der Verfahrensgebühr nach § 4107 VV RVG abgegolten wird. Lediglich dann, wenn weitere Hauptverhandlungstermine bestimmt worden sind, und der Verteidiger im Ergebnis der bisherigen umfangreichen Beweisaufnahme einer, erhöhten Vorbereitungsaufwand benötigt; ist im Rahmen der Festsetzung der Terminsgebühren für die Fortsetzungstermine dieser Aufwand mit einer Erhöhung zu erfassen. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, der Wahlverteidiger sei in seinem Fall gebührenrechtlich schlechter gestellt als der gerichtlich beigeordnete Rechtsanwalt, der für den ersten Terminstag unabhängig von der Dauer 184,00 € erhalte, kann die Kammer nur feststellen, dass diese Unterscheidung nach der Regelung des Vergütungsverzeichnisses zum RVG offensichtlich gewollt ist. Beim Wahlanwalt existiert ein Gebührenrahmen zwischen 60,00 bis 400,00 €, beim gerichtlich beigeordneten Rechtsanwalt gibt es lediglich eine Festgebühr von 184,00,€.

Ergänzend ist zu bemerken, dass dem Beschwerdeführer die Terminierung des Gerichts bekannt war. Ihm war insbesondere bekannt, dass Zeugen erst auf den zweiten Verhandlungstag geladen waren. Sollte der Angeklagte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, war daher aus Sicht des verständigen Verteidigers absehbar, dass die Hauptverhandlung am ersten Tag nur kurze Zeit dauern würde.

Die Festsetzung der Mindestgebühr bei einer Verhandlungsdauer von nur sieben Minuten entspricht zudem der bisherigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. die Entscheidung in 26 Qs 200/06 vom 20.09.2006).

Die Kürzung des Umsatzsteuersatzes blieb unbeanstandet.
Demnach waren folgende Gebühren festzusetzen:
Grundgebühr,
§§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4100 W RVG 210,00 €
Verfahrensgebühr für vorbereitende Verfahren,
§§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4104 W RVG 250,00 €
Verfahrensgebühr für gerichtliche Verfahren,
§§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4106 W RVG 175,00 €
Verfahrensgebühr,
§§ 2,13 RVG Nr. 4142 W RVG,
Wert: 81.700, 00 € 1-277,00 €
Terminsgebühr Teilnahme Hauptverhandlung,
§§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4108 W RVG 60,00 €
Terminsgebühr ® Teilnahme Hauptverhandlung,
§§ 2 Abs. 2, 14 RVG Nr. 4108 W RVG 230,00 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 W RVG 20,00 €
Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 W RVG,
120 Ablichtungen der amtl. Ermittlungsakte 35,50 €
Zwischensumme: 2.257,50 €
16 % Umatzsteuer, Nr. 7008 W RVG 361,20 €
Gebühr für Akteneinsicht 12,00 €
Rechnungsbetrag: 2.630,70£
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Diese Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar, § 310 Abs. 2 StPO.

Einsender: RA Dieter Schulze, Magdeburg

Anmerkung:


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