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Pauschgebühr für den Wahlanwalt; strafrechtliches Rehabilitierungsverfahren;
Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Jena, Beschl. v. 18. 09. 2006, 1 ARs 38/06
Fundstellen:
Leitsatz: 1. Die Prüfung der Unzumutbarkeit i.S. von § 42 RVG schließt die Be-rücksichtigung der weiteren Umstände, die nach § 14 RVG bei der Be-messung der Rahmengebühren durch den Verteidiger maßgeblich sind, ein. Nur dann kann beurteilt werden, ob der Höchstbetrag der Rahmen-gebühr für den Verteidiger nicht zumutbar ist. Eine Pauschgebühr nach § 42 RVG wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn bereits die Bedeutung der Sache für den Auftraggeber und/oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers überdurchschnittlich sind sowie zusätzlich ein besonderer Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bzw. eine besondere Schwierigkeit derselben gegeben ist. Insoweit unter-scheidet sich die Festsetzung der Pauschgebühr nach § 42 RVG, auch wenn der Gesetzeswortlaut fast identisch ist, wesentlich von der Fest-setzung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG.
2. Ablehnung eines Antrags nach § 42 RVG im Rehabilitierungsverfah-ren.
Thüringer Oberlandesgericht, Senat für Rehabilitierungssachen Beschluss vom 18.09.2006, 1 AR (S) 38/06
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
Beschluss
In dem Rehabilitierungsverfahren
des Betroffenen D. S., geb. am: wohnhaft:
hat auf den Antrag des
Rechtsanwalts P. G., Leipzig,
ihm als Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen eine Pauschgebühr zu bewilligen (§ 42 RVG),
der Senat für Rehabilitierungssachen des Thüringer Oberlandesgerichts durch
am 18. 09. 2006 b e s c h l o s s e n:
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr wird zurückgewie-sen.
G r ü n d e :
I. Rechtsanwalt G. vertrat den Betroffenen D. S. in dessen Rehabilitie-rungsverfahren; Vollmacht wurde am 02.10.2003 erteilt. Mit Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 05.10.2004 erfolgte hinsichtlich der Verur-teilung durch das Militärgericht Erfurt vom 22.08.1979 eine Teilrehabili-tierung im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch sowie der erfolgten Ein-ziehungen. Auf die Beschwerde wurde durch den Senat mit Beschluss vom 21.03.2006 eine weitergehende Teilrehabilitierung im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch sowie eine vollständige Aufhebung der im Urteil des Militärgerichts Erfurt ausgesprochenen Einziehungsentscheidungen vorgenommen.
Mit Schriftsatz vom 10.04.2006 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beantragt, ihm für das gesamte Verfahren nach § 42 Abs. 1 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, da die in den Teilen 4 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmte Gebühren des Wahlanwalts wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit nicht zu-mutbar seien.
Der Bezirksrevisor bei dem Thüringer Oberlandesgericht hat beantragt, den Antrag nach § 42 RVG zurückzuweisen. Der Betroffene wurde nach § 42 Abs. 2 Satz 3 RVG gehört.
II.
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Gebühren des Prozessbevollmächtigten im Rehabilitierungsver-fahren sind einer Erhöhung im Rahmen des § 42 RVG zugänglich. Zwar werden Rehabilitierungssachen in § 42 Abs. 1 RVG nicht ausdrücklich erwähnt. Indes kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Begriff Strafsachen sämtliche in Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses erfass-ten Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes umfasst. Dazu gehört nach der Vorbemerkung 4 Abs. 1 zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses aus-drücklich auch die Tätigkeit als Beistand im Verfahren nach dem Straf-rechtlichen Rehabilitierungsgesetz; sie ist eine Tätigkeit des Rechtsan-walts in einer Strafsache.
2. Für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren in der ersten In-stanz vor dem Landgericht Erfurt kommt die Festsetzung einer Pausch-gebühr nach § 42 RVG von vornherein nicht in Betracht. Die unbedingte Auftragserteilung durch den Betroffenen an Rechtsan-walt G. erfolgte mit Vollmacht vom 02.10.2003, so dass nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG für das Verfahren erster Instanz die Vorschriften der BRAGO anzuwenden sind. Die BRAGO sah indes die Festsetzung einer Pauschvergütung nur für den beigeordneten Rechtsanwalt vor.
3. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren ist einer Erhöhung der Gebühren nach § 42 RVG grundsätzlich zugänglich; § 61 Abs. 2 RVG.
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr ist aber nicht begrün-det. Nach § 42 RVG wird dem gewählten Verteidiger bzw. hier dem gewähl-ten Prozessbevollmächtigten auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte festgesetzt, wenn aufgrund des besonderen Umfanges oder der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit die in den Teilen 4 6 des Vergütungsverzeich-nisses bestimmten Gebühren eines Wahlanwaltes nicht zumutbar sind. Die Prüfung der Unzumutbarkeit schließt die Berücksichtigung der wei-teren Umstände, die nach § 14 RVG bei der Bemessung der Rahmen-gebühren durch den Verteidiger maßgeblich sind, nämlich der Bedeu-tung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhält-nisse des Auftraggebers, ein. Denn nur dann kann beurteilt werden, ob der Höchstbetrag der Rahmengebühr für den Verteidiger nicht zumutbar ist. Eine Pauschgebühr nach § 42 RVG wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn bereits die Bedeutung der Sache für den Angeklagten und/oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftragge-bers überdurchschnittlich sind sowie zusätzlich ein besonderer Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bzw. eine besondere Schwierigkeit derselben gegeben ist. Insoweit unterscheidet sich die Festsetzung der Pauschge-bühr nach § 42 RVG, auch wenn der Gesetzeswortlaut fast identisch ist, wesentlich von der Festsetzung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG (vgl. Senatsbeschluss AR (S) 51/05, NJW 2006, 933). Vorliegend muss von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögens-verhältnissen des Betroffenen ausgegangen werden. Die Bedeutung der Angelegenheit konkret des Beschwerdeverfahrens für den Betroffe-nen war hier, auch wegen der vermögensrechtlichen Folgen, sicher et-was überdurchschnittlich. Von einer Bedeutung weit über dem Durch-schnitt kann hinsichtlich des maßgeblichen Beschwerdeverfahrens aber nicht ausgegangen werden, denn immerhin erfolgte in der ersten In-stanz bereits eine überwiegende Teilrehabilitierung. Eine besondere Schwierigkeit bzw. ein besonderer Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren ist nicht zu erkennen. Da-bei ist die Befassung mit dem Straf- und Strafprozessrecht der DDR, die zudem maßgeblich bereits im Verfahren erster Instanz erfolgt ist, kein Umstand, der eine besondere Schwierigkeit bzw. einen besonderen Um-fang der anwaltlichen Tätigkeit begründet (vgl. auch PK-StrRehaG-Wende, 2. Aufl., § 14 Rn. 11). Mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften muss sich ein Rechtsanwalt stets auseinander setzen. Die Fertigung des (lediglich knapp begründeten) Beschwerdeschriftsatzes vom 26.11.2004 und die Einreichung des ergänzenden Schriftsatzes vom 09.03.2006 mag zwar mit einem etwas überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit verbunden gewesen sein; die Tätigkeit des Rechtsanwalts kann insoweit aber nicht als besonders umfangreich bzw. als besonders schwierig i. S. d. § 42 RVG angesehen werden.
Damit liegen keine Umstände vor, welche die Überschreitung der Wahl-anwaltshöchstgebühren nach Nr. 4124 VVRVG rechtfertigen. Gebühren innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens sind in jedem Falle zu-mutbar.
Für eine Festsetzung der Gebühren innerhalb des vom Gesetz vorgese-henen Gebührenrahmens ist indes der Senat nicht zuständig.
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