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In der Strafsache gegen S.K. wegen Verabredung zum Mord u.a., (hier: sofortige Beschwerde der Pflichtverteidigerin gegen die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung),
Auf die sofortige Beschwerde der Rechtsanwältin M. vom 15. Juli 2006 gegen den Beschluss der II. Strafkammer des Landgerichts Essen vom 6. Juli 2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 06. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Verteidigerin M. wird der Beschluss der II. Strafkammer insoweit aufgehoben als die Festsetzung weiterer Pflichtverteidigervergütung abgelehnt worden ist.
Die Pflichtverteidigervergütung wird auf weitere 207,48 festgesetzt.
2. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e : I. Die Beschwerdeführerin war im vorliegenden Strafverfahren aufgrund ihrer Bestellung durch die Vorsitzende der Strafkammer II a vom 6. Oktober 2004 als Pflichtverteidigerin des Angeklagten S.K tätig. Die Hauptverhandlung fand in dem Zeitraum vom 09.11.2004 bis 04.03.2005 an zahlreichen Tagen vor der Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts Essen statt. Dem Antrag der Verteidigerin auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung vom 4. März 2005 wurde durch Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts vom 08.06.2005 in Höhe von 8.423,19 entsprochen. Zurückgewiesen wurde lediglich die beantragte Festsetzung von neun zusätzlichen Terminsgebühren nach Nr. 4122 VV RVG - sogenannter Längenzuschläge - in Höhe von jeweils 178,- zuzüglich Mehrwertsteuer, die die Beschwerdeführerin für die Hauptverhandlungstage am 09.11.04, 18.11.04, 19.11.04, 30.11.04, 02.12.04, 14.12.04, 04.01.05, 19.01.05 und 22.02.05 geltend gemacht hatte. Darüber hinaus wurde eine Zahlung in Höhe von 2.586,21 auf die Terminsgebühren angerechnet. Auf die gegen die Absetzung und Anrechnung gerichtete Erinnerung der Rechtsanwältin M. vom 17.06.2005 setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts Essen durch Beschluss vom 21.06.2005 weitere 4.923,71 an Pflichtverteidigervergütung fest und stellte klar, dass wegen der Absetzung der Gebühren nach Nr. 4122 VV RVG gesondert entschieden werde. Nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Landgericht Essen vom 04.08.2005 half der Rechtspfleger durch Beschluss vom 16.09.2005 der Erinnerung im Übrigen nicht ab und legte sie der Strafkammer zur Entscheidung vor, die die Erinnerung durch Beschluss vom 20.09.2005 zurückwies, weil Zusatzgebühren nach Nr. 4122 VV RVG nicht gerechtfertigt seien. Der sofortigen Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.09.2005 hat die Strafkammer jedoch durch Beschluss vom 06.07.2006 insoweit abgeholfen, als zugunsten der Beschwerdeführerin weitere Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 1.238,88 festgesetzt worden sind, und zwar als zusätzliche Terminsgebühren nach Nr. 4122 VV RVG für die Termine vom 09.11.04, 18.11.04, 30.11.04, 14.12.04, 04.01.05 und 19.01.05 in Höhe von jeweils 178,- zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer. Soweit in dem Beschluss die Jahreszahlen anders lauten, beruht dies auf offenbaren Unrichtigkeiten, wie sich aus den Sachakten ergibt. Abgelehnt hat die Kammer indes die Festsetzung entsprechender Zusatzgebühren für die Hauptverhandlungstage vom 19.11.2004 - wegen der an diesem Tag erfolgten fast zweieinhalbstündigen Unterbrechung - und vom 02.12.2004 und 22.02.2005, weil jeweils insoweit keine fünfstündige Hauptverhandlungsdauer erreicht worden sei.
Mit ihrer gegen diesen Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde vom 15.07.2006 wendet sich die Beschwerdeführerin unter näheren Ausführungen gegen die Ablehnung der zusätzlichen Terminsgebühren für die Hauptverhandlungstage vom 19.11.2004 und 22.05.2005.
II. Die Beschwerde ist begründet hinsichtlich der zusätzlichen Terminsgebühr gemäß Nr. 4122 VV RVG für den Hauptverhandlungstermin am 22.02.2005; für den Hauptverhandlungstermin am 19.11.2004 bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
Nach Nr. 4122 VV RVG erhält der gerichtlich bestellte Verteidiger die zusätzliche Terminsgebühr, wenn er mehr als fünf bis zu acht Stunden an der Hauptverhandlung beim Schwurgericht teilnimmt.
Zur Bestimmung der Hauptverhandlungsdauer, die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gesetzlich nicht definiert ist, kann nicht allein auf den Wortlaut der Nr. 4122 VV RVG abgestellt und als Hauptverhandlungsdauer nur der Zeitraum angesehen werden, in dem die Strafsache tatsächlich vor Gericht verhandelt wird mit der Folge, dass Sitzungspausen sowie ein etwaiger verspäteter Sitzungsbeginn nicht zur Verhandlungszeit gezählt werden können. Dies hat der Senat inzwischen mehrfach entschieden (vgl. 3 Ws 525/05 - Senatsbeschluss vom 21. März 2006 mit zahlr. w.N.).
Vielmehr soll nach dem Sinn und Zweck der zusätzlichen Terminsgebühr ein besonderer Zeitaufwand des gerichtlich bestellten Verteidigers für die anwaltliche Tätigkeit angemessen honoriert werden und dieser nicht mehr ausschließlich auf die Bewilligung einer Pauschgebühr angewiesen sein (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 224). Angesichts dieser Gesetzesmotivation ist die Verhandlungsdauer der Zeitspanne zwischen dem gerichtlich verfügten Beginn und der in der Verhandlung angeordneten Schließung der Sitzung gleichzusetzen (vgl. OLG Hamm, Beschluss des 3. Strafsenats vom 7.3.2006 - 3 Ws 583/05 -, Beschluss des 2. Strafsenats vom 28.02.2006 - 2 (s) Sbd. IX 1 u. 14/06, http://www.burhoff.de; OLG Koblenz, Beschluss vom 16.02.2006 -1 Ws 61/06 - http://www. burhoff.de). Verhandlungspausen werden grundsätzlich nicht abgezogen (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.08.2005 - 4 Ws 118/05 -, RVGreport 2006, 32 und http://www:burhoff.de; KG, Beschluss vom 09.08.2005 - 3 Ws 59/05 - RVGreport 2006, 33 und http://www.burhoff.de; Schmahl in Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, 9. Aufl., W Teil 4 Abschnitt 1 Rn. 64, wonach eine Anrechnung von Pausen dem Rechtsanwalt auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift, wonach ein besonderer Zeitaufwand abgegolten werden soll, nicht zuzumuten ist; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., W 4110, 4111 Rn. 1 ff.; a.A. OLG Bamberg, Beschluss vom 13.09.2005 - Ws 676/05, http://www.iurisweb.de, das zwar zur Vermeidung unfruchtbarer Streitigkeiten und einer kleinlichen Auslegung der Regelung über die zusätzliche Terminsgebühr bei kurzen Sitzungspausen die Uhr weiterlaufen lassen will, aber im Übrigen, abstellend auf den Wortlaut der Nr. 4116 W RVG, längere Sitzungspausen, insbesondere eine Mittagspause, bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung nicht berücksichtigen will, da während dieser Zeiträume tatsächlich keine Hauptverhandlung stattfinde). Zwar findet in Pausen eine Hauptverhandlung im eigentlichen Sinne und damit auch eine Teilnahme des Verteidigers an ihr nicht statt. Entscheidend für Einbeziehung der Pausen bei der Bestimmung der Hauptverhandlungsdauer ist aber, dass der Verteidiger sich auch während dieser Terminszeiten zur Verfügung halten muss und deswegen an einer anderweitigen Ausübung seines Berufes gehindert ist. Denn wenn der Verteidiger nach dem in § 4 Abs. 3 S.2 RVG niedergelegten Grundsatz auch bei einer ausgefallenen Hauptverhandlung im Falle seines Erscheinens seine Gebühren erhält, gilt dies erst recht für Sitzungsunterbrechungen (OLG Hamm Beschluss vom 28.6.2006, 2(s) Sbd. IX 1. u. 14/06, KG aaO., OLG Stuttgart aaO.). Denn auf solche Unterbrechungen hat der Verteidiger ebenfalls keinen entscheidenden Einfluss. Sie werden vom Vorsitzenden des Gerichts angeordnet. Diesem obliegt es daher auch, durch Beschränkung der Sitzungsunterbrechung auf das notwendige Maß die Arbeitskraft des bestellten Verteidigers während der Hauptverhandlung dem Gebührentatbestand entsprechend möglichst ökonomisch einzusetzen. Wird aber die Inanspruchnahme des Verteidigers mit Wartezeiten belastet, so muss sich das grundsätzlich zu Ungunsten der Staatskasse, nicht aber des anwaltlichen Gebührenanspruches auswirken (vgl. OLG Koblenz und OLG Hamm, jeweils a.a.O.). Auch längere Sitzungspausen sind daher nicht generell von der Verhandlungsdauer in Abzug zu bringen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Verteidiger sie anderweitig für seine Berufsausübung sinnvoll hätte nutzen können, wobei allerdings bei Sitzungsunterbrechungen während der Mittagszeit dem Verteidiger eine Mittagspause von ca. einer Stunde zuzugestehen ist. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage, ob der Verteidiger Sitzungspausen zu einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit hätte nutzen können, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. OLG Hamm, OLG Stuttgart, OLG Koblenz, jeweils a.a.O.). Neben der Dauer der Sitzungspause ist vor allem von Bedeutung, ob es sich um eine von vornherein zu erwartende und in ihrer Länge absehbare Pause gehandelt hat, auf die der Verteidiger sich einstellen konnte (vgl. OLG Hamm, OLG Koblenz und KG, jeweils a.a.O.). Gegebenenfalls sind außerdem die Entfernung des Kanzleisitzes zum Gericht und seine von den örtlichen Gegebenheiten abhängige Erreichbarkeit zu berücksichtigen. Abzuziehen ist in jedem Fall auch eine auf Antrag des Verteidigers angeordnete Sitzungsunterbrechung, die ihm die Wahrnehmung eines anderen Termins ermöglichen soll (vgl. OLG Hamm und OLG Koblenz, jeweils a.a.O.). Bei einer nicht vorhersehbaren Unterbrechung kann eine Anrechnung auf die Verhandlungsdauer auch dann gerechtfertigt sein, wenn die Anordnung in Absprache mit dem Verteidiger und in dessen Einverständnis erfolgt ist (vgl. Schmahl in Riedel/Sußbauer/Schmahl, a.a.O.).
Bei Anwendung dieser Grundsatze ergibt sich für die vorliegende Sachlage Folgendes:
Am 19.11.2004 und am 22.12.2005 waren die Hauptverhandlungstermine jeweils auf 09.15 Uhr anberaumt und die Pflichtverteidigerin entsprechend geladen worden. Die Hauptverhandlung begann am 19.11.2004 um 09.32 Uhr und dauerte bis 15.40 Uhr; ausweislich der Sitzungsniederschrift fanden folgende Unterbrechungen statt (vgl. Bl. 175 ff. des Protokollbandes):
Am 22.02.2005 begann die Hauptverhandlung um 11.18 Uhr und dauerte bis 15.32 Uhr mit folgenden Unterbrechungen:
12.18 Uhr - 14.08 Uhr, 14.23 Uhr - 14.38 Uhr. Von 11.35 Uhr - 11.50 Uhr verließ Rechtsanwältin M. den Sitzungssaal (vgl. Bl. 422 ff. des Protokollbandes).
Für den 19.11.2007 ist die Dauer der Hauptverhandlung zunächst vom Ladungszeitpunkt 09.15 Uhr an zu rechnen; die am Vormittag erfolgten drei Unterbrechungen sind jeweils geringfügig und deshalb nicht in Abzug zu bringen. Allerdings war die Hauptverhandlung von 12.35 Uhr bis 15.04 Uhr und damit für 149 Minuten unterbrochen. Selbst unter Berücksichtigung einer einstündigen Mittagspause war die ortsansässige Verteidigerin in der Lage, die darüber hinausgehende Unterbrechungsdauer von 89 Minuten anderweitig beruflich zu nutzen. Gründe, weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein soll, sind nicht ersichtlich. Soweit sie ausführt, unter Berücksichtigung der Mittagspause und nach Abzug der Fahrzeit für den Weg zwischen Kanzlei und Gericht verbleibe keine freie Zeit, die sinnvoll habe genutzt werden können, kann dem angesichts der gerichtsbekannten geringen Entfernung von einigen wenigen Kilometern innerhalb des Stadtgebiets von Essen nicht gefolgt werden. Nach Abzug der Unterbrechungsdauer von 89 Minuten verbleibt die Hauptverhandlungsdauer auch bei Nichtanrechnung der übrigen Unterbrechungen und der einstündigen Mittagspause bei unter fünf Stunden (6 Stunden 25 Minuten Gesamtdauer abzüglich 89 Minuten = 4 Stunden 56 Minuten). Dementsprechend ist der begehrte Längenzuschlag für den 19.11.2004 nicht gerechtfertigt.
Dagegen liegt bei der Hauptverhandlung am 22.02.2005 eine Dauer von über fünf Stunden vor. Trotz des offenbar erheblich verzögerten Beginns der auf 09.15 Uhr terminierten Hauptverhandlung um 11.18 Uhr ist die Dauer von dem Ladungszeitpunkt 09.15 Uhr an zu rechnen. Gründe, die darauf schließen lassen, dass die Verzögerung auf Gründen im Verantwortungsbereich der Pflichtverteidigerin M. beruhte, sind nicht ersichtlich. Bei der Gesamtdauer von 6 Stunden und 17 Minuten (Dauer der Hauptverhandlung von 09.15 Uhr bis 15.32 Uhr) ist die am Nachmittag von 14.23 Uhr bis 14.38 Uhr erfolgte Unterbrechung wiederum geringfügig und deshalb nicht abzuziehen. Bei Zubilligung der üblichen Stunde Mittagspause verbleibt es selbst dann bei einer Hauptverhandlung von über fünf Stunden, wenn die in der Mittagszeit erfolgte Unterbrechung von 12.18 Uhr bis 14.08 Uhr mit verbleibenden 50 Minuten von der Hauptverhandlungsdauer in Abzug gebracht wird und darüber hinaus die 15 Minuten abgerechnet werden, in der die Verteidigerin von 11.35 Uhr bis 11.50 Uhr an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, weil sie ausweislich der Sitzungsniederschrift den Saal - aus nicht näher dargetanen Gründen - verlassen hat. Der Längenzuschlag gemäß Nr. 4122 VV RVG in Höhe von 178,- zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 206,48 , war daher weitergehend festzusetzen und die sofortige Beschwerde im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.
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